Einleitung
Kinderlähmung (Poliomyelitis)

Die Poliomyelitis – umgangssprachlich Kinderlähmung genannt – (Synonyme: Atrophische Spinalparalyse; abortive Poliomyelitis; akute Polioenzephalitis; akute Polioenzephalomyelitis; akute Poliomyelitis; aufsteigende progressive Poliomyelitis; Bulbär-paralytische Poliomyelitis; bulbäre Polioenzephalitis; endemische Poliomyelitis; Enzephalitis durch Poliovirus; epidemische Kinderlähmung; epidemische Poliomyelitis; Heine-Medin-Krankheit; infantile Bulbärparalyse; infantile Paralyse; infantile Spinalparalyse; Meningitis durch Poliovirus; myeloische bulbäre Polioenzephalitis; nichtepidemische Poliomyelitis; Paralysis acuta infantum; paralytische Poliomyelitis durch einheimischen Wildvirus; paralytische Poliomyelitis durch importierten Wildvirus; paralytische bulbäre Kinderlähmung; Polio; Polioenzephalitis; Polioenzephalomyelitis; Polioenzephalomyelitis anterior; Poliomyelitis anterior; Poliomyelitis anterior acuta; Poliomyelitis epidemica anterior acuta; Poliomyelitis mit Bulbärparalyse; spinale Atrophie mit akuter infantiler Lähmung; Spinale Kinderlähmung; ICD-10-GM A80.-: Akute Poliomyelitis [Spinale Kinderlähmung]) bezeichnet eine Infektion mit dem Poliovirus. Dieses Virus zählt zu den Enteroviren. Man kann die Polioviren in drei Serotypen (I, II, III) unterscheiden. Die Erreger befallen vorwiegend das Rückenmark.

Der Mensch stellt zurzeit das einzige relevante Erregerreservoir dar.

Vorkommen: Polioviren waren früher weltweit verbreitet, bevor die Weltgesundheitsorgansation (WHO) ein weltweites Eradikationsprogramm startete. Zuletzt wurde 1990 ein Fall in Deutschland gemeldet. Später kam es nur noch sehr vereinzelt zu importierten Fällen. Daneben traten bis 1998 einzelne Fälle von Impf-assoziierter Poliomyelitis auf. Durch den Einsatz eines neuen Impfstoffes konnte diese Komplikation ausgeschlossen werden. Seit 2002 hat die WHO Europa als poliofrei erklärt. 2015 hat die WHO zwei Fälle von Polio in der Ukraine bestätigt.
Heute gibt es nur noch wenige Länder, in denen die Poliomyelitis endemisch vorkommt. Dazu zählen vor allem Afghanistan, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien.

Um die Kontagiosität mathematisch zu quantifizieren, wurde der sogenannte Kontagiositätsindex (Synonyme: Kontagionsindex; Infektionsindex) eingeführt. Er gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine nicht-immune Person nach dem Kontakt mit einem Krankheitserreger infiziert wird.
Der Kontagiositätsindex für Poliomyelitis liegt bei 0,1, das heißt, dass 10 von 100 ungeimpften Personen nach dem Kontakt mit einem Poliomyelitis-Infizierten infiziert werden.
Manifestationsindex: Ca. 1-(5) Prozent der Poliomyelitis-Infizierten erkranken an typischen Lähmungserscheinungen.

Die Übertragung des Erregers (Infektionsweg) erfolgt durch Schmierinfektion (fäkal-oral: Infektionen, bei dem mit dem Stuhl (fäkal) ausgeschiedene Erreger über den Mund (oral) aufgenommen werden), z. B. über kontaminiertes Trinkwasser und kontaminierte Lebensmittel.

Die Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung) beträgt zwischen 3 und 35 Tagen.

Man kann verschiedene Verlaufsformen der Poliomyelitis unterscheiden:

  • Nichtparalytische Myelitis – hierbei kommt es nach einer abortiven Poliomyelitis zu einer Meningitis (Hirnhautentzündung)
  • Paralytische Myelitis – schwerste Form der Poliomyelitis; hierbei kommt es nach den Symptomen der nichtparalytischen Myelitis zu Paresen (Lähmungen) und schweren Rücken- und Muskelschmerzen; diese Form kann man wiederum in eine spinale, bulbopontine und eine enzephalitische Form unterscheiden (siehe Symptome)
  • Abortive Poliomyelitis – zeigt sich mit Symptomen eines grippalen Infektes; es kommt nicht zu Symptomen am zentralen Nervensystem (ZNS)

Von diesen Formen zu unterscheiden ist das sogenannte Post-Polio-Syndrom. Dabei kommt es viele Jahre nach der primären Infektion zur Zunahme der Lähmungen.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend bei Kindern im Alter zwischen 3 und 8 Jahren auf.

Die Dauer der Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) besteht solange wie das Virus ausgeschieden wird. Die Ausscheidung des Virus mit dem Stuhl beginnt nach 72 Stunden und kann bis zu 6 Wochen andauern.

Verlauf und Prognose: Mehr als 90 % der Polioinfektionen verlaufen asymptomatisch (ohne erkennbare Symptome). Nur etwa 1 % der symptomatischen Erkrankungen enden in der "klassischen" Kinderlähmung, der paralytischen Myelitis. Sind die Atemmuskeln von den Paresen (Lähmungen) betroffen, sterben die Erkrankten.
Weiteres zum Verlauf siehe oben unter "Verschiedene Verlaufsformen der Poliomyelitis".

Die Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) der paralytischen Myelitis beträgt 2 bis 20 %.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Poliomyelitis ist verfügbar. 

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Die Meldung hat bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod namentlich zu erfolgen. Als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung, außer wenn traumatisch bedingt.

 


     
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