Selbstbefriedigung

Selbstbefriedigung (Synonyme: Masturbation; masturbieren, onanieren, Solo-Sex, wichsen, „sich einen runterholen“) gehört nach wie vor zu den Tabuthemen der Sexualität. Häufiger wird über Stellungen, sexuelle Techniken, Orgasmus, G-Punkt etc. gesprochen, aber Hand aufs Herz, wer spricht schon darüber, sich regelmäßig oder in unterschiedlicher Häufigkeit selbst zu befriedigen? Gemeint ist die Stimulation der weiblichen bzw. männlichen Geschlechtsorgane – meist mit der Hand, oder auch mit unterschiedlichen Hilfsmitteln –, um zu einem Orgasmus zu kommen.

Der Grund für die Tabuisierung ist vermutlich, dass Selbstbefriedigung zu den intimsten und persönlichsten Dingen gehört, die meistens in äußerster Zurückgezogenheit und allein erlebt und gelebt werden. Die Masturbation gemeinsam mit einem Partner ist sicher seltener. Einerseits kann durch die Beobachtung eines masturbierenden Partners die eigene sexuelle Erregung gesteigert werden, andererseits kann einem Partner gezeigt werden, auf welche Weise man am besten erregt werden kann. Noch seltener ist sicherlich die Gruppenmasturbation (s. u.).

Häufigkeit

Naturgemäß schwanken die Zahlen in einzelnen Erhebungen. Mit Beginn der Pubertät wird die Häufigkeit relevant.

Männer beginnen früher und masturbieren häufiger als Frauen. Die Häufigkeit bei Jungen zwischen 13 und 14 Jahren beträgt 50-60 % und liegt mit 16 Jahren zwischen 90-100 %.

Die Mädchen beginnen später. Mit 13-14 Jahren masturbieren etwa 20 %, um das 20. Lebensjahr beträgt die Häufigkeit etwa 70-80 % [1, 2]. Dabei ist in Wiederholungsbefragung seit dem Jahr 1980 die Masturbationsfrequenz nur geringgradig angestiegen [2].

Die Frequenz der Selbstbefriedigung hängt zudem mit dem Alter zusammen. So sinkt die Häufigkeit ab dem 55. Lebensjahr. Die Frequenz, sich mehrmals pro Woche selbst zu befriedigen, liegt bis zum 55. Lebensjahr etwa bei 20 %, danach bei 9 %. Die tägliche Selbstbefriedigung liegt ab 55 Jahren und älter bei 0 % [3]. Diese Erhebungen beziehen sich nur auf unseren Kulturkreis.

Wie wird masturbiert?

Frauen

  • mit einer oder zwei Fingerkuppen Vulva (äußerer Genitalbereich) und/oder Klitoris ("Kitzler") reiben – Druck, Geschwindigkeit und Art der Massage können so am besten durchgeführt werden
  • mit einem Vibrator (evtl. Auflegevibrator) zur Stimulation der Klitoris
  • Verwendung von Gleitmittel, Ölen oder auch Spucke
  • selten: Einführen in die Vagina (Scheide) von
    • einem oder mehrerer Finger
    • Dildos
    • Sexspielzeug, das wegen der Verletzungsgefahr nicht kantig, spitz oder zerbrechlich sein darf.
  • begleitend Brüste streicheln und kneten oder an den Brustwarzen reiben

Männer

  • Vorhaut vor- und zurückziehen bzw. bei Beschnittenen Massage der Eichel
  • Begleitend Hoden und Po streicheln
  • Eichel mit Speichel befeuchten und streicheln
  • selten:
    • anale oder urethrale (die Harnröhre betreffende) Stimulation
    • Reiben des Penis gegen einen weichen Gegenstand, z. B. Matratze, Kissen
  • Verwendung einer Sexpuppe oder eines Penis-Masturbators ("Taschenmuschi")

[4, 5]

Wann und wo wird am liebsten masturbiert?

In absoluter Privatsphäre (Ausnahme "Gruppenmasturbation", s. u.), im Bett, liegend am Abend vor dem Schlafengehen, manche Männer am Morgen, weil sie dann den höchsten Testosteronspiegel haben (Morgenlatte), seltener im Stehen, hockend unter der Dusche, in der Badewanne mit der Dusche oder dem Wasserstrahl bei entfernten Duschkopf, Reiten auf einem zusammengerollten Handtuch, beim Porno ansehen (Männer mehr als Frauen), erotische Literatur [4, 5].

Kopfkino von Frauen und Männern zur Selbstbefriedigung

Frauen: Eine wichtige Rolle spielen romantische Fantasien mit unterschiedlichen sexuellen Erlebnissen. Sie betreffen nicht unbedingt den Partner. Auch sexuelle Literatur gehört dazu. Pornos werden von Frauen seltener geschaut. Sie benutzen häufiger als Männer Sextoys. In der Fantasie betreiben sie Dinge, die sie im realen Sex nicht durchführen, z. B. Dreier, BDSM (Sadomaso), harten Sex.

Männer: Männer bevorzugen vor allem Pornos und sexuelle Darstellungen in Bildern. Sexuelle Literatur etc. spielen eine eher untergeordnete Rolle. Bedeutsamer ist die Vorstellung von Analsex.

Mehr als 50 % der Frauen und Männer masturbieren gelegentlich neben ihrem schlafenden Partner.

Masturbationsmythen oder: Macht Selbstbefriedigung krank?

Vorausgeschickt werden muss Folgendes: Selbstbefriedigung ist für Mann und Frau, einzeln oder gemeinsam bzw. in der Gruppe, natürlich, normal und gesund [6, 7, 8].
Gesellschaftlich war dies nicht immer so, z. B. wurde die Selbstbefriedigung im späten Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert, zum Teil auch heute noch, besonders aus Sicht der Kirche, aber auch aus medizinisch wissenschaftlicher Sicht, als Unzucht, Selbstbeschmutzung, Sünde und gefährlich angesehen. Sie ist zum Teil auch abhängig von der ethnischen Zugehörigkeit. Um die Gefahr, die von Selbstbefriedigung ausgeht, zu unterstreichen, wurde gesagt: Masturbation führt zu Pocken, Tuberkulose, Gehirnerweichung, Rückenmarkschwund, Wahnsinn, Erblindung und Pickeln [8].

Selbstbefriedigung ist gesund macht glücklich

Durch Masturbation wird [6, 7, 8]:

  • das Herz-Kreislauf-System aktiviert und die Durchblutung gefördert. Allerdings ist die Belastung auch beim Orgasmus nur mittelgradig, sodass Herzkranke oder andere chronisch Kranke angstfrei masturbieren können.
  • die Ausschüttung von Glückshormonen, z. B. Serotonin, Oxytocin und Endorphin aktiviert. Das entspannt, macht zufrieden und glücklich. Deshalb wird es nicht selten auch gegen chronische Schmerzen, Kopfschmerzen, besonders Spannungskopfschmerzen, Migräne, Menstruationsschmerzen, Prüfungsangst, Lampenfieber und Schlafstörungen angewendet.
  • der Sex mit dem Partner besser, wenn man bereit ist, eine offene sexuelle Kommunikation der sexuellen Bedürfnisse und Vorlieben zu leben.
  • der Orgasmus bei Frauen häufiger möglich und dadurch ein höheres Selbstgefühl induziert.

Ausnahme: Krankheitswert hat zwanghaftes Onanieren (siehe “Sexsucht“).

Masturbation und Schwangerschaft

Besonders im 2. und 3. Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) einer gesunden, normalen Schwangerschaft kann der Bauch gelegentlich stören oder zur Einschränkung des Geschlechtsverkehrs, auch aus Angst dem Kind zu schaden, führen. Das ist zwar unbegründet, aber die Selbstbefriedigung kann hier für die Schwangere eine gute Alternative sein. Die Glückshormone und Endorphine können sogar Verspannungen, auch Rückenschmerzen lindern. Die leichten Kontraktionen während des Orgasmus sind ungefährlich und erhöhen, da sie nur kleine Bereiche der Muskulatur betreffen, nicht die Gefahr einer Frühgeburt. Auch Sextoys sind zur Masturbation möglich. Bevorzugt wird die reine klitorale Stimulation ohne vaginale Penetration (Eindringen in die Scheide). Jede Art von Risikoschwangerschaften stellt eine mögliche Kontraindikation dar und sollte mit dem Frauenarzt oder der Hebamme besprochen werden [9].

Selbstbefriedigung: Solo-Sex, Orgasmushäufigkeit

Durchgängig zeigen alle durchgeführten Untersuchungen, dass die Selbstbefriedigung für Frauen und Männer zu einem hohen Prozentsatz zum Orgasmus führt. Das gilt besonders für Mädchen und Frauen, die beim Geschlechtsverkehr häufig nicht zum Orgasmus kommen, weil die Klitoris nicht genügend stimuliert wird. Die Erklärung ist einfach: jede und jeder weiß, wo und wie man selbst am besten erregbar ist. Häufig wird über Hemmungen berichtet, dies dem Partner bzw. der Partnerin mitzuteilen.

Masturbation und Partnerschaft

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun – beides passt gut zusammen. Masturbation dient in erster Linie der sexuellen Entspannung mit dem Fokus, psychisch und körperlich ganz bei sich zu sein. Sexualität mit einem Partner sollte Gegenseitigkeit, Geben und Nehmen sowie Rücksichtnahme auf Stimmungen und Gefühle des Partners bedeuten. Abgesehen davon kann Selbstbefriedigung vor einem Partner sehr antörnend sein. Außerdem kann es sehr hilfreich sein, wenn der Partner genau weiß, wie, wo und wann welche Berührung stattfinden sollte, um zum Orgasmus kommen.

Selbstbefriedigung Cybersex (CS)

Cybersex ist eine virtuelle sexuelle Aktivität von mindestens zwei Personen, die digitalen Sex in verschiedenen Formen als Chat, Video-Chat, E-Mail oder Fotos durchführen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, einen Vibrator per App aus der Ferne zu bedienen und so den Partner zu befriedigen. Heute wird meist der Video-Chat bevorzugt. Es befriedigen sich die beiden Personen vor dem Computer oder Smartphone, leben ihre Sexfantasien aus oder spielen erotische Spiele. Gerade in Coronazeiten und in Fernbeziehungen waren bzw. sind dies beliebte Varianten, sich vor und mit dem Partner selbst zu befriedigen.

Dürfen Kranke onanieren?

Viele Menschen, die chronisch krank oder hochbetagt sind, leben allein. Trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen haben sie ein Bedürfnis nach Sexualität. Für sie ist Onanieren ein wichtiges Ventil für Entspannung und Wohlbefinden. Unter gesundheitlichen Aspekten ist die Selbstbefriedigung sogar empfehlenswert, selbst Herzkranke profitieren von ihr. Zwar aktiviert der Orgasmus Herz und Kreislauf, die Belastung ist jedoch selbst auf dem Höhepunkt der Lust kaum größer als bei einem kleinen Spaziergang oder Treppensteigen [7].

Gruppenmasturbation (Gruppenwichsen, Kreiswichsen, group masturbation)

Die Gruppenmasturbation ist eine selten durchgeführte Sexualpraktik, bei der eine Gruppe einen Kreis bildet und sich selbst oder einem Partner masturbiert. Meist handelt es sich um männliche Jugendliche. Gelegentlich wird es auch als Wettbewerb praktiziert, d. h. je nach Vereinbarung gewinnt derjenige, der als erster, als letzter oder am weitesten ejakuliert [10]. Gelegentlich gibt es Workshops für Frauen zur Gruppenmasturbation [11].

Literatur

  1. Aude A, Matthiesen S: Mädchen und Selbstbefriedigung. Geschlechterunterschiede in Verbreitung, Frequenz und Einstellungen zur Masturbation. In: FORUM Sexualaufklärung und Familienplanung, 3/2012
  2. Heßling A, Bode H: Jugendsexualität 2015 – Die Perspektive der 14- bis 25-Jährigen. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
  3. Große Sex-Umfrage, Teil 3: So oft befriedigen sich die Deutschen selbst. Stern, 06/2016
  4. Kolb C: So masturbieren Frauen am liebsten. Women´s Health, 06/2022
  5. JOYclub: Studie zur Selbstbefriedigung: 71 % der Frauen haben schon mal neben ihrem schlafenden Partner masturbiert. 10/2020
  6. Rehberg C: Warum masturbieren gesund ist. Zentrum der Gesundheit, 06/2022
  7. Preuk M: Onanieren: warum Masturbation so wichtig ist. lifeline, 11/2020
  8. Wikipedia: Masturbation
  9. Oetjens R: Selbstbefriedigung in der Schwangerschaft. Gut für Mama und Baby! familie.de, 05/2022
  10. Wikipedia: Gruppenmasturbation
  11. SRF: Eva Wannenmacher bei der Gruppen-Masturbation. 11/2020