Operativer Muttermundverschluss (Cerclage)

Die Cerclage gehört zu den operativen Verfahren der Gynäkologie und besteht im weitesten Sinne aus dem chirurgischen Verschluss des Muttermundes bei Cervixinsuffizienz (ungenügende Verschlussfähigkeit des Gebärmutterhalses in der Schwangerschaft). Die schmerzfreie Erweichung und Verkürzung einer insuffizienten Cervix (Gebärmutterhals) kann ohne Wehen und somit von der Mutter unbemerkt zum Spätabort (späte Fehlgeburt) oder zur Frühgeburt führen. Gründe für eine Cervixinsuffizienz sind aufsteigende Infektionen, eine genetisch bedingte Bindegewebsveränderung oder eine verfrühte Cervixreifung durch hormonelle Dysbalancen. Die Veränderungen des Gewebes, die der Cervixinsuffizienz zugrunde liegen, haben einen erschwerenden Einfluss auf die Durchführung einer Cerclage. Es gibt verschiedene operative Verfahren. Diese werden entsprechend der klinischen Situationen ausgewählt:

  • Prophylaktische Cerclage/ Früher totaler Muttermund-Verschluss (FTMV) nach Saling – Eingriff, der bei einer belasteten Anamnese (drei oder mehr späte Fehlgeburten sowie Frühgeburten aufgrund einer Cervixinsuffizienz) in der 13. -16. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird.
  • "Urgent Cerclage" – Therapeutische Cerclage – Eingriff, der bei einer Verkürzung der Cervix (Gebärmutterhals) von normal 40-50 mm auf ≤ 25 mm durchgeführt wird.
  • Notfallcerclage – Therapeutische Cerclage – Eingriff, der bei vorzeitiger Öffnung des Muttermundes oder bei prolabierter Fruchtblase (Vorfall der Fruchtblase aus dem Muttermund mit Gefahr des vorzeitigen Platzens) durchgeführt wird.

Die "Therapeutische Cerclage" dient der Verhütung einer späten Fehlgeburt, z. B. bei vorzeitiger Öffnung des Muttermundes oder Fruchtblasenprolaps (Vorfall der Fruchtblase). Die "Prophylaktische Cerclage" (FTMV) ist umstritten. Es zeigte sich, dass ein derartiger Eingriff allein aufgrund der Anamnese keinen Vorteil gegenüber der systematischen vaginalsonographischen Überwachung der Patientinnen erbrachte. Insgesamt muss die Durchführung einer Cerclage sorgfältig erwogen werden, da der Nutzen sowohl bei der therapeutischen, vor allem aber in Bezug auf die prophylaktische Cerclage, nicht eindeutig ist. Das Verfahren des FTMV wird in einem gesonderten Artikel behandelt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die Durchführung einer Cerclage ist indiziert bei:

  • Fruchtblasenprolaps
  • Verkürzung der Cervix uteri (Gebärmutterhals)
  • Vorzeitiger Öffnung des Muttermundes

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Bakterielle Vaginose (Entzündung der Vagina z. B. durch Bakterien)
  • Blutungen
  • Missed Abortion – intrauteriner Fruchttod (IUFT; Tod des Kindes in der Gebärmutter, ohne dass es zur "Geburt" kommt)
  • V. a. Amnioninfektionssyndrom (engl.: amniotic infection syndrome, abgekürzt: AIS) – intrauterine ("innerhalb der Gebärmutter") Infektion, d. h. eine endogene, prä- und subpartale (vor oder unter/während der Geburt auftretende) Infektion der Fruchthöhle und ihres Fetus mit der Gefahr der Sepsis (Blutvergiftung) für das Kind.
  • Vorzeitiger Blasensprung
  • Cervicitis (Gebärmutterhalsentzündung)

Vor der Operation

Vor der Operation muss eine detaillierte Aufklärung bezüglich der Risiken des Eingriffes erfolgen. Zu den wichtigsten Inhalten zählen das vorzeitige Auslösen der Wehentätigkeit durch die Manipulation, die Verletzung der Fruchtblase und ein erhöhtes Infektionsrisiko. Gegenstand der Aufklärung ist auch das Aufzeigen der Erfolgsaussichten im Vergleich zum konservativen Vorgehen (Keine Operation, jedoch intensive Überwachung).
Für die Planung des Eingriffes wird zuvor eine Vaginalsonographie durchgeführt (Ultraschalluntersuchung mittels eines Schallkopfs durch die Vagina/Scheide), die der Beurteilung des Zustandes der Cervix (Gebärmutterhals; Länge, Weite des Cervicalkanals/Gebärmutterhalskanal, Eröffnung des inneren Muttermundes?, Trichterbildung?) dient. Des Weiteren erfolgt auch eine sonographische Beurteilung der Schwangerschaft (Fetometrie/Vermessung des Feten, d. h. des ungeborenen Kindes).
Vor der Operation werden Vaginalabstriche (Scheidenabstriche) für eine bakteriologische bzw. mykologische Untersuchung genommen, um Infektionen, wie z. B. eine Mykose (Pilzinfektion) bzw. eine bakterielle Infektion, auszuschließen. Im Falle eines positiven Abstrichergebnisses wird eine entsprechende
Antimykotika- bzw. Antibiotikatherapie gemäß Resistogramm (unter Berücksichtigung der Antibiotikaresistenzen) eingeleitet. Bei negativen Abstrichen wird eine prophylaktische Antibiotikagabe mit Amoxicillin (3 x 2 g/d i. v.) oder Cephalosporinen (z. B. Cefazolin 3 x  1,5 g/d i. v.) durchgeführt. Des Weiteren erfolgt auch eine engmaschige Kontrolle laborchemischer Entzündungsparameter (z. B. CRP, C-reaktives Protein).
Im Falle einer Notfallcerclage mit Wehentätigkeit wird eine medikamentöse Tokolyse (Wehenhemmung) durchgeführt.

Die Operationsverfahren

Die Durchführung der Cerclage kann in Allgemeinnarkose ("Vollnarkose") oder auch in Spinalanästhesie (rückenmarksnahe Form der Regionalanästhesie) erfolgen. Während des Eingriffes befindet sich die Patientin in Steinschnittlage: Sie liegt auf dem Rücken, die Beine sind im Hüftgelenk um 90° gebeugt, dabei sind die Knie angewinkelt und die Unterschenkel werden auf Stützen gelagert, sodass die Beine etwa 50°-60° voneinander abgespreizt sind. Nach Desinfektion des Operationsgebietes folgt die Abdeckung mit sterilen Tüchern. Mithilfe von Spekula (gynäkologisches Instrument; dienen der Entfaltung der Vagina (Scheide), dadurch werden die Scheidenhaut sowie die Cervix sichtbar und zugänglich) und Organfasszangen stellt der Operateur die Cervix uteri (Gebärmutterhals) dar bzw. richtet sie auf. Für die Durchführung der Cerclage stehen zwei Methoden zur Verfügung:

  • Methode nach McDonald – Bei der sogenannten "unblutigen" Methode nach McDonald wird eine Tabaksbeutelnaht mit einem unresorbierbaren (nicht auflösbar) Faden durch die Cervix gelegt. Der Operateur beginnt bei 12 Uhr und führt die Naht bei 9, 6 und 3 Uhr durch das Gewebe, anschließend sticht er bei 12 Uhr wieder aus. Diese Naht wird anschließend vereinigt und fest zu gezogen, die Enden der so entstandenen Tabaksbeutelnaht werden lang abgeschnitten, um die spätere Entfernung zu erleichtern. Abschließend erfolgt eine Desinfektion der Scheide mit PVP-Jodlösung.
  • Methode nach Shirodkar – Bei der "blutigen" Methode nach Shirodkar wird die Naht unmittelbar unter der die Cervix umhüllende Scheidenhaut geführt. Zu diesem Zweck ist eine ca. 2-3 cm lange Spaltung der Scheidenhaut auf der vorderen und hinter Cervixwand nötig. Dies wird auch als vordere und hintere Kolpotomie (Scheidenschnitt) bezeichnet. Der Operateur beginnt nach Hochschieben der Blase durch eine Spekulum bei 12 Uhr, d. h der unresorbierbare Faden wird dort eingestochen und bei 6 Uhr (also auf der gegenüberliegenden Seite) ausgeführt, dabei wird der Faden einmal linksseitig und einmal rechtsseitig geführt, sodass auf beiden Seiten der Cervixöffnung ein Faden verläuft. Anschließend werden die zwei bei 6 Uhr herausgeführten Fadenenden fest geknotet und die vordere und hintere Kolpotomie verschlossen. Auch hier werden die Fadenenden lang gelassen und das Operationsgebiet mit PVP-Jodlösung desinfiziert.

Anästhesieverfahren: Regionalanästhesie (zum Beispiel einer Spinal- oder Epiduralanästhesie) oder Allgemeinanästhesie (Vollnarkose)
Operationsdauer: 30-60 Minuten

Nach der Operation

Postoperativ sollte eine engmaschige Kontrolle des Zustandes der Schwangerschaft (Sonographie) sowie der laborchemischen Entzündungswerte (z. B. CRP, C-reaktives Protein) erfolgen. Das Operationsgebiet sollte kontrollierend inspiziert und der Zustand der Cervix uteri mittels Vaginalsonographie beurteilt werden. Die Antibiotikatherapie wird fortgeführt, eine begonnene Tokolyse (Wehenhemmung) sollte ebenfalls für maximal 48 Stunden postoperativ fortgeführt werden. Das Lösen der Cerclage erfolgt in der Regel nach der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche. Gründe für eine frühzeitige Entfernung der Cerclage sind therapieresistente Wehen oder eine Kolpitis bzw. Cervicitis.

Mögliche Komplikationen

  • Auslösen vorzeitiger Wehentätigkeit
  • Amnioninfektionssyndrom, deren seltene Folge ein Endotoxinschock (Freisetzung von systemisch wirkenden Substanzen, die zum Zusammenbrechen des Blutkreislaufes und zum Versagen der Organe) oder eine Sepsis (Blutvergiftung) sein kann.
  • Komplikation der Anästhesie (Narkose und Betäubung)
  • Vorzeitiger Blasensprung
  • Vesikovaginalfistel – Nicht-pysiologische Verbindung zwischen Vagina und Harnblase als Folge der operativen Verletzung von Gewebe.

Literatur

  1. Uhl B: OP-Manual der Gynäkologie und Geburtshilfe. Georg Thieme Verlag 2012
  2. Uhl B: Gynäkologie und Geburtshilfe Compact. Georg Thieme Verlag 2006
  3. Schneider H: Die Geburtshilfe. Springer Verlag 2004
  4. Keck C, Tempfer C, Denschlag D: Facharztprüfung Gynäkologie und Geburtshilfe. Georg Thieme Verlag 2011

     
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