Einleitung
Sprechstörungen/Sprachstörungen

Sprech- und Sprachstörungen – umgangssprachlich Sprachentwicklungsstörungen genannt – (Synonym: Sprachfehler; ICD-10-GM R47.-: Sprech- und Sprachstörungen, andernorts nicht klassifiziert) können angeboren oder erworben sein und durch eine Vielzahl von Erkrankungen bedingt sein.

Sprechstörungen bezeichnen die beeinträchtigte Artikulation der Sprache.
Man kann Störungen des Redeflusses von Störungen der Sprechmotorik unterscheiden.

Zu den Störungen des Redeflusses zählen:

  • Logophobie ‒ bezeichnet die Sprechangst des Sprachgestörten
  • Mutismus (ICD-10-GM F94.0: Elektiver Mutismus) ‒ Stummheit bei intaktem Sprechorgan; vor allem bei Depression, Demenz, Stupor (Antriebstörung; Zustand mit vollständigem Aktivitätsverlust bei ansonsten wachem Bewusstseinszustand)
  • Poltern (ICD-10-GM F98.6: Poltern) ‒ überhastetes und undeutliches Reden
  • Stottern (ICD-10-GM F98.5: Stottern [Stammeln])

Zu den Störungen der Sprechmotorik zählen:

  • Dysarthrie (ICD-10-GM R47.1: Dysarthrie und Anarthrie) ‒ erworbene Sprechstörung, die durch eine Störung der Sprechmotorik bedingt ist; die Sprache wird undeutlich und "verwaschen"; Dysarthrien gehören zu den häufigsten neurogenen Kommunikationsstörungen [1]
  • Dysglossie ‒ Störung des Sprechens, die durch Anomalien der Zunge, des Gaumens etc. bedingt ist
  • Dyslalie (Stammeln)

Sprachstörungen bezeichnen die Störung der Bildung der Sprache.

Man kann die folgenden Formen von Sprachstörungen unterscheiden:

  • Akustische Agnosie ‒ hier liegt eine Störung des Erkennens der Akustik trotz intakter Wahrnehmung vor
  • Alalie ‒ artikulierte Sprachbildung ist nicht möglich
  • Aphasie (ICD-10-GM G31.0: Umschriebene Hirnatrophie) ‒ jede erworbene Störung der Sprache nach Abschluss des Spracherwerbs, die durch eine Herdschädigung im Großhirn bedingt ist; circa 80 % der Aphasien sind durch zerebrovaskuläre Erkrankungen wie den Apoplex (Schlaganfall) bedingt; derzeit leiden circa 70.000 Schlaganfallpatienten an einer Aphasie
    Symptomatik: Betroffen sind Phonologie (Lautstrukturen; Auftreten von phonematischen Paraphasien), Morphologie (Wortbildung; falsche oder fehlende Deklinations-/Konjugationsendungen), Semantik (Bedeutung), Syntax (Grammatik/Satzbildung) und Pragmatik (sprachliches Handeln) [2].
  • Dysgrammatismus ‒ Sprachstörung, die mit Fehlern in der Grammatik einhergehen
  • Dyslogie ‒ Sprachstörung, die durch eine Intelligenzminderung bedingt ist
  • Dysphasie (Sprachausdrucksstörung)
  • Dysphrasie ‒ erworbene Sprachstörung, die mit Sprachtempo- und Sprachrhythmusstörungen imponiert 
  • Hörstummheit (Audimutitas; Lautstummheit) – der Patient kann hören, aber sich nicht lautsprachlich artikulieren, d. h., nicht sprechen 
  • Neurotischer Mutismus – Stummheit bei intaktem Sprechorgan: die durch partielles (die Betroffenen sprechen nur mit bestimmten Personen) bzw. totales Schweigens gekennzeichnet ist; kann auftreten bei Neurosen, heftigen Gemütsbewegungen, psychogenem Stupor, Schrecklähmungen etc.
  • Taubstummheit – Unfähigkeit, zu hören und sich lautsprachlich ausdrücken zu können

Sprech- und Sprachstörungen können Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter "Differentialdiagnosen").

Eine Sprachentwicklungsverzögerung liegt vor, wenn ein mindestens 6‑monatiger sprachlicher Rückstand vor dem 36. Lebensmonat nachweisbar ist.
Beachte: Ein Kind mit über 3 Jahren verfügt über einen Wortschatz von mindestens 500 Wörtern.

Die 10. Ausgabe der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10-GM, [1]) klassifiziert die umschriebenen Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache (UESS; F80.-: Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache) wie folgt:

  • Artikulationsstörung (ICD-10-GM F80.0)
  • Expressive Sprachstörung (ICD-10-GM F80.1) 
  • Rezeptive Sprachstörung (vF80.2). 

Details dazu s. u. Klassifikation.

Die Prävalenz für Sprachentwicklungsstörungen liegt weltweit bei 6-8 %.
Auf Grundlage von Versicherungsdaten der Kaufmännischen Krankenkasse KKH sind 8 % der Heranwachsenden von Sprach- und Sprechstörungen betroffen – etwa jeder elfte Junge und jedes siebzehnte Mädchen. Im Alter von sechs bis zehn Jahren hat ca. 14 % eine Sprechstörung (Stand: 2010).

Literatur

  1. S1-Leitlinie: Neurogene Sprechstörungen (Dysarthrien). (AWMF-Registernummer: 030-103), Juni 2018 Langfassung
  2. Grötzbach H, Schneider B, Wehmeyer M. Aphasie: Wege aus dem Sprachdschungel; mit 43 Tabellen. 5th ed. Berlin [u.a.]: Springer; 2012.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Sprachentwicklungsstörungen (SES), Diagnostik von, unter Berücksichtigung umschriebener Sprachentwicklungsstörungen (USES). (AWMF-Registernummer: 049-006),Dezember 2011 Langfassung
  2. S1-Leitlinie: Kommunikationsstörungen bei neurogenen Sprech- und Stimmstörungen im Erwachsenenalter, Funktionsdiagnostik und Therapie. (AWMF-Registernummer: 049 - 014), September 2014 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Redeflussstörungen, Pathogenese, Diagnostik und Behandlung. (AWMF-Registernummer: 049 - 013), August 2016 Langfassung
  4. S1-Leitlinie: Neurogene Sprechstörungen (Dysarthrien). (AWMF-Registernummer: 030-103), Juni 2018 Langfassung

     
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