Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT)
Bei der Alanin-Aminotransferase (ALT, ALAT; auch Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT) genannt) handelt es sich um ein Enzym, welches in den Leberzellen produziert wird. ALT ist ein Marker für eine inflammatorische Schädigung des Leberparenchyms (Lebergewebe).
Die Alanin-Aminotransferase gehört wie Aspartat-Aminotransferase (AST, ASAT; auch Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT) genannt) zu den Transaminasen (Enzymgruppe). Dieses sind Enzyme, die die Übertragung von α-Aminogruppen von einem Donor- auf ein Akzeptormolekül katalysieren (Transaminierung).
ALT (GPT) ist leberspezifisch. Sie hat in der Leber eine ca. 10-fach höhere spezifische Aktivität als im Myokard (Herzmuskel) und im Skelettmuskel und liegt hauptsächlich gelöst im Zytoplasma (Zellflüssigkeit) vor. ALT ist somit geeignet als Suchenzym für Lebererkrankungen und ist nur differentialdiagnostisch von Bedeutung bei Muskelerkrankungen und beim Myokardinfarkt (Herzinfarkt).
Synonyme
- ALT
- ALAT
- GPT
- Glutamat-Pyruvat-Transaminase
- Alanine aminotransferase
Das Verfahren
Benötigtes Material
- Blutserum
Vorbereitung des Patienten
- Nicht nötig
Störfaktoren
- Hämolyse vermeiden! Diese führt zur hochpathologischen Erhöhung von ALT (ALT ist im Erythrozyten 7-fach höher als im Serum!)
- Starke Muskelarbeit
- Nahrungsergänzungsmittel, die roten Reis oder grünen Tee enthalten, können zu abnormen Veränderungen der Leberenzyme führen.
- Medikamente (siehe unter "Hepatotoxische Medikamente")
Methode
- Kinetische UV-Methode nach IFCC bei 37 °C
Normwerte
| Subgruppe | Referenzbereich ALT (U/l) | Bemerkungen |
| Frauen (Erwachsene) | 10-35 | IFCC-Standard, laborabhängig |
| Männer (Erwachsene) | 10-50 | IFCC-Standard, laborabhängig |
| Neugeborene (1. Lebensmonat) | 4-32 | altersabhängig erhöht |
| Säuglinge (2.-12. Lebensmonat) | 6-36 | physiologisch variabel |
| Kinder > 1. Lebensjahr | 5-21 | alters- und laborabhängig |
Indikationen
- Diagnostik, Differenzierung und Verlaufskontrolle bei Leber- und Gallenwegserkrankungen (Erkrankungen von Leber und Gallenwegen)
Interpretation
Interpretation erhöhter Werte
- Alkoholabhängigkeit [AST > ALT]
- Akute Durchblutungsstörung
- Akute Hepatitis (Leberentzündung) (hohe Werte) [ALT > AST]
- Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (angeborene Stoffwechselerkrankung) [ALT > AST]
- Autoimmune Hepatitis (AIH; Autoimmunhepatitis) (Autoimmunerkrankung der Leber) (insb. Frauen) [ALT > AST]
- Cholangitis (Gallenwegsentzündung)
- Cholestase (Gallenstau)
- Cholezystitis (Gallenblasenentzündung)
- Chronische Hepatitis [ALT: < 5-facher Normwert]
- Genetische Erkrankungen* wie beispielsweise muskuläre Dystrophie (Muskelerkrankung), Mukoviszidose (zystische Fibrose), progressive Muskeldystrophie, Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)
- Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) [ALT > AST]
- Infektionen (nach Auslandsreisen)
- Bakterielle Infektionen: Syphilis (Lues), Leptospiren-Infektion, Rickettsien-Infektion u. v. a. m.
- Virale Infektionen: Chikungunya-Fieber, Cytomegalie, Dengue-Fieber, Hepatitis E, HIV, infektiöse Mononukleose (Pfeiffer´sches Drüsenfieber), virales hämorrhagisches Fieber (unterschiedlicher Genese), Zika-Virus-Infektion
- Lebermetastasen (Absiedelungen von Tumoren)
- Lebertumoren (gering erhöhte Werte) (Lebergeschwülste)
- Leberzirrhose (narbiger Umbau der Leber)
- Lungenembolie (Verschluss einer Lungenarterie)
- Mononukleose (Pfeiffer´sches Drüsenfieber)
- Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit) [ALT > AST]
- Muskelerkrankungen wie beispielsweise Myositis (Muskelentzündung)
- Myokardinfarkt [ALT nur im Verlauf bedeutsam, wenn eine Rechtsherzinsuffizienz beim Myokardinfarkt vermutet wird]
- Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
- Primär biliäre Cholangitis (PBC, Synonyme: nichteitrige destruierende Cholangitis; früher primär biliäre Zirrhose) – relativ seltene Autoimmunerkrankung der Leber (betrifft in ca. 90 % der Fälle Frauen); Nachweis antimitochondrialer Antikörper (AMA)
- Steatosis hepatis (Fettleber) [nicht-alkoholische Fettleber: ALT > AST]
- Traumata (Verletzungen)
- Toxische/medikamentöse Leberschädigung (s. u. "Hepatotoxische Medikamente")
- Zöliakie (in 5-10 % der Fälle)
*Ca. 12 % der isolierten Aminotransferasen-Erhöhung einer Kinderklinik
Spezifische Konstellationen (optional)
- De-Ritis-Quotient (AST/ALT):
- < 1: typisch für akute virale oder toxische Hepatitis, meist unkomplizierter Verlauf
- > 1: Hinweis auf fortgeschrittene Lebererkrankung, Alkoholhepatitis oder Leberzirrhose
- > 2: hoch suggestiv für alkoholtoxische Leberschädigung
- ALT dominant erhöht bei normaler Gamma-GT:
- Hinweis auf primär hepatocelluläre Schädigung ohne relevante Cholestase
- ALT normal oder nur gering erhöht trotz fortgeschrittener Lebererkrankung:
- Möglich bei Leberzirrhose aufgrund reduzierter Hepatozytenmasse
- ALT-Erhöhung bei extrinsischen Ursachen:
- Intensive körperliche Belastung, Muskelerkrankungen oder Myokardschädigung (differentialdiagnostisch CK, AST berücksichtigen)
- Kombinierte Erhöhung von ALT und GLDH:
- Hinweis auf schwere hepatocelluläre Schädigung mit mitochondrialer Beteiligung
Leberwerterhöhungen und ihre Differentialdiagnosen [mod. n. 4]
| ALT (GPT) | AST (GOT) | γ-GT | AK | Differentialdiagnosen |
| ↑↑ | ↑↑ | ↑ | (↑) |
Hepatisches Bild
|
| ↑ | ↑ | ↑↑ | ↑↑ |
Cholestatisches Bild [ALT(GPT)/γ-GT < 1]
|
| ↑ | ↑ | ↑↑ | ↑ |
Nutritiv-toxisch
|
| ↑ | ↑ | (↑) | ↑ |
Toxisch
|
Legende
- GPT (Glutamat-Pyruvat-Transaminase)/ ALT (Alanin-Aminotransferase)
- GOT (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase)/ AST (Aspartat-Aminotransferase)
- γ-GT (γ-Glutamyltransferase)
- AP (alkalische Phosphatase)
Interpretation erniedrigter Werte
- Nicht krankheitsrelevant
- ALT-Wert < 17 U/l: Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit (KHK) (koronare Herzkrankheit) Erhöhung der Mortalität um 11 % (Hazard Ratio 1,11; 95 %-Konfidenzintervall 1,03-1,19; p < 0,01) [1]
Weitere Hinweise
- Die ALT (GPT) ist aufgrund seiner zytoplasmatischen Lokalisation in den Hepatozyten bereits bei einer geringen Leberschädigung serologisch nachweisbar.
- Die intraindividuelle Variation der Aminotransferasen beträgt von Tag zu Tag ca. 10-30 %; bei starker körperlicher Anstrengung können ebenfalls erhöhte Aktivitäten gemessen werden.
- In der bevölkerungsbasierten SHIP-Studie in Mecklenburg-Vorpommern wurde eine abnorm erhöhte ALT-Aktivität bei 24,6 % der untersuchten Individuen festgestellt [3].
- De-Ritis-Quotient (= AST/ALT) erlaubt bei Lebererkrankungen Rückschlüsse auf den Schweregrad der Hepatozytenschädigung:
- akute Hepatitis:
- < 1: unkomplizierter Verlauf
- > 1: komplizierter Verlauf
- > 2: alkoholische Hepatitis
- chronische Hepatitis:
- < 1 (häufig); erhöhte Werte für ALT (GPT) > 6 Monate → chronische Hepatitis
- Leberzirrhose:
- > 1 (häufig); ALT (GPT) und AST (GOT) niedrig; Abnahme von CHE-Aktivität und Albuminkonzentration
- nicht hepatisch (Trauma/Myokardinfarkt): > 1
- akute Hepatitis:
- Ca. 15 % der Patienten mit Leber- und Gallenwegserkrankungen (extrahepatischer Gallengangsverschluss, Lebermetastasen, Leberzirrhose, medikamentenbedingtem Leberschaden) zeigen keine ALT-Erhöhung.
- Die ALT (GPT) liegt hauptsächlich gelöst im Zytoplasma (85 %) vor, ist aber auch in den Mitochondrien (15 %) gebunden:
- Leichte Leberschäden → membrangebundene Gamma-GT ↑
- Mittelschwere Leberschäden → zytoplasmatische ALT (GPT) ↑ und AST (GOT) ↑
- Schwere Leberschäden → mitochondriale GLDH ↑ und AST (GOT) ↑
- Die Halbwertszeit beträgt 47 h.
Weitere Diagnostik
- Zur Bestimmung der Leberfunktion sollten immer auch Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamatdehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT), alkalische Phosphatase (AP) und Bilirubin gemessen werden. Ggf. auch Albumin und Blutbild.
Durch die simultane Bestimmung von AST, ALT und γ-GT lassen sich mehr als 95 % aller Lebererkrankungen erkennen [2].
Zur basalen Abklärung gehört außerdem zwingend eine Lebersonographie. - Eine weiterführende Diagnostik bei erhöhten Leberwerten ist indiziert, wenn:
- chronisch (> 6 Monate) bestehend
- symptomatisch
- das Dreifache der Norm überschreitend
- Hepatitis-B-Virus(HBV)-Diagnostik wird empfohlen bei Menschen mit erhöhten Leberwerten und/oder Zeichen einer Hepatitis (Leberentzündung).
- Zur basalen Abklärung bei erhöhten Leberwerten – die häufigsten Ursachen sind die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) oder der Alkoholabusus (Alkoholmissbrauch) – gehört zwingend eine Lebersonographie und ein Screening auf eine chronische Hepatitis B und C!
Literatur
- Peltz-Sinvani N et al.: Low ALT Levels Independently Associated with 22-Year All-Cause Mortality Among Coronary Heart Disease Patients. J Gen Intern Med 2016; 31: 209-214
- Dollinger MM, Fechner L, Fleig WE: Early diagnosis of liver diseases. Internist (Berl) 2005; 46: 411-20
- Baumeister SE, Volzke H, Marschall P, John U, Schmidt CO, Flessa S, Alte D: Impact of fatty liver disease on health care utilization and costs in a general population: a 5-year observation. Gastroenterology 2008; 134: 85-94
- Holstege A: Erhöhte Leberwerte. Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(22): 1640-1646 doi: 10.1055/s-0042-100041