Gesamt-Testosteron
Testosteron ist das männliche Geschlechtshormon, welches beim Mann (erwachsener männlicher Mensch) in circa 95 % in den Leydigzellen des Hodens (hormonbildende Zellen im Hoden) und zu 5 % in der Nebennierenrinde (äußerer Bereich der Nebenniere) produziert wird.
Bei der Frau (erwachsener weiblicher Mensch) erfolgt die Produktion überwiegend in der Nebennierenrinde.
Testosteron wird aus Cholesterin synthetisiert. Es zählt zu den fettlöslichen Hormonen.
Es wird zu mehr als 40 % an das Sexualhormon-bindende Globulin (SHBG) und zu mehr als 50 % an Albumin gebunden. Nur circa 1-2 % liegen als freies Testosteron (biologisch wirksame Fraktion) vor.
Metabolisierung: Im Androgen-Zielgewebe (Gewebe, das auf männliche Hormone reagiert) erfolgt im Regelfall die Umwandlung in das potentere Androgen Dihydrotestosteron (DHT) mithilfe des Enzyms 5α-Reduktase.
Testosteron unterliegt einer zirkadianer Rhythmik (Tagesrhythmus), das heißt in diesem Fall, dass es überwiegend morgens (8.00-10.00 Uhr) ausgeschüttet wird.
Synonyme
- Testosteron
- Gesamt-Testosteron
- Serum-Testosteron
Das Verfahren
- Benötigtes Material
- Blutserum
- Vorbereitung des Patienten
- Die Blutentnahme erfolgt morgens (8.00-10.00 Uhr).
- Bei grenzwertigen Befunden Wiederholung der Messung an mindestens zwei weiteren Tagen empfohlen [2].
- Ggf. drei Blutentnahmen durchführen, um eine Bestimmung aus "gepooltem" Serum durchführen zu können.
- Störfaktoren
- Tageszeit der Blutentnahme (zirkadiane Rhythmik).
- Akute Erkrankungen, systemische Entzündungen.
- SHBG-verändernde Zustände (z. B. Schwangerschaft, Hyperthyreose, Leberzirrhose, Adipositas).
- Exogene Androgene/Anabolika.
- Medikamente: Glucocorticoide, Opioide.
- Methode
- Immunoassay (Routine).
- Flüssigchromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS) als Referenzmethode, insbesondere bei niedrigen Konzentrationen (Frauen, Kinder) [2].
Normwerte Gesamt-Testosteron
| Geschlecht | Alter | Normwerte in µg/l | Normwerte in nmol/l |
| Weiblich | Säuglinge | 0,04-0,2 | 0,1-0,6 |
| 1.-8. Lebensjahr (LJ) | 0,03-0,12 | 0,1-0,4 | |
| 9.-12. LJ | 0,03-0,4 | 0,1-1,4 | |
| 13.-18. LJ | 0,06-0,5 | 0,2-1,8 | |
| Erwachsene | 0,15-0,55 | 0,5-2,0 | |
| Männlich | Säuglinge | 0,05-3,5 | 0,1-12,1 |
| 1.-8. LJ | 0,05-0,15 | 0,1-0,5 | |
| 9.-12. LJ | 0,1-3,0 | 0,3-10,4 | |
| 13.-18. LJ | 0,1-9,0 | 0,3-31,2 | |
| Erwachsene | 3,5-9,0 | 12,1-31,2 |
Umrechnungsfaktoren
- nmol/l x 0,2884 = ng/ml
- ng/ml x 3,467 = nmol/l
- µg/l x 3,467 = nmol/l
- ng/dl x 0,03467 = nmol/l
Indikationen
- Verdacht auf Hormonstörungen (Hypogonadismus (Unterfunktion der Keimdrüsen); AGS (angeborene Störung der Nebennierenhormone); Virilisierung der Frau (Vermännlichungserscheinungen))
- Erektile Dysfunktion (Erektionsstörungen)
- Kryptorchismus (Hodenhochstand)
- Therapiemonitoring wg. Testosteron-Substitutionstherapie (Testosteronersatztherapie)
- Verdacht auf hormonell aktive Tumoren (z. B. Hodentumoren (Hodenkrebs); Ovarialtumoren (Eierstocktumoren))
Interpretation
Interpretation erhöhter Werte
Frau
- Adrenogenitales Syndrom (AGS) (angeborene Hormonstörung der Nebenniere)
- Androgenproduzierendes Nebennierenkarzinom (bösartiger hormonbildender Nebennierentumor)
- Gravidität (Schwangerschaft)
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
- Leberzirrhose (Leberschrumpfung)
- Menopause (Wechseljahre)
- Morbus Cushing (Cortisol-Überproduktion)
- Nebennierenhypertrophie (Vergrößerung der Nebenniere)
- Ovarialtumoren (Eierstocktumoren)
- Pubertas praecox (vorzeitige Pubertät)
- Testosteronproduzierender Tumor (hormonbildender Tumor)
- Syndrom der polyzystischen Ovarien (PCO) (polyzystisches Ovarialsyndrom)
Mann
- Hormonregulationsstörungen durch genetische Defekte (Androgen-Resistenz (Unempfindlichkeit gegenüber Androgenen); Androgen-Rezeptor-Defekte (Defekte des Androgenrezeptors))
- Hormonell aktive Tumoren wie Hodentumoren (Hodenkrebs) bzw. androgenproduzierendes Nebennierenkarzinom
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
- Leberzirrhose (Leberschrumpfung)
- Testosteronzufuhr (Einnahme von Testosteron)
Interpretation erniedrigter Werte
Frau
- Primäre Gonadeninsuffizienz (Funktionsverlust der Keimdrüsen) (präpubertär; Postmenopause)
- Drogenabusus (Drogenmissbrauch) (Anabolika)
- Leberzirrhose
- Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung) mit Antiandrogenen, Östrogenen oder Anabolika
- Morbus Addison (Nebennierenunterfunktion)
- Unterernährung (Mangelernährung) (inklusive Anorexia nervosa (Magersucht))
Mann
- Primärer (hypergonadotroper) Hypogonadismus (Hodenunterfunktion): z. B. Klinefelter-Syndrom (Chromosomenstörung)
- Sekundärer (hypogonadotroper) Hypogonadismus (Hodenunterfunktion)
- Drogenabusus (Drogenmissbrauch) (Anabolika)
- Leberzirrhose
- Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung) mit synthetischen Androgenen, Glucocorticoide, Opioide
- Unterernährung (Mangelernährung) (inklusive Anorexia nervosa)
Weitere Hinweise
- Mann: Eine Testosteron-Substitutionstherapie soll nicht aufgrund eines einzelnen erniedrigten Testosteronwertes ohne Klinik und Ursachenabklärung eingeleitet werden.
- Bei symptomatischem Hypogonadismus (Hodenunterfunktion mit Beschwerden) bestehen gute Chancen, durch eine Testosteron-Substitution eine Verbesserung der Beschwerden zu erreichen.
- Testosteronspiegel < 7,4 nmol/l sind mit einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert [1].
Literatur
- Anawalt BD et al.: The Relationship of Sex Steroid Hormones and Clinical Outcomes Is Complex. Annals of Internal Medicine. 2024. https://doi.org/10.7326/M24-0875
Leitlinien
- Salonia A et al.: European Association of Urology Guidelines on Sexual and Reproductive Health-2021 Update: Male Sexual Dysfunction. European Urology. 2021. https://doi.org/10.1016/j.eururo.2021.06.007