Folgeerkrankungen
Brustkrebs (Mammakarzinom)

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch ein Mammakarzinom mit bedingt sein können:

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Hämolytische Anämie – Form der Anämie, die durch einen gesteigerten Abbau bzw. Zerfall (Hämolyse) der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) gekennzeichnet sind und der durch eine Mehrproduktion im roten Knochenmark nicht mehr ausgeglichen werden kann.
    Ursache: thrombotische Mikroangiopathie (TMA; Bildung von Thromben/Blutgerinnsel in kleinsten Blutgefäßen) mit Knochenmarkmetastasen durch ein rezidiviertes Mammakarzinom/Wiederauftreten der Brustkrebs (nach über 20 Jahren) [22]

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Diabetes mellitus – die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) ist für postmenopausale Frauen mit Mammakarzinom moderat erhöht [1]
  • Hypercalcämie (Calciumüberschuss) wg. Tumorhypercalcämie (Tumorinduzierte Hypercalcämie, TIH)

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung) (2-fach erhöhtes Risiko; bei linksseitigem Mammakarzinom und Strahlentherapie) [20]
  • Lymphödem (nach Mastektomie/Brustentfernung); Risikofaktoren: Body-Mass-Index > 30, Körbchengröße (Cup C und mehr), Ausmaß der Operation, Zahl der resezierten Lymphknoten, Lage des Tumors im oberen äußeren Quadranten, Hypertonus (Bluthochdruck)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektionen durch Schwächung der Abwehr

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Rezidivs (Wiederauftreten) eines Mammakarzinoms
    • in der kontralateralen ("in der gegenüberliegenden Seite") Brust; unabhängiger Risikofaktor dafür ist die Dichte der Brust (Risikoverhältnis um 80 % erhöht; versus niedrigere Dichte) [9]
    • in der ipsilateralen ("auf der gleichen Seite") Brust
    • Carcinoma en Cuirasse (Cuirasse, französisch für Panzer; "Panzerkrebs") –  seltene Form kutaner Tumormetastasen (Tochtergeschwülste in der Haut)
      Beachte: Hautmanifestationen können auch von Lungen-, Nieren- und gastrointestinalen Tumoren/Magen-Darm Tumoren stammen.
  • Zweitkarzinome
    • Malignes Melanom (Primärmelanom) (5,13-fache standardisierte Inzidenzrate als Verhältnis der beobachteten zu der erwarteten Tumorhäufigkeit) [7]
    • Metastasen (Tochtergeschwülste), nicht näher bezeichnet (typische Lokalisation: Gehirn, Knochen (ca. 70 % aller Patienten mit metastasierten Karzinomen haben Knochenmetastasen), Lunge, Pleura/Lungenfell, Leber)
    • Schilddrüsenkarzinom (55 % erhöhtes Risiko) [6]
    • Auftreten weiterer Tumorerkrankungen wie beispielsweise eines Ovarialkarzinoms (Eierstockkrebs), eines Endometriumkarzinoms (Gebärmutterkrebs) oder einer akuten Leukämie (Blutkrebs). Das erhöhte Risiko für eine Leukämie besteht nur im Falle einer erfolgten Chemotherapie des Mammakarzinoms.
    • Je höher der Body-Mass-Index (BMI; Körpermasse-Index) von Patientinnen mit Mammakarzinom, desto größer ist das Risiko für ein zweites Primär-Malignom/weitere Tumorerkrankung (7 % je Zunahme des BMI um 5 kg/m2); bei Reduktion auf Adipositas-assoziierte Malignome (s. o.), erhöhte sich das Risiko um 13 %; für ein Östrogenrezeptor-positives Mammakarzinom stieg das Risiko um 15 % [19].

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Ängste
  • Chemobrain – kognitive Einschränkungen, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit (geschilderte Beschwerden von Patienten mit Brustkrebs und Chemotherapie); in der akuten Phase nach Therapieende besteht eine deutliche Assoziation mit den selbst berichteten Symptomen; im Laufe der Monate und Jahre scheinen diese sich abzuschwächen [18].
  • Depression
  • Fatigue-Syndrom (Erschöpfungssyndrom) – bes. nach Radiatio (Strahlentherapie) und/oder Chemotherapie

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)   

  • Aszites (Bauchwassersucht) 
  • Phantomschmerzen der Brust
  • Schmerzen, neuropathische (vor allem im Gebiet des chirurgischen Eingriffs) [4]

Weiteres

  • Funktionelle Einbußen bei Frauen über 65 Jahre nach einer adjuvanten Chemotherapie: einen relevanten Funktionsverlust haben [14]:
    • 42 % der Patienten direkt nach einer Chemo 
    • 30 % der Patienten nach einem Jahr Chemo

Prognosefaktoren

  • Schwangerschaft: 
    • In einer retrospektiven bevölkerungsbezogenen Kohortenstudie zeigten die Gesamtüberlebensraten schwangerer sowie nichtschwangerer Brustkrebspatientinnen keinen Unterschied. Die Tumorcharakteristika waren jedoch insgesamt ungünstiger:
      • häufiger Stadium II bis IV (77,8 % vs. 71,5%, p < 0,001)
      • häufiger nodal positiv (52,1 % vs. 47,7 %, p = 0,02)
      • häufiger ER-negativ (36,5 % vs. 23,2 %, p < 0,001) und triple-negativ (27,3 % vs. 16,8 %, p = 0,001)
      Beachte: Eine besonders günstige 5-Jahres-Überlebensrate mit 96,7 % (95 %-KI 94,1 %-99,3 %) wiesen Frauen auf, die sich erst nach der Diagnose für ein Kind entschieden und mindestens sechs Monate abgewartet hatten [10].
    • Schwangerschaft oder assistierte Reproduktion (ART) waren in einer US-Studie mit rund 30.000 Brustkrebs-Patientinnen nicht mit schlechteren Überlebenschancen assoziiert [21].
  • BRCA1 oder -2 Mutationen: Frauen, die vor dem 40. Lebensjahr an einem Mamma­karzinom erkrankten, hatten keine schlechtere Prognose, wenn bei ihnen Mutationen in den Brustkrebsgenen BRCA1 oder -2 nachgewiesen wurden [13].
  • Es wurde festgestellt, dass die Expression von FGFR1 (Fibroblast growth factor receptor 1) bei Personen mit TNBC (Triple-negative breast cancer; tripelnegativen Mammakarzinom, d. h. es fehlen der Östrogenrezeptor (estrogen receptor, ER), der Progesteron-Rezeptor (progesterone receptor, PR) und HER2/neu) unabhängiger Prognosefaktor für das Gesamtüberleben ist [3]. Häufigkeit: ca. 15 % der Mammakarzinome
  • Ernährung: Rotes Fleisch vom Grill oder aus dem Barbecue-Smoker vor oder nach der Brustkrebs-Behandlung kann die Mortalität (Sterberate) erhöhen (+ 31 %) [8]. Fazit: Patienten mit Mammakarzinom sollten den Verzehr von gegrillten und geräucherten roten Fleischwaren meiden.
  • Ehemalige und gegenwärtige Raucherinnen mit Mammakarzinom wiesen in einer Studie, im Vergleich zu Patienten, die noch nie geraucht hatten, eine niedrigere Überlebensrate auf [2].
  • Adipositas (Fettsucht) – Acetyl-CoA-Carboxylase 1-abhängige Protein-Acetylierung kontrolliert Brustkrebsmetastasen und -rezidiv [12]
  • Diabetes mellitus steht mit einem erhöhten Rezidivrisiko (Wiederauftreten der Erkrankung) in Verbindung. Dieses Risiko ist bei Personen, die eine Insulintherapie erhalten, womöglich noch höher.
    • Metformin verringert womöglich die Gesamtmortalität (Gesamtsterberate) von Mammakarzinom-Patienten [4].
    • Patienten mit HER2-positivem Mammakarzinom und Diabetes mellitus profitierten von einer Behandlung mit Metformin; wenn Diabetikerinnen mit Hormonrezeptor-positiven Tumoren nicht mit Metformin behandelt wurden, klettert das Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) sogar auf das Dreifache [11].
  • Acetylsalicylsäure (ASS): bei einigen Brustkrebspatienten ist die Einnahme von ASS mit einem längeren Überleben verbunden; eine Studie konnte nachweisen, dass Frauen, die vor der Diagnose ASS eingenommen hatten, und deren DNA im Bereich der BRCA1- und des PR-Promotors nicht methyliert war und die zudem eine globale Hypermethylierung von LINE-1 aufwiesen seltener an einem Mammakarzinom oder einer anderen Ursache starben als Frauen, die zwar ASS eingenommen hatten, deren BRCA1-Promotor aber Methylierung aufwies. Der Nachweis eines methylierten BRCA1-Promotor ging mit einer gesteigerten Gesamtmortalität um 67 % einher [17].
  • Feinstaub – Anstieg der Mortalität (Sterberate) bei Stadium-I-Tumoren (unabhängig vom Lebensstil und anderen Faktoren) bei hohen PM2,5-Werten: signifikant erhöhte Brustkrebsmortalität; diese stieg pro 10 μg/m3 um 64 Prozent [15].

Prädiktive Faktoren für invasive Rezidive nach der Diagnose duktale In-situ-Mammakarzinome (DCIS) [16]

  • Entdeckung des DCIS durch Palpation (Abtasten) (+84 % = relatives Risiko für ein Rezidiv stieg um 84 %)
  • Positive Exzisionsränder (+63 %),
  • Diagnose vor der Menopause (weibliche Wechseljahre; Zeitpunkt der letzten Regelblutung) (+59 %)
  • Hohe Expression des Tumorsuppressors p16 (+51 %)
  • Afroamerikanische Abstammung (+43 %)
  • Histologisch feingeweblich) schlecht differenziertes Karzinom (+36 %)

Literatur

  1. Lipscombe LL, Chan WW, Yun L et al.: Incidence of diabetes among postmenopausal breast cancer survivors. Diabetologica 2012; e-pub before print: doi 10.1007/s00125- 012-2793-9
  2. Padron-Monedero A et al.: Smoking and survival in female breast cancer patients. Breast Cancer Res Treat. 2015 Apr;150(2):395-403. doi: 10.1007/s10549-015-3317-3. Epub 2015 Feb 28.
  3. Cheng CL et al.: Expression of FGFR1 is an independent prognostic factor in triple-negative breast cancer. Breast Cancer Res Treat. 2015 May;151(1):99-111. doi: 10.1007/s10549-015-3371-x. Epub 2015 Apr 14.
  4. Calip GS et al.: Associations between diabetes medication use and risk of second breast cancer events and mortality. Cancer Causes Control. 2015 May 9.
  5. Pereira S et al.: Neurological complications of breast cancer: A prospective cohort study. Breast 2015, online 18. Juni; doi: 10.1016/j.breast.2015.05.006
  6. Nielsen SM et al.: The Breast-Thyroid Cancer Link: A Systematic Review and Meta-analysis. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev February 2016 25; 231. doi: 10.1158/1055-9965.EPI-15-0833
  7. Caini S et al.: Risk of second primary malignancies among 1537 melanoma patients and risk of second primary melanoma among 52 354 cancer patients in Northern Italy. J Eur Acad Dermatol Venereol 2016, online 18. März; doi: 10.1111/jdv.13645
  8. Parada H et al.: Grilled, Barbecued, and Smoked Meat Intake and Survival Following Breast Cancer. JNCI J Natl Cancer Inst (2017) djw299 doi: 10.1093/jnci/djw299 First published online January 4, 2017
  9. Raghavendra A et al.: Mammographic Breast Density Is Associated With the Development of Contralateral Breast Cancer. Cancer 2017, online 30. Januar; doi: 10.1002/cncr.30573
  10. Iqbal J et al.: Association of the Timing of Pregnancy With Survival in Women With Breast Cancer. JAMA Oncol 2017; online 9. März. doi: 10.1001/jamaoncol.2017.0248
  11. Sonnenblick A et al.: Impact of Diabetes, Insulin, and Metformin Use on the Outcome of Patients With Human Epidermal Growth Factor Receptor 2–Positive Primary Breast Cancer: Analysis From the ALTTO Phase III Randomized Trial. J Clin Oncol 2017, online 13. März; doi: 10.1200/JCO.2016.69.7722
  12. Garcia MR et al.: Acetyl-CoA Carboxylase 1-Dependent Protein Acetylation Controls Breast Cancer Metastasis and Recurrence. Cell Metabolism Available online 19 October 2017 https://doi.org/10.1016/j.cmet.2017.09.018
  13. Copson ER et al.: Germline BRCA mutation and outcome in young-onset breast cancer (POSH): a prospective cohort study. Lancet Oncol 2018 Published Online January 11, 2018 http://dx.doi.org/10.1016/ S1470-2045(17)30891-4
  14. Hurria A et al.: Functional Decline and Resilience in Older Women Receiving Adjuvant Chemotherapy for Breast Cancer. J Am Geriatrics Soc 2018; online August https://doi.org/10.1111/jgs.15493
  15. DuPre N et al.: Particulate Matter and Traffic-related Exposures in Relation to Breast Cancer Survival. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2019 Jan 15. pii: cebp.0803.2018. doi: 10.1158/1055-9965.EPI-18-0803
  16. Visser LL et al.: Predictors of an Invasive Breast Cancer Recurrence after DCIS: A Systematic Review and Meta-analyses Cancer Epidem. Biomar.  2019;28(5):835-45 doi: 10.1158/1055-9965
  17. Wang T et al.: Prediagnosis aspirin use, DNA methylation, and mortality after breast cancer: A population‐based study Wilwey Online Library First published: 12 August 2019 https://doi.org/10.1002/cncr.32364
  18. Wagner LI et al.: Patient-Reported Cognitive Impairment Among Women With Early Breast Cancer Randomly Assigned to Endocrine Therapy Alone Versus Chemoendocrine Therapy: Results From TAILORx Journal of Clinical Oncology 2020;38 (17):1875-1886 doi: 10.1200/JCO.19.01866
  19. Feigelson HS et al.: Body Mass Index and Risk of Second Cancer Among Women With Breast Cancer. J Natl Cancer Inst 2021; https://doi.org/10.1093/jnci/djab053
  20. Carlson LE et al.: Coronary Artery Disease in Young Women After Radiation Therapy for Breast Cancer: The WECARE Study. J Am Coll Cardiol CardioOnc. 2021;3(3):381-392
  21. Rauh-Hain JA et al.: Survival outcomes following pregnancy or assisted reproductive technologies after breast cancer: A population-based study Cancer 29 June 2022 https://doi.org/10.1002/cncr.34371
  22. Lee AI et al.: A 71-Year-Old Woman with Refractory Hemolytic Anemia. N Engl J Med 2023; 388:1032-1041; https://doi.org/10.1056/NEJMcpc2211370
     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag