Klassifikation
Diabetes mellitus Typ 1

Klassifikation des Typ-1-Diabetes

  • β‑Zell-Zerstörung, die zu einem absoluten Insulinmangel führt, meist immunologisch vermittelt
  • LADA („latent autoimmune diabetes in adults“; s. u.), ein sich meist langsam entwickelnder Diabetes im höheren Alter, wird dem Typ-1-Diabetes zugeordnet
  • Checkpointinhibitorinduzierter Diabetes

Stadieneinteilung bei Typ-1-Diabetes [1]

Stadium Beschreibung
1 Es finden sich mindestens zwei Autoantikörper, d. h. die Autoimmunerkrankung findet schon statt, aber die Kinder sind noch normoglykämisch (Blutzuckerwerte im gesunden Bereich).
2 Die Glucosetoleranz* ist gestört, wenngleich ebenfalls meist noch unbemerkt. Werden Kinder in diesem Stadium identifiziert, sollte ein engmaschiges metabolisches Monitoring stattfinden, weil der klinische Ausbruch unmittelbar bevorsteht.
3 Klinischer Ausbruch der Erkrankung

*Die Glucosetoleranz beschreibt die Fähigkeit des Körpers, auf eine definierte Zufuhr von Kohlenhydraten (Glucose) ohne gesteigerte (krankhafte) Blutzucker- und Harn-Zuckerwerte zu reagieren.

Eine ätiologisch (ursächlich) ausgerichtete Klassifikation entsprechend den Empfehlungen der American Diabetes Association (ADA) und der WHO zeigt die nachfolgende Tabelle. 

Klassifikation des Diabetes mellitus

I. Typ-1-Diabetes mellitus – absoluter Insulinmangel durch Destruktion (Zerstörung) der ß-Zellen (Ort der Insulinproduktion):

  • Typ 1a: immunologisch vermittelte Form
    Sonderform: LADA (latent autoimmune diabetes (with onset) in adults) – Typ-1-Diabetes mit Manifestation im Erwachsenenalter (> 25 Jahre); der Insulinmangel bildet sich relativ langsam aus. Keine Insulinpflichtigkeit in den ersten 6 Monaten, Nachweis von GAD-Ak (Glutaminsäure-Decarboxylase; engl.: glutamic-acid-decarboxylase = GAD; einem ß-zellspezifischen Enzym).
  • Typ 1b: idiopathische Form/Krankheit, die ohne eine fassbare Ursache entsteht (in Europa selten)

II. Typ-2-Diabetes mellitus – 4 Faktoren in unterschiedlichem Ausprägungsmaß liegen hier zugrunde:

  • Insulinresistenz (verminderte oder aufgehobene Wirkung des Hormons Insulin)
  • sekretorischer ("Absonderung betreffend") Defekt der ß-Zellen
  • sekretorischer Defekt der A-Zellen (Hyperglukagonismus/vermehrte Ausschüttung von Glukagon → Blutzuckerspiegel ↑)
  • progrediente Apoptose (programmierter Zelltod) der ß-Zellen

III. Andere spezifische Diabetesformen mit bekannter Ursache

  • A. Genetische Defekte der β-Zellfunktion (autosomal-dominanter Erbgang) – "Maturity-onset Diabetes of the Young" (MODY) ohne Auto-Ak-Nachweis und ohne Adipositas. Manifestation vor dem 25. Lebensjahr. Ca 1 % aller Diabetiker. Es sind derzeit 11 Formen bekannt, von denen die nachfolgenden die vier häufigsten Formen für ca. 90 % aller MODY-Fälle verantwortlich sind (alle anderen Formen des MODY-Diabetes kommen ≤ 1 % vor und werden daher hier nicht aufgeführt):

    MODY-Form 
    Gen Abkürzung Chromosom PPh
    Anmerkungen
    MODY 1
    (ca. 3 %)
    Hepatocyte nuclear factor 4 alpha HNF-4alpha 20q Reduzierte Insulinsekretion, verminderte Glykogensynthese Niedrige Triglyceride (Blutfette)
    MODY 2
    (ca. 15 %)
    Glukokinase GK 7p Reduzierte Insulinsekretion Milder Verlauf, meist ohne Spätkomplikationen
    MODY 3
    (ca. 70 %)
    Hepatocyte nuclear factor 1 alpha HNF-1alpha 12q Reduzierte Insulinsekretion Renale ("nierenbedingte") Glukosurie (vermehrte Ausscheidung von Glucose (Traubenzucker) im Urin)
    MODY 5
    (ca. 3 %)
    Hepatocyte nuclear factor 1 beta HNF-1beta 17q Reduzierte Insulinsekretion Nierenzysten, Malformationen der Genital (Fehlbildung des Geschlechts)
  • B. Genetische Defekte der Insulinwirkung
  • C. Erkrankungen des exokrinen Pankreas/Erkrankung der Bauchspeicheldrüse bezeichnet, die mit einer ungenügenden Produktion von Verdauungsenzymen einhergeht (chronische Pankreatitis/chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung): ein sekundär durch einen Pankreastumor entstehender Diabetes mellitus wird auch Typ-3c-Diabetes genannt
  • D. Endokrinopathien/Krankheitsbilder, die durch eine gestörte Funktion der Hormondrüsen oder die fehlerhafte Wirkung der Hormone ausgelöst werden (Akromegalie, Aldosteronom, Cushing-Syndrom, Glucagonom, Hyperthyreose, Phäochromozytom, Somatostatinom)
  • E. Medikamentös induziert (z. B. Glucocorticoide, Schilddrüsenhormone, Betaadrenergika, Thiazide, hormonelle Kontrazeptiva); siehe auch unter "Diabetogene Wirkung durch Medikamente"
  • F. Infektionen (z. B. kongenitale Rötelninfektion, CMV-Infektion)
  • G. Seltene immunologisch bedingte Formen (z. B. Anti-Insulin-Rezeptor-Antikörper)
  • H. Genetische Syndrome, die gelegentlich mit Diabetes vergesellschaftet sind (z. B. Down-, Klinefelter-, Turner-Syndrom)

IV. Gestationsdiabetes (GDM)

Vorschlag für eine neue Klassifikation

Die Autoren um Professor Leif Groop vom Lund University Diabetes Center in Schweden schlagen anhand von Diagnose-Alter, BMI, HbA1c, Beta-Zellfunktion, Insulinresistenz und Autoantikörpern eine Unterteilung in fünf Formen bei Erwachsene vor [2]:

  • Cluster 1: Schwerer Autoimmun-Diabetes (im Wesentlichen LADA-Diabetes: latent insulinpflichtige Diabetes mellitus im Erwachsenenalter); Manifestation im jüngeren Erwachsenenalter; die zerstörten Beta-Zellen produzieren kein Insulin mehr (6-15 %).
  • Cluster 2: Schwerer Insulinmangel (ähnlich wie Cluster 1). Betroffene sind meist jung und schlank; keine Autoantikörper, das Immunsystem ist nicht fehlerhaft (9-20 %). 
  • Cluster 3: Schwere Insulinresistenz; die Patienten sind in der Regel übergewichtig, sie reagieren nicht mehr angemessen auf Insulin, hohes Nephropathie-Risiko (11-17 %).
  • Cluster 4: Milder Diabetes in Kombination mit Adipositas. Betroffene sind meist stark übergewichtig, der Stoffwechsel ist aber weniger gestört als bei Patienten in Cluster 3 (18-23 %).
  • Cluster 5: Milder Diabetes älterer Patienten; die Symptome beginnen im Vergleich zu den anderen Clustern in einem höheren Alter (39-47 %).

Laut den Forschern waren alle fünf Formen genetisch verschieden, sodass es sich eher um unterschiedliche Typen als um Krankheitsstadien handelt.

Des Weiteren wiesen die Autoren darauf hin, dass viele Cluster 1+2 Patienten bei Manifestation kein Insulin erhielten.

Literatur

  1. Insel RA, Dunne JL, Atkinson MA et. al.: Staging presymptomatic type 1 diabetes: a scientific statement of JDRF, the Endocrine Society, and the American Diabetes Association. Diabetes Care 2015; 38(10):1964-74 doi: 10.2337/dc15-1419.
  2. Ahlqvist E et al.: Novel subgroups of adult-onset diabetes and their association with outcomes: a data-driven cluster analysis of six variables. Lancet Diabetes & Endocrinology Published: 01 March 2018 doi: https://doi.org/10.1016/S2213-8587(18)30051-2 
     
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