Intimpiercing bei der Frau

Intimpiercings erfreuen sich immer mehr Beliebtheit, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Sie können einen besonderen sexuellen Reiz ausmachen. Außerdem stehen ästhetische Aspekte unter dem Gesichtspunkt eines Schmuckstückes im Vordergrund [1]. Abgesehen davon, dass es unter sterilen Kautelen gestochen werden muss, ist die anschließende Pflege besonders wichtig.

Folgende Piercings sind derzeit üblich [2]:

  • Vorhautpiercing (KVH = Klitoris-Vorhaut-Piercing; Kitzler-Vorhaut-Piercing):
    • Stichkanal: vertikal (bevorzugt) oder horizontal durch die Vorhaut
    • Heilungsdauer: etwa 2-4 Wochen
    • Hoher sexueller Lustgewinn, besonders beim vertikalen Piercing, da der Kontakt zur Klitoris sehr viel stärker als beim horizontalen Piercing ist.
  • Klitorispiercing:
    • Stichkanal: horizontal, selten vertikal
    • Heilungsdauer: 4-6 Wochen
    • Hohe Komplikationsrate
      • Gefährdung für Nervenverletzungen
    • Es wird sehr selten gestochen, da es äußerst schmerzhaft ist und technisch schwierig.
  • Christina-Piercing (Venushügel Piercing):
    • Stichkanal: vertikal von den kranial zusammenlaufenden großen Vulvalippen (Schamlippen) mit Austritt am Venushügel
    • Heilungsdauer: 6-12 Monate
    • Eine sexuelle Funktion wird nicht beobachtet. Allerdings ist es ein interessanter Eyecatcher.
    • Gelegentlich entstehen Missempfindungen bei engen Hosen, Fahrradfahren, Dessous.
    • Männliches Analogon: Pubic-Piercing
  • Fourchette-Piercing:
    • Stichkanal: vertikal von der hinteren Vereinigung der kleinen Vulvalippen (Schamlippen) zum Damm
    • Heilungsdauer: 4-6 Wochen
    • Dieser Bereich ist reichlich mit sehr empfindlichen Nervenendigungen versorgt und kann die Orgasmusfähigkeit stark fördern.
    • Es ist eines der bekanntesten und häufigsten Intimpiercings.
    • Cave: Hohes Maß an Hygiene wegen der Nähe zum Anus (After) erforderlich.
  • Labien-Piercing:
    • Große Labien:
      • Stichkanal: horizontal an unterschiedlichen Stellen, ein oder mehrmals, oft paarweise, gegenüberliegend
      • Heilungsdauer: etwa 3 Monate
      • Sexuell stimulierend für den Partner.
    • Kleine Labien:
      • Stichkanal: horizontal
      • Heilungsdauer: 4-6 Wochen
      • Keine sexuelle Stimulation
      • Bei sehr kleinen Schamlippen eventuell nicht möglich.
  • Princess-Albertina-Piercing:
    • Stichkanal: vertikal von der Harnröhren-Öffnung zur Vaginalöffnung
    • Heilungsdauer: kurz, 2-3 Wochen, wegen des ständigen Kontaktes mit dem Urin
    • Starkes Luststeigerungspotenzial
    • Gelegentlich kommt es wegen der Harnröhren Beteiligung zu Blaseninfektionen, aber auch seltenere Zystitiden (Blasenentzündungen) werden beobachtet.
    • Analogie beim Mann: Prinz-Albert-Piercing
  • Nefertiti-Piercing:
    • Stichkanal: vertikal durch die Klitorisvorhaut und den Venushügel (verlängertes Christina-Piercing)
    • Heilungsdauer: 3-4 Monate
    • Gelegentlich entstehen Missempfindungen bei engen Hosen, Fahrradfahren.
    • Es vereint die Vorteile des Klitoris-Vorhaut-Piercings und des Christina-Piercings (sexuelle Stimulation und Ästhetik).
  • Isabella-Piercing:
    • Stichkanal: tiefes vertikal oberhalb der Harnröhre und unterhalb der Klitoris an der Vereinigung der Labia minora/kleinen Schamlippen (Frenulum clitoridis/Klitorisbändchen*) nach oben bis zur Klitorisvorhaut
      *Das Frenulum clitoridis wird gebildet aus den kleinen Labien (Schamlippen), die an der Unterseite der Klitorisspitze zusammenlaufen.
    • Heilungsdauer: 3-4 Monate
    • Starke Lustempfindung durch Stimulation der Klitoris von unten bzw. hinten.
    • Gefahr der Schädigung von Klitorisnerven, da es durch den Klitorisschaft gestochen wird. Deshalb seltene Durchführung.
  • Triangle Piercing:
    • Stichkanal: horizontal unterhalb und hinter der Klitoris durch die Vorhaut an der Stelle, an der die Klitorisvorhaut in die kleinen Labien (Schamlippen) übergeht.
    • Heilungsdauer: 4-6 Wochen
    • Dieses Vorhautpiercing ist schwer zu stechen. Es ist neben dem Isabella-Piercing das einzige Piercing, das die Klitoris von unten stimuliert.
    • Es ist das jüngste Piercing (1991).

Probleme und Risiken von Intimpiercings

Piercing ist kein geschützter Beruf mit entsprechender Ausbildung und gesetzlich vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen. Dies kann Risiken beinhalten:

  • Mangelnde Information und Aufklärung über das Prozedere und die Risiken des Einsatzes sowie für die nachfolgende Zeit, z. B. anatomische Gegebenheiten (Voruntersuchung), Auswahl des Schmuckes, Pflege, Geschlechtsverkehr
    • hohe Komplikationsrate (> 40 %) [3, 4]
      • chronische Reizungen und Entzündungen mit der Gefahr der Bildung von Keloiden (überschießende Narben/Narbenwucherung), Granulomen (gutartige, körnchenförmige Gewebeneubildungen), Narbengewebe
      • Piercing der Klitoriseichel hat die höchste Verletzungsrate, Gefäße und Nerven betreffend, was zu einer Fibrose (krankhafte Vermehrung des Bindegewebes) und verminderten Funktion führen kann
  • Unerfahrenheit der Piercing-Durchführenden
  • Mangelnde hygienische Bedingungen
  • Mangel einer Standardisierung der Eingriffe
  • Mangelnde Eigenverantwortung der Gepiercten:
    • kein Sex, Schwimmbad- und Solariumbesuche sowie Saunagänge bis zur Abheilung
    • Berücksichtigung der sehr unterschiedlichen Abheilungszeiten, die zwischen Wochen (Klitorisvorhaut: 3-6 Wochen) und Monaten (Christina-Piercing: 3-6 Monate) betragen kann.
    • Befolgen der Hygieneempfehlungen des Piercing-Durchführenden
  • Intensive und vorsichtige Pflege und Reinigung der Genitalregion nach dem Eingriff

Beachte: Ein Intimpiercing stellt erhöhte Anforderungen an die Intimpflege.

Die Deutsche Gesellschaft für Piercing (DGP) und der Europäische Berufsverband für professionelles Piercing (European Association of Professionell Piercing (EAPP)) erleichtern die Orientierung [5, 6]. Seriöse Studios haben einen hohen Standard an Hygienemaßnahmen. Obwohl die Datenlage zu Komplikationen gering ist, scheinen die Intimpiercings eine relativ hohe Komplikationsrate zu haben [3, 4].

Unabhängig davon, dass jedes Piercing-Studio genaue Anweisungen zur Pflege gibt, enthält die Online-Ausgabe der DAZ von 2021 eine gute Übersicht über Pflegemaßnahmen und Verhaltensweisen [7]. Dies gilt auch für diagnostische Maßnahmen, z. B. Magnetresonanztomographie (MRT) und für notwendige Operationen [8].

Literatur

  1. Stirn AV, Zannoni R: Körpermodifikation und sexuelle Gesundheit; Body modifications and sexual health; Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. PDF: Springer, Published online 25 July 2017, doi: 10.1007/s00103-017-2603-0
  2. Intimpiercing: https://de.wikipedia.org/wiki/Intimpiercing
  3. Siegmund-Schultze N: Piercing - Unter die Haut: Körperschmuck mit Risiken. Dtsch Arztebl 2008; 105(28-29): A-1542 / B-1329 / C-1297
  4. Moulton LJ, Jemigan A: Management of Retained Genital Piercings: A Case Report and Review Case Rep Obstet Gynecol. 2017; 2017: 2402145. Published online 2017 Feb19. doi: 10.1155/2017/2402145
  5. DGP: Deutsche Gesellschaft für Piercing https://www.dg-piercing.de
  6. EAPP, European Association for Professional PiercingChoose. http://www.eapp.eu › - EApp
  7. Winterhagen I: Achtung, frisch gestochen!: Deutscher Apotheker Zeitung online. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-24-2016/achtung-frisch-gestochen
  8. Bruhn C: Mit Piercing zum MRT? https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2016/daz-36-2016/mit-piercing-zum-mrt