Herzkreislauf-Check

Herz-Kreislauf-Erkrankungen (insbesondere Myokardinfarkt [Herzinfarkt] und Schlaganfall) zählen weiterhin zu den führenden Todesursachen in Deutschland und weltweit. Ein regelmäßiger Herzkreislauf-Check ermöglicht die frühzeitige Erkennung von Risikofaktoren und subklinischen Veränderungen (frühe, oft noch symptomlose Veränderungen), um effektive präventive oder therapeutische Maßnahmen rechtzeitig einzuleiten.

Ziele des Herzkreislauf-Checks

  • Früherkennung (rechtzeitiges Erkennen) von Risikofaktoren (z. B. Hypertonie (Bluthochdruck), Dyslipidämie [Fettstoffwechselstörung], Diabetes mellitus [Zuckerkrankheit]).
  • Identifikation subklinischer Organschäden (Erkennung von noch symptomlosen Organschäden, z. B. Herzmuskelverdickung oder Gefäßveränderungen).
  • Bewertung des individuellen kardiovaskulären Risikos (Abschätzung des persönlichen Herz-Kreislauf-Risikos) nach etablierten Scores (z. B. ESC SCORE2/SCORE2-OP).
  • Einleitung gezielter Präventionsmaßnahmen, um Morbidität (Krankheitslast) und Mortalität (Sterblichkeit) zu senken.

Bestandteile des Herzkreislauf-Checks

Der Check beinhaltet eine Kombination aus Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte), körperlicher Untersuchung, Labor- und Medizingerätediagnostik (Untersuchungen mit medizinischen Geräten).

Anamnese

  • Alter und Geschlecht
  • Familiäre Vorbelastung (kardiovaskuläre Erkrankungen [Herz-Kreislauf-Erkrankungen] in der Familie)
  • Diabetesstatus (Zuckerkrankheitsstatus) und metabolisches Syndrom (Stoffwechselerkrankung mit Übergewicht, hohem Blutzucker und hohem Blutdruck)
  • Raucherstatus
  • Bewegungsverhalten
  • Ernährungsgewohnheiten
  • Chronischer Stress und psycho-soziale Situation (soziale und psychische Belastungen)

Körperliche Untersuchung

  • Blutdruckmessung (inklusive 24-Stunden-Langzeitmessung bei Verdacht auf Hypertonie [Bluthochdruck])
  • Körpergewicht und Body-Mass-Index (BMI) (Verhältnis von Gewicht zu Körpergröße)
  • Taillenumfang (Messung des Bauchumfangs zur Beurteilung von Bauchfett)

Labordiagnostik

Basisparameter:

  • Gesamtcholesterin (Gesamtfettwerte im Blut)
  • LDL-Cholesterin („schlechtes“ Cholesterin)
  • HDL-Cholesterin („gutes“ Cholesterin)
  • Triglyceride (Neutralfette)
  • Nüchternblutzucker (Blutzuckerwert nach mindestens acht Stunden ohne Nahrung)
  • HbA1c (Langzeitblutzuckerwert)

Zusatzparameter (je nach Risikokonstellation):

  • Lipoprotein (a) – genetisch bedingter Risikomarker für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • hs-CRP (hoch-sensitives C-reaktives Protein) – Hinweis auf Entzündungen und instabile Gefäßablagerungen
  • NT-proBNP – Marker für Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
  • Kreatinin und eGFR – Beurteilung der Nierenfunktion
  • Harnsäure – kardiometabolischer Risikofaktor (Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei erhöhten Harnsäurewerten)

Nicht mehr routinemäßig empfohlen:

  • Homocystein und Fibrinogen (keine ausreichende Empfehlung für den Routineeinsatz zur Risikoabschätzung).

Medizingerätediagnostik

  • Ruhe-EKG (Elektrokardiogramm in Ruhe – Aufzeichnung der Herzstromkurven)
  • Belastungs-EKG (Ergometrie – EKG unter körperlicher Belastung) zur Beurteilung der Belastbarkeit und möglicher Durchblutungsstörungen
  • Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens zur Beurteilung von Struktur und Funktion)
  • ABI-Messung (Knöchel-Arm-Index – Messung zur Früherkennung von Durchblutungsstörungen in den Beinen)

Spezialdiagnostik (nur bei bestimmten Hinweisen oder Risikokonstellationen):

  • Langzeit-EKG (Aufzeichnung der Herzstromkurven über 24 bis 72 Stunden zur Erkennung von Rhythmusstörungen)
  • Langzeit-Blutdruckmessung
  • Kardio-MRT (Magnetresonanztomographie des Herzens – detailreiche Bildgebung des Herzmuskels und der Herzstruktur)
  • Koronar-CT-Angiographie (Computertomographische Darstellung der Herzkranzgefäße – zur Beurteilung von Engstellen oder Ablagerungen; Strahlenbelastung beachten)
  • Karotis-Duplexsonographie (Ultraschalluntersuchung der Halsschlagadern zur Erkennung von Verkalkungen)

Präventive Maßnahmen und Therapieansätze

Nach der Diagnostik erfolgt eine individuelle Risikoabschätzung und Planung von Präventions- oder Therapiemaßnahmen:

  • Risikostratifizierung (Bestimmung des persönlichen Risikoniveaus) mit SCORE2/SCORE2-OP oder Diabetes Lifetime Risk Score
  • Lebensstilmodifikation (Anpassung des Lebensstils):
    • Ernährungsumstellung (z. B. mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Olivenöl und Fisch)
    • Gewichtsabnahme bei Übergewicht
    • Nikotinverzicht
    • Bewegungstherapie (150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche)
  • Medikamentöse Therapie:
    • Statine oder andere Medikamente zur Senkung des Cholesterinspiegels
    • Blutdrucksenkende Medikamente (Antihypertensiva)
    • Blutzuckersenkende Medikamente (Antidiabetika) bei erhöhtem Blutzucker oder Diabetes mellitus
  • Patientenschulung (Aufklärung und Training) und psychosoziale Unterstützung (Hilfe bei psychischem Stress und sozialen Belastungen)

Erweiterte Betreuung

  • Genetische Beratung – bei starker familiärer Belastung oder sehr hohem Lipoprotein (a)
  • Technologische Integration:
    • Wearables (tragbare Geräte wie Smartwatches zur Überwachung von Herzfrequenz und Herzrhythmus)
    • Telemedizinische Nachsorge (ärztliche Betreuung über Telefon oder Internet, besonders für Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder in ländlichen Gebieten)

Zusammenfassung

Der Herzkreislauf-Check ist ein wissenschaftlich begründetes Untersuchungsprogramm, das hilft, persönliche Herz-Kreislauf-Risiken frühzeitig zu erkennen und zu senken. Er trägt wesentlich dazu bei, Krankheiten zu verhindern, die Lebensdauer zu verlängern und die Lebensqualität zu verbessern. Alle Untersuchungen und Empfehlungen sollten regelmäßig an die neuesten medizinischen Leitlinien (ESC, ACC/AHA) angepasst werden.

Literatur

  1. Visseren FLJ, Mach F, Smulders YM et al.: 2021 ESC Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice. Eur Heart J. 2021;42(34):3227-3337. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab484
  2. Mach F, Baigent C, Catapano AL et al.: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J. 2020;41(1):111-188. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehz455
  3. Grundy SM, Stone NJ, Bailey AL et al.: 2018 AHA/ACC Guidelines on the Management of Blood Cholesterol. Circulation. 2019;139(25):e1082-e1143. https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000000625
  4. Piepoli MF, Hoes AW, Agewall S et al.: 2016 European Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice. Eur Heart J. 2016;37(29):2315-2381. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehw106
  5. McDonagh TA, Metra M, Adamo M et al.: 2021 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure. Eur Heart J. 2021;42(36):3599-3726. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab368
  6. Arnett DK, Blumenthal RS, Albert MA et al.: 2019 ACC/AHA guideline on the primary prevention of cardiovascular disease. Circulation. 2019;140(11):e596-e646. https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000000678