Übergewicht (Adipositas) – Einleitung

Als Adipositas – umgangssprachlich Übergewicht genannt – (Fettleibigkeit von lat. adeps "Fett") oder auch Obesitas (Synonyme: Fettsucht; ICD-10-GM E66.-: Adipositas) wird eine übermäßige Vermehrung von Körperfett bezeichnet. Der Anteil der Fettmasse am Körpergewicht übersteigt bei Frauen 30 % und bei Männern 20 %.

Adipositas ist in Deutschland sehr weitverbreitet. Nur etwa ein Drittel der Bevölkerung hat ein ihrem Alter und ihrer Körpergröße angemessenes Gewicht.

In den europäischen Ländern wird das Normalgewicht – Sollgewicht – anhand einer Formel nach Broca ermittelt: Sollgewicht = Körpergröße (in cm) – 100 (Männer) beziehungsweise 105 (Frauen); Idealgewicht = Sollgewicht – 10 %. Wobei diese Formel bei Personen mit einer Körpergröße < 160 cm und > 180 cm nur eingeschränkt eingesetzt werden kann.

Ob ein Patient übergewichtig ist, kann besser mithilfe des Body-Mass-Index (BMI) errechnet werden: BMI [kg/m2] = Gewicht (in kg) / Körpergröße (in m)2
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
hat eine Einteilung des Übergewichtes nach dem BMI vorgenommen (s. u. Klassifikation).

Um eine Aussage treffen zu können, ob einem erhöhten BMI auch eine klinische Relevanz zukommt, muss das Körperfett des Betroffenen bestimmt werden (Messung des Taille-Hüft-Verhältnisses (Apfeltyp! Birnentyp) oder Messung des Taillenumfangs (pathologischer (krankhafter) Bauchumfang: ≥ 80 cm bei Frauen; ≥ 94 cm bei Männern)). Besonders die viszerale Fettmasse korreliert mit metabolischen („den Stoffwechsel betreffenden“) und kardiovaskulären („das Herzkreislaufsystem betreffenden“) Gesundheitsrisiken.

Geschlechterverhältnis: In jüngeren Jahren sind Männer häufiger als Frauen übergewichtig. Ab dem vierzigsten Lebensjahr überwiegt der Anteil der Frauen.

Häufigkeitsgipfel: Der stärkste Anstieg des Körpergewichts wird bei Männern zwischen dem 30. bis 40. Lebensjahr und bei Frauen zwischen dem 40. bis 50. Lebensjahr beobachtet.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) nimmt in den Industrieländern altersabhängig zu. Deutschland hat in Europa den höchsten Anteil Adipöser, gefolgt von Großbritannien und Frankreich. Die DEGS-Studie des Robert Koch-Instituts (2008-2011) zeigt, dass 67,1 % der Männer und 53 % der Frauen in Deutschland übergewichtig sind, d. h. einen BMI > 24,9 haben. 23,3 % der Männer und 23,9 % der Frauen sind adipös (BMI > 29,9), wobei in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen die größte Zunahme erfolgte.
Von den Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 3 und 17 Jahren sind in Deutschland 15 % übergewichtig (KIGGS-Studie 2003-2009). 6 % der Kinder und Jugendlichen sind adipös. Im Vergleich zu den Referenzwerten ist ein Anstieg der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen um 50 % zu verzeichnen. Wie auch bei den Erwachsenen steigt die Anzahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen mit dem Alter an: In der Gruppe der 3- bis 6-Jährigen sind 9 % übergewichtig, bei den 7- bis 10-Jährigen sind es 15 %. 17 % der 14- bis 17-Jährigen haben ein erhöhtes Körpergewicht.

Laut Daten des Berliner Robert Koch-Instituts (RKI) sind rund 23 Prozent aller Männer und Frauen stark übergewichtig:  ca. 17 Prozent haben eine Adipositas Grad 1 mit einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 30 und 35, fünf Prozent eine Adipositas Grad 2 mit einem BMI zwischen 35 und 40 und zwei Prozent eine Adipositas Grad 3 mit einem BMI von über 40 (2019/2020).

Verlauf und Prognose

Verlauf

Der Verlauf der Adipositas ist häufig chronisch und progressiv. Einmal etabliert, neigt Adipositas dazu, im Laufe der Zeit zuzunehmen, insbesondere wenn keine wirksamen Maßnahmen zur Gewichtskontrolle ergriffen werden. Zu Beginn der Erkrankung steht oft ein allmählicher Anstieg des Körpergewichts, häufig ausgelöst durch eine Kombination von genetischen, metabolischen und umweltbedingten Faktoren. Mit zunehmendem Gewicht kommt es zu einer Reihe von metabolischen Veränderungen, die den Zustand weiter verschlechtern und das Risiko für Begleiterkrankungen erhöhen.

Adipositas kann in verschiedenen Lebensphasen unterschiedliche Schweregrade annehmen. Häufig wird ein starker Anstieg des Körpergewichts in bestimmten Altersgruppen beobachtet, wie bei Männern zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr und bei Frauen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Ohne Interventionen kann Adipositas zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Komplikationen führen, darunter Typ-2-Diabetes, Hyperlipidämien (Fettstoffwechselstörungen), kardiovaskuläre Erkrankungen, Gelenkprobleme und bestimmte Krebsarten.

Prognose

Die Prognose für Menschen mit Adipositas ist stark abhängig von der Fähigkeit, das Körpergewicht zu kontrollieren und die damit verbundenen Komorbiditäten zu managen. Adipositas ist mit einer verkürzten Lebenserwartung verbunden, da Übergewicht selbst Alterungsprozesse beschleunigt und die Entstehung zahlreicher Folgeerkrankungen fördert. Studien zeigen, dass übergewichtige Personen ab dem 40. Lebensjahr im Vergleich zu gleichaltrigen Normalgewichtigen ein um ca. vier Jahre verkürztes Leben haben [1].

Die beste Prognose haben Patienten, die eine nachhaltige Gewichtsreduktion durch eine Kombination aus Ernährungsumstellung, körperlicher Aktivität und Verhaltensänderungen erreichen. Erst wenn diese Maßnahmen keinen ausreichenden Erfolg zeigen, sollten Pharmakotherapie oder chirurgische Eingriffe in Erwägung gezogen werden.

Übergewicht und insbesondere viszerale Adipositas sind stark mit kardiovaskulären und renalen Erkrankungen sowie Typ-2-Diabetes verknüpft. Ein gut durchgeführtes Gewichtsmanagement kann das Risiko für diese Begleiterkrankungen erheblich senken und somit die Lebenserwartung und Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Das „cardiovascular-kidney-metabolic“ (CKM) Syndrom, definiert durch die American Heart Association (AHA), unterstreicht die Notwendigkeit integrierter Präventions- und Behandlungsstrategien [2].

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine frühzeitige und konsequente Behandlung der Adipositas die beste Chance bietet, die Progression der Erkrankung zu verlangsamen, Begleiterkrankungen zu vermeiden und die Prognose der Betroffenen zu verbessern.

Literatur

  1. Bhaskaran K et al.: Association of BMI with overall and cause-specific mortality: a population-based cohort study of 3·6 million adults in the UK. Lancet Diabetes & Endocrinology published:October 30, 2018 doi:https://doi.org/10.1016/S2213-8587(18)30288-2
  2. Ndumele CE et al.: Cardiovascular-Kidney-Metabolic Health: A Presidential Advisory From the American Heart Association Circulation 9 Oct 2023 https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000001184Circulation. 2023;0

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Prävention und Therapie der Adipositas. (AWMF-Registernummer: 050-001), April 2014 Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 088-001), Februar 2018 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Therapie und Prävention der Adipositas im Kindes- und Jugendalter. (AWMF-Registernummer: 050-002), August 2019 Langfassung
  4. Grunwald E. et al.: AGA Clinical Practice Guideline on Pharmacological Interventions for Adults With Obesity. Gastroenterology Vol. 163. Iss. 5, 1198 - 1225. November 2022. doi.org/10.1053/j.gastro.2022.08.045