Sichelzellenkrankheit (Sichelzellenanämie) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Sichelzellenanämie (Sichelzellenkrankheit) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Fälle von Sichelzellenanämie oder bekannten Sichelzellträgern?
  • Gibt es in Ihrer Familie weitere Erkrankungen des Blutsystems (z. B. Thalassämie, Hämophilie)?
  • Gibt es Verwandte mit ungeklärten wiederkehrenden Schmerzen, Anämien (Blutarmut) oder plötzlichem Kindstod?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Bestehen körperlich stark belastende Tätigkeiten oder Schichtarbeit?
  • Bestehen soziale oder familiäre Belastungen, die Ihre Krankheitsbewältigung erschweren?

Reiseanamnese

  • Haben Sie sich in letzter Zeit in großen Höhen aufgehalten (z. B. Anden, Himalaya, Kilimandscharo)?
  • Hatten Sie dort gesundheitliche Probleme (z. B. Luftnot, Schmerzen, Kollaps)?*
  • Gab es Reisen in heiße oder tropische Regionen mit Flüssigkeitsverlust, z. B. durch Durchfall?
  • Hatten Sie während oder nach Reisen Symptome einer Sichelzellkrise (akute starke Schmerzen in Knochen, Rücken, Brustkorb, Bauch, Fieber, Atemnot, Blässe, Herzrasen) ?
  • Haben Sie bei Fernreisen vorbeugende Maßnahmen getroffen (z. B. Impfungen, Malariaprophylaxe)?
  • Wurden auf Reisen medizinische Behandlungen notwendig?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Welche Symptome sind Ihnen aktuell aufgefallen (z. B. Schmerzen, Luftnot, Fieber, Gelbfärbung der Haut und Augen)?*
  • Seit wann bestehen diese Symptome?
  • Gab es einen auslösenden Faktor wie Infekte, körperliche Anstrengung, Kälte oder Dehydratation (Flüssigkeitsmangel)?
  • Leiden Sie unter akuten oder chronischen Schmerzen im Bauch, Brustkorb, Rücken oder in den Gliedmaßen?
  • Leiden Sie aktuell unter Müdigkeit, Konzentrationsproblemen oder eingeschränkter Belastbarkeit?
  • Bestehen häufige oder schwer verlaufende Infektionen?
  • Haben Sie aktuell depressive Verstimmungen, Ängste oder psychische Erschöpfung?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie in letzter Zeit ungewollt Gewicht verloren? Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Haben Sie Appetitlosigkeit oder veränderte Essgewohnheiten?
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit, insbesondere bei körperlicher Aktivität oder Hitze?

Eigenanamnese

  • Wurde bei Ihnen eine Sichelzellenanämie oder Sichelzellträgerstatus diagnostiziert?
  • Wann wurde die Erkrankung erstmals festgestellt?
  • Wurden bisherige Krisen dokumentiert (Anzahl, Lokalisation, Auslöser)?
  • Bestehen weitere Erkrankungen des Blutes oder Immunsystems (z. B. G6PD-Mangel)?
  • Gab es Komplikationen wie Apoplex (Schlaganfall), pulmonale Hypertonie (Lungenhochdruck) oder Priapismus (schmerzhafte Dauererektion)?
  • Bestehen chronische Organschäden durch die Erkrankung (z. B. Niereninsuffizienz (Nierenschwäche))?
  • Gab es thromboembolische Ereignisse (z. B. Beinvenenthrombosen, Lungenembolien)?
  • Wurde Ihre Milz entfernt? Wenn ja, wann?

Medikamentenanamnese

Anämie 

  • Antiprotozoika
    • Analogon des Azofarbstoffs Trypanblau (Suramin)
    • Pentamidin
  • Alpha-Methyldopa (Antihypertensivum) 
  • Antimalariamittel wie Primaquin oder Dapson
  • Chelatbildner (D-Penicillamin, Trieethylentetramin-Dihydrochlorid (Trien), Tetrathiomolybdan)
  • Chinidin
  • Direkter Faktor Xa-Inhibitor (Rivaroxaban)
  • Immunsuppressiva (Thalidomid)
  • Januskinase-Inhibitoren (Ruxolitinib)
  • Monoklonale Antikörper – Pertuzumab
  • mTOR-Inhibitoren (Everolimus, Temsirolimus)
  • Neomycin
  • P-Aminosalicylsäure (Mesalazin)
  • Phenytoin [megaoblastäre Anämie]
  • Thrombininhibitor (Dabigatran)
  • Tuberkulostatika (Isoniazid, INH; Rifampicin, RMF)
  • Virostatika
    • Nukleosid-Analoga (Ribavirin) [hämolytische Anämie]
    • NS5A-Inhibitoren (Daclatasvir)
    • Protease-Inhibitoren (Boceprevir, Telaprevir)

Aplastische Anämie

  • Allopurinol*
  • Alpha-Methyldopa*
  • Antibiotika – Medikamente wie Streptomycin*, Tetracyclin* oder Methicillin*
  • Antidiabetika – Tolbutamid und Chlorpropamid
  • Antihistaminika – Cimetidin
  • Antikonvulsiva – Carbomazepin
  • Carboanhydrasehemmer (CAH, CAI)Acetazolamid, Dichlorphenamid, Methazolamid
  • Chinidin*
  • Chloramphenicol
  • Colchicin
  • D-Penicillamin – Medikament, welches bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird
  • Lithium*
  • Medikamente gegen Protozoen-Infektionen wie Chloroquin oder Mepacrin
  • Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) – Phenylbutazon, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS)
  • Östrogene
  • Sedativa – wie Chlorpromazin* oder Meprobamat*
  • Sulfonamide
  • Tuberkulostatika (Isoniazid, INH)
  • Thyreostatika – wie Methylthiouracil oder Carbimazol
  • Zytostatika
    • Alkylanzien wie Chlorambucil oder Cyclophosphamid
    • Antimetaboliten wie Mercaptopurin, Fluorouracil oder Methotrexat
    • Mitosehemmer wie Vincristin oder Paclitaxel

Anmerkung: Bei den mit Stern (*) gekennzeichneten Medikamenten ist der Zusammenhang mit der aplastischen Anämie nur gering belegt.

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.