Hörverlust (Hypakusis) – Differentialdiagnosen

Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00-Q99)

  • Alport-Syndrom (auch progressive hereditäre Nephritis genannt) – genetische Erkrankung mit sowohl autosomal-dominantem als auch autosomal-rezessivem Erbgang mit fehlgebildeten Kollagenfasern, die zur Nephritis (Nierenentzündung), Innenohrschwerhörigkeit und verschiedenen Augenerkrankungen wie beispielsweise einen Katarakt (grauer Star) führen kann
  • Alström-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; charakteristische Leitsymptome: retinale Degeneration, stammbetonte Adipositas, Diabetes mellitus und Innenohrschwerhörigkeit; entwickeln in früher Kindheit Lichtscheu und Nystagmus (unkontrollierbare, rhythmische Bewegungen  der Augen); Sehstörung ist fortschreitend und die Kinder erblinden in der Regel im Alter von 12 Jahre; kognitive Leistung ist nicht oder nur sehr gering eingeschränkt
  • Ererbte dominante Schwerhörigkeit/Taubheit
  • Ererbte mitochondriale Schwerhörigkeit
  • Ererbte sporadische Schwerhörigkeit/Taubheit
  • Ererbte X-chromosomale Schwerhörigkeit
  • Usher-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; Hörsehbehinderung, die durch eine Kombination einer Höreinschränkung (früh einsetzende Innenohrschwerhörigkeit) bzw. Gehörlosigkeit von Geburt an mit einer Sehstörung in Form einer Retinopathia pigmentosa (Absterben der Sehzellen) charakterisiert ist; häufigste Ursache einer Blind-Taubheit
  • Waardenburg-Klein-Syndrom – genetisch bedingte Erkrankung, vererbt durch ein rezessives geschlechts-gebundenes Gen (charakteristische Symptome: partieller Albinismus, angeborene Taubstummheit etc.)

Bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben (P00-P96)

  • Embryopathia rubeolosa – Erkrankung des Kindes durch eine Röteln-Infektion der Mutter während der Schwangerschaft
  • Erythroblastosis fetalis – übersteigerte Blutbildung beim Neugeborenen
  • Mechanische Geburtsschäden
  • Perinatale Hypoxie – Sauerstoffmangel des Kindes unter der Geburt

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Diabetes mellitus
  • Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) (Hochtonhörverlust) [1]
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Pendred-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die zu einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) mit Strumabildung führt; zusätzlich tritt eine Schallempfindungsschwerhörigkeit, einer Hypoplasie der Cochlea (Hörschnecke) auf; im frühen Kindesalter liegt oft noch eine Euthyreose (normale Schilddrüsenfunktion) vor

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Cytomegalie – Virusinfektion, die vor allem Kleinkinder betrifft
  • Konnatale Syphilis (Lues) – sexuell-übertragbare Infektionserkrankung, die während der Schwangerschaft von der Mutter auf das ungeborene Kind übertragen wurde
  • Morbilli (Masern)
  • Meningitis (Hirnhautentzündung)
  • Parotitis epidemica (Mumps)
  • Syphilis (Lues) – sexuell-übertragbare Infektionskrankheit
  • Toxoplasmose – häufig auftretende Infektionskrankheit des Menschen und bei anderen Säugetieren, übertragen durch den Parasiten Toxoplasma gondii, der vor allem durch rohes Fleisch oder Katzenkot übertragen wird

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Morbus Paget (Versteifung der Gehörknöchelchen, Zuwachsen der Cochlea oder Quetschung des Hörnerven)

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Akustikusneurinom (AKN) – gutartiger Tumor, der von den Schwanńschen Zellen des vestibulären Anteils des VIII. Hirnnerven, dem Hör- und Gleichgewichtsnerven (Nervus vestibulocochlearis), ausgeht und im Kleinhirnbrückenwinkel oder im inneren Gehörgang gelegen ist. Das Akustikusneurinom ist der häufigste Kleinhirnbrückenwinkeltumor. Mehr als 95 % aller AKN sind einseitig. Bei Vorliegen von Neurofibromatose Typ 2 tritt das Akustikusneurinom hingegen typischerweise beidseitig auf.
  • Tumoren des Mittelohres

Ohren – Warzenfortsatz (H60-H95)

  • Cerumen obturans – Verlegung des Gehörgangs durch Ohrenschmalz (Cerumen)
  • Cholesteatom (Synonym: Perlgeschwulst) des Ohres – Einwucherung von mehrschichtig verhornendem Plattenepithel in das Mittelohr mit nachfolgender chronisch-eitriger Entzündung des Mittelohrs.
    Das primäre Cholesteatom wird genuines (angeborenes) Cholesteatom genannt – es kommt selten vor. 
  • Chronischer Tubenmittelohrkatarrh – Schleimhautentzündung im Bereich des Mittelohres und der Tube (Verbindung zwischen dem Mittelohr und dem Nasenrachenraum)
  • Chronisches Lärmtrauma
  • Cogan-Syndrom – Erkrankung, die wahrscheinlich einen Autoimmunprozess als Grundlage hat und die zu Keratitis (Hornhautentzündung) und Innenohrschwerhörigkeit (Hörverlust) führt
  • Fehlbildungen des Ohres
  • Fremdkörper im Gehörgang
  • Hörsturz
  • Labyrinthitis – Entzündung einer Struktur des Innenohres, die Labyrinth genannt wird
  • Morbus Menière – Innenohrerkrankung, die zu akuten Anfällen mit Schwindel, Ohrensausen und Schwerhörigkeit führt
  • Otitis media (Mittelohrentzündung)
  • Otosklerose – knöcherner Umbau des Mittel- oder Innenohres mit fortschreitender Schwerhörigkeit
  • Paukenerguss (Synonym: Seromukotympanon) – Ansammlung von Flüssigkeit im Mittelohr (Tympanon)
  • Presbyakusis (Altersschwerhörigkeit)
  • Trommelfellverletzungen

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Akustikusneuritis, virale
  • Mütterlicher Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit)
  • Refsum-Syndrom – genetisch bedingte Stoffwechselstörung, die vor allem zu fortschreitender Schwerhörigkeit ab der zweiten Lebensdekade führt

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Caisson-Krankheit – Dekompressionskrankheit, die vor allem nach zu schnellem Auftauchen aus großer Tiefe auftritt
  • Explosionstrauma
  • Fraktur (Knochenbruch) des Manubrium mallei (Hammerstiel) durch digitale Manipulation im Meatus acusticus externus/ äußere Gehörgang (Schallleitungsschwerhörigkeit)
  • Stumpfes Schädeltrauma

Medikamente

  • Siehe unter "Ursachen" unter Medikamente

Literatur

  1. Selcuk A, Terzi H, Turkay U, Kale A, Genc S: Does gestational diabetes result in cochlear damage? J Laryngol Otol. 2014 Nov;128(11):961-5.doi: 10.1017/S0022215114002515