Medikamentöse Therapie
Diabetische Retinopathie

Therapieziele

  • Vermeidung bzw. Verlangsamung der Progression (Fortschreiten) der diabetischen Retinopathie durch konsequente Glucose- (Blutzucker-) und Blutdruckregulation
  • Ggf. auch Senkung erhöhter Blutlipide (Blutfette)*

*Gilt laut einer internationalen Fall-Kontroll-Studie mit 2.535 Diabetes-Typ-2 Patienten nicht mehr als Risikofaktor [2]

Therapieempfehlungen

  • Leitliniengerechte Therapie des Diabetes mellitus.
  • Diabetisches Makulaödem (Schwellung der Netzhaut im Bereich der Makula) mit Foveabeteiligung: intravitreale Medikamentengabe ("in den Glaskörper hinein") primär mit VEGF-Inhibitoren (vascular endothelial growth factor; Aflibercept und Ranibizumab; Bevacizumab, Off-label-Use), wenn der morphologische Makulabefund einen positiven Effekt der IVOM (intravitreale operative Medikamentengabe) auf die Sehfähigkeit erwarten lässt (Visusuntergrenze 0,05) [1]
    Therapiebeendigung: wenn aufgrund der morphologischen und funktionellen Befunde keine Verbesserung der Sehfähigkeit mehr zu erwarten ist.
  • Intravitreale Medikamentgabe (IVOM) mit Corticosteroiden (Triamcinolonacetonid, Dexamathason-Implantat, Fluocinolonacetonid-Implantat); bei fehlendem Ansprechen der intravitrealen Therapie mit VEGF-Inhibitoren (s. u. "Weitere Hinweise) [1]
  • Bezüglich der adäquaten Pharmakotherapie des Diabetes: siehe unter Diabetes mellitus Typ 1 bzw. Diabetes mellitus Typ 2
  • Wegen Einstellung des Blutdrucks: siehe unter Hypertonie/Medikamentöse Therapie
  • Hinweis zur weiteren Therapie:
    • Neben der Behandlung des Blutzuckers und des Blutdrucks ist ebenfalls eine Behandlung der Blutlipide (soweit erhöht) empfehlenswert!
    • Siehe wg. Pharmakotherapie der Hyperlipidämie unter der jeweiligen Indikation (z. B. LDL-Cholesterinerhöhung etc.).
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Weitere Hinweise

  • Die DEGAM beurteilt den Einsatz von VEGF-Inhibitoren etwas zurückhaltender als die anderen an der Leitlinie beteiligten Fachgesellschaften und schränkt deshalb folgendermaßen ein [4]:
    • VEGF-Inhibitoren sollten als Behandlung der ersten Wahl angeboten werden, wenn Patientinnen oder Patienten mit Flüssigkeitsansammlung in der Makula und Fovea einen spürbaren Sehverlust haben.
    • Bei Patientinnen oder Patienten ohne spürbaren Sehverlust kann die Gabe von VEGF-Inhibitoren erwogen werden.
      Beachte: Gemäß einer randomisierten Studie muss ein Makulaödem nicht mittels Laserkoagulation oder Injektion von Anti-VEGF-Medikamenten behandelt werden, solange es nicht zu einer Verschlechterung des Visus gekommen ist. In der Multicenterstudie nahmen 702 Patienten mit diabetischem Makulaödem (Ansammlung extrazellulärer Flüssigkeit (Ödem) im Bereich des Gelben Flecks (Macula lutea)) und einem Visus von 20/25 oder besser Teil. Die Patienten wurden per Los drei Behandlungsstrategien zugeordnet: erste Gruppe erhielt alle 4 Wochen eine intraokulare Injektion mit Aflibercept, die zweite Gruppe erhielt eine Laserkoagulation und die dritte Gruppe diente als Kontrollgruppe. Nach 2-jähriger Studiendauer stellte sich folgendes Ergebnis dar: der primäre Endpunkt, eine Verschlechterung des Visus, trat in allen drei Gruppen gleich häufig auf.
      Fazit: Eine sofortige Anti-VEGF-Behandlung hat die Patienten möglicherweise vor Komplikationen geschützt (z. B. Augenverlust durch Endophthalmitis). Des Weiteren sei erwähnt, dass es unter der Aflibercept-Behandlung häufiger zu einem Anstieg des Augeninnendrucks kam als im Vergleich zur Kontrollgruppe (8 versus 3 %) [5].
  • Das Vorliegen einer Retinopathie stellt keine Kontraindikation (Gegenanzeige) für eine kardioprotektive Therapie  (“Herz-schützende Therapie") mit Acetylsalicylsäure (ASS) dar. Das Risiko einer retinalen Blutung (Blutung der Netzhaut) wird dadurch nicht verändert [1].
  • In einer Vergleichsstudie des US-National Eye Institute haben die VEGF-Inhibitoren Aflibercept, Bevacizumab und Ranibizumab die Sehstärke von Patienten mit diabetischem Makulaödem auch nach zwei Jahren verbessert. Bei schlechtem Ausgangsvisus erzielte Aflibercept die beste Wirkung [3].
  • Diabetisches Makulaödem und Stufentherapie: Eine Stufentherapie, die mit Bevacizumab startet und bei Bedarf auf Aflibercept wechselt, ist genauso wirksam wie eine ausschließliche Aflibercept-Therapie (Untersuchung über einen Zeitraum von zwei Jahren) [8].
  • Ranibizumab hat die EU-Zulassung zur Behandlung der proliferativen diabetischen Retinopathie (PDR) erhalten (November 2019). Der Wirkstoff zeigt eine gleich gute Wirksamkeit wie die panretinale Laserkoagulation in Bezug auf die Neovaskularisation sowie eine Verbesserung der diabetischen Retinopathie.
  • VEGF-Inhibitor Aflibercept: Dieser hat in einer randomisierten Studie das Fortschreiten der Retinaschäden in einem Frühstadium der Erkrankung verlangsamt, allerdings war ein Vorteil auf die Sehstärke der Patienten nach 2 Jahren (noch nicht?) nicht erkennbar [7].
  • Bei Patienten mit diabetischer Retinopathie nach Glaskörperblutung konnte gezeigt werden, dass wieder­holte Injek­tionen des VEGF-Inhibitors Aflibercept ein gleich gutes Ergebnis erzielen können – ohne dass mit der Photokoagulation (Therapieverfahren zur thermischen Denaturierung von Gewebe) die Netzhaut beschädigt werden muss [6].
    *Entzündung der mittleren Augenhaut (Uvea), die aus der Aderhaut (Choroidea), dem Ziliarkörper (Corpus ciliaris) und der Iris (Regenbogenhaut) besteht
  • Patienten mit einem persistierenden oder rezidivierenden Makulaödem infolge einer Uveitis*: Dexamethason ist besser geeignet als Ranibizumab oder Methotrexat (jeweils intravitreal injiziert) [9].
  • Die Therapie mit intravitrealer Medikamenteneingabe soll beendet werden, wenn aufgrund der morphologischen und funktionellen Befunde keine Verbesserung der Sehfähigkeit mehr zu erwarten ist [1].
  • SGLT2-Inhibitoren führen zu einem geringeren Risiko für eine visusbedrohende Retinopathie als [10]:
    • DPP-4i mit einer bereinigten Hazard Ratio (AHR): 0,57 (95-%-KI: 0,51–0,63),
    • Pioglitazon mit AHR: 0,75; (95-%-KI: 0,69–0,81) und
    • Sulfonylharnstoffe mit AHR: 0,62 (95-%-KI: 0,53–0,71).

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit von Herz und Gefäßen sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Magnesium)
  • Spurenelemente (Chrom, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA); Omega-6-Fettsäure: Gamma-Linolensäure (GLA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Anthocyanidine aus Heidelbeer-Extrakt, Beta-Carotin, Lutein, Traubenkern- und Olivenpolyphenole, Zeaxanthin)
  • Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), L-Carnitin)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes. (AWMF-Registernummer: nvl-001), Mai 2023 Langfassung
  2. Hammes HP, Kerner W, Hofer S et al.: Diabetic retinopathy in type 1 diabetes – a contemporary analysis of 8,784 patients. Diabetologia 2011; 54(8):1977-84, doi: 10.1007/s00125-011-2198-1.
  3. Wells JA et al.: Aflibercept, Bevacizumab, or Ranibizumab for Diabetic Macular Edema. Two-Year Results from a Comparative Effectiveness Randomized Clinical Trial. Opht June 2016Volume 123, Issue 6, Pages 1351–1359.
  4. Patienten-Leitlinie: Diabetes. Schäden an der Netzhaut: Vorbeugen und behandeln. Mai 2016. Patienten-Information zu Diabetes und Augen
  5. Baker CW et al.: Effect of Initial Management With Aflibercept vs Laser Photocoagulation vs Observation on Vision Loss Among Patients With Diabetic Macular Edema Involving the Center of the Macula and Good Visual Acuity A Randomized Clinical Trial JAMA. Published online April 29, 2019. doi:10.1001/jama.2019.5790
  6. Antoszyk AN et al.: Effect of Intravitreous Aflibercept vs Vitrectomy With Panretinal Photocoagulation on Visual Acuity in Patients With Vitreous Hemorrhage From Proliferative Diabetic Retinopathy A Randomized Clinical Trial JAMA. 2020;324(23):2383-2395. doi:10.1001/jama.2020.23027
  7. Matui K et al.: Effect of Intravitreous Anti-Vascular Endothelial Growth Factor vs Sham Treatment for Prevention of Vision-Threatening Complications of Diabetic Retinopathy The Protocol W Randomized Clinical Trial JAMA Ophthalmol. Published online March 30, 2021.
  8. Jhaveri CD et al.: Aflibercept Monotherapy or Bevacizumab First for Diabetic Macular Edema New Engl. J Med. 14, 2022 doi: 10.1056/NEJMoa2204225
  9. Acharya NR et al.: Intravitreal Therapy for Uveitic Macular Edema—Ranibizumab versus Methotrexate versus the Dexamethasone Implant The MERIT Trial Results Ophthalmology June 13, 2023 doi:https://doi.org/10.1016/j.ophtha.2023.04.011
  10. Yen FS et al.: Sodium-Glucose Cotransporter 2 Inhibitors and Risk of Retinopathy in Patients With Type 2 Diabetes JAMA Netw Open. 2023;6(12):e2348431. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.48431

Leitlinien

  1. Patienten-Leitlinie: Diabetes. Schäden an der Netzhaut: Vorbeugen und behandeln. Mai 2016. Patienten-Information zu Diabetes und Augen
  2. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes. (AWMF-Registernummer: nvl-001), Mai 2023 Langfassung

     
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