Grüner Star (Glaukom) – Einleitung

Das Glaukom – umgangssprachlich Grüner Star genannt – bezeichnet eine heterogene Gruppe von Augenerkrankungen, die unbehandelt in eine charakteristische Optikusneuropathie (Erkrankung des Sehnervs) münden. Sie ist nach dem Diabetes mellitus (diabetische Retinopathie) die zweithäufigste Ursache für Erblindung in industrialisierten Ländern.

Synonyme und ICD-10: Anfallsglaukom; Aphakie-Glaukom; Augapfelhypertonie; Augenhypertension; Engwinkelglaukom; Ghost-cell-Glaukom; Glaucom; Glaucoma; Glaucoma chronicum simplex (GCS); Intraokulare Drucksteigerung; ICD-10-GM H40.-: Glaukom

Formen des Glaukoms

Ein Glaukom kann kongenital (angeboren) oder erworben sein. Eine weitere Einteilung unterscheidet zwischen primärem (die Erhöhung des Augeninnendrucks kommt nicht durch eine andere Augenerkrankung) und sekundärem Glaukom (eine andere Augenerkrankung verändert den Augeninnendruck). Außerdem wird zwischen Offenwinkel- und Engwinkelglaukomen unterschieden, basierend auf den anatomischen Gegebenheiten, durch die das Kammerwasser fließen muss.

Primäre kongenitale und infantile Glaukome

  • Primäres kongenitales (angeborenes) Glaukom
  • Infantiles Glaukom und frühes juveniles Glaukom

Sekundäre infantile Glaukome

Primäres Offenwinkelglaukom (POWG)

  • Hochdruckglaukom
  • Normaldruckglaukom (NDG): Tritt trotz normalem Augeninnendruck auf, ca. 17 % aller Glaukomformen.

Sekundäre Glaukome

  • Neovaskularisierungsglaukom
  • Pigmentdispersionglaukom
  • Pseudoexfoliationsglaukom (PEX-Glaukom)
  • Cortisonglaukom
  • Phakolytisches Glaukom
  • Entzündliches Glaukom
  • Traumatisches Glaukom
  • Glaukom bei Entwicklungsstörungen und Fehlbildungen

Primäres Winkelblock-Glaukom

Sekundäres Winkelblock-Glaukom

Zur Pathogenese (Krankheitsentstehung) dieser Glaukomformen siehe unter "Glaukom/Ursachen".

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis

Das Geschlechterverhältnis beim Glaukom zeigt einige Unterschiede je nach Glaukomform und Alter:

  • Primäres Offenwinkelglaukom (POWG): Diese häufigste Form des Glaukoms tritt in etwa gleich häufig bei Männern und Frauen auf, mit einer leichten Tendenz zu höherer Prävalenz bei Männern in höheren Altersgruppen.
  • Normaldruckglaukom (NDG): Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Studien zeigen eine Prävalenz von etwa 2:1 zugunsten der Frauen.
  • Engwinkelglaukom: Diese Form des Glaukoms tritt häufiger bei Frauen auf als bei Männern. Der Geschlechtsunterschied ist besonders in asiatischen Populationen ausgeprägt, wo Frauen etwa dreimal häufiger betroffen sind.
  • Juveniles Glaukom: Bei juvenilen Glaukomen gibt es keinen signifikanten Unterschied in der Geschlechterverteilung.

Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt mit zunehmendem Alter gehäuft auf.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): In Deutschland liegt die Prävalenz bei 1-3 %. Rund 10 % der Personen über 40 Jahre haben einen erhöhten Augeninnendruck (> 21 mmHg, okuläre Hypertension). Die Prävalenz juveniler Glaukome (Lebensalter: 2-17 Jahre) liegt bei 1 : 10.000. Für junge Erwachsene (18-39 Jahre) liegt die Prävalenz bei 1 : 625.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz eines akuten Winkelblocks beträgt 2,2-4,1 Fälle pro 100.000 Einwohner in Europa.

Verlauf und Prognose

Das Glaukom verläuft in der Regel chronisch und kann in frühen Stadien symptomlos sein. Es wird in verschiedene Formen unterteilt, die jeweils einen unterschiedlichen Verlauf haben können:

  • Primäres Offenwinkelglaukom (POWG): Dieses Glaukom entwickelt sich langsam und schleichend. Der Augeninnendruck ist erhöht, und es kommt allmählich zu einer Schädigung des Sehnervs, die zu Gesichtsfeldausfällen führt.
  • Normaldruckglaukom (NDG): Hierbei treten Sehnervenschäden trotz normalem Augeninnendruck auf. Der Verlauf ist ähnlich wie beim POWG.
  • Akutes Winkelblockglaukom: Diese Form tritt plötzlich auf und ist ein medizinischer Notfall. Es führt schnell zu starken Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und einer schnellen Verschlechterung des Sehvermögens.
  • Sekundäre Glaukome: Diese entstehen infolge anderer Augenerkrankungen oder Verletzungen und können einen variablen Verlauf haben.

Prognose

Die Prognose des Glaukoms hängt stark von der frühzeitigen Diagnose und Behandlung ab:

  • Behandelte Glaukome: Durch rechtzeitige Diagnose und adäquate Behandlung, wie Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung) oder chirurgische Eingriffe, kann die Progression (Fortschreiten) des Glaukoms verlangsamt oder gestoppt werden. Regelmäßige augenärztliche Kontrollen sind entscheidend, um den Augeninnendruck zu überwachen und das Fortschreiten der Sehnervenschädigung zu verhindern.
  • Unbehandelte Glaukome: Ohne Behandlung führt das Glaukom zur fortschreitenden Schädigung des Sehnervs, was zu irreversiblen Gesichtsfeldausfällen und letztlich zur Erblindung führen kann. Diese Schäden sind nicht mehr rückgängig zu machen.
  • Akuter Winkelblock: Der akute Winkelblock ist ein augenärztlicher Notfall, der ohne sofortige Behandlung zu einer schnellen und irreversiblen Erblindung führen kann.

Prävention und Früherkennung

  • Früherkennung: Eine Untersuchung zur Glaukom-Früherkennung wird ab dem 40. Lebensjahr empfohlen, insbesondere bei Personen mit Risikofaktoren wie familiärer Vorbelastung oder hoher Kurzsichtigkeit.
  • Lebensstil: Einige Studien haben gezeigt, dass Schlafmuster die Häufigkeit von Sehnervenschäden beeinflussen können. Menschen, die weniger als drei oder mehr als zehn Stunden pro Nacht schlafen, haben ein höheres Risiko für Glaukomschäden im Vergleich zu denen mit sieben Stunden Schlaf pro Nacht.

Insgesamt ist die Prognose des Glaukoms besser, wenn die Krankheit frühzeitig erkannt und konsequent behandelt wird. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und eine gute Compliance mit der Therapie sind entscheidend, um die Sehkraft zu erhalten.

Komorbidität (Begleiterkrankung)

Menschen, die weniger als drei oder mehr als zehn Stunden pro Nacht schliefen, zeigten dreimal häufiger Sehnervenschäden durch ein Glaukom als Probanden mit sieben Stunden Nachtruhe [4].

Literatur

  1. Finger RP, Fimmers R, Holz FG, Scholl HP: Prevalence and causes of registered blindness in the largest federal state of Germany. Br J Ophthalmol. 2011 Aug;95(8):1061-7
  2. Prokofyeva E, Zrenner E: Epidemiology of major eye diseases leading to blindness in Europe: a literature review. Ophthalmic Res. 2012;47:171-88
  3. Marx-Gross S et al.: Prävalenz des Glaukoms bei jungen Menschen. Ergebnisse aus der populationsbasierten Gutenberg-Gesundheitsstudie. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(12): 204-10; doi: 10.3238/arztebl.2017.0204
  4. Qiu M, Ramulu PY, Boland MV: Association Between Sleep Parameters and Glaucoma in the United States Population: National Health and Nutrition Examination Survey. J Glaucoma. 2019 Feb;28(2):97-104. doi: 10.1097/IJG.0000000000001169.

Leitlinien

  1. Leitlinie der BVA und DGV: Primäres chronisches Offenwinkelglaukom,Normaldruckglaukom und okuläre Hypertension. Oktober 2006. Leitlinie 15 a
  2. European Glaucoma Society: Terminologie und Leitlinien für das Glaukom. ISBN 978-88-98320-14-1, Juli 2015