Strahlenerkrankung des Dünndarmes (Strahlenenteritis) – Labordiagnostik

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Kleines Blutbild – Anämie (Blutarmut) [↓ Hämoglobin, ↓ Hämatokrit] bei chronischer Blutung oder Malabsorption (mangelhafte Aufnahme von Nährstoffen im Darm); Leukozytose (erhöhte Zahl weißer Blutkörperchen) [↑] bei sekundärer bakterieller Infektion (Zusatzinfektion durch Bakterien)
  • Differentialblutbild – Eosinophilie (erhöhte Zahl bestimmter weißer Blutkörperchen) [↑] bei parasitärer Koinfektion (gleichzeitiger Wurmbefall), Lymphopenie (Mangel an Lymphozyten) [↓] bei Strahlenexposition (Strahleneinwirkung)
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) [↑] bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) [↑] bei entzündlicher Aktivität oder bakterieller Superinfektion (Überinfektion)
  • Elektrolyte – Natrium, Kalium; Störungen infolge Malabsorption (mangelhafte Aufnahme im Darm), Diarrhö (Durchfall) oder Erbrechen
  • Pankreasparameter – Amylase, Elastase (im Serum und Stuhl), Lipase; bei begleitender Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) oder strahleninduzierter Pankreasinsuffizienz (Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse)
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT); zur Beurteilung möglicher strahlenbedingter Leberschädigung (v. a. bei Mitbestrahlung des Oberbauches)
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance; zur Beurteilung der renalen Funktion (Nierenfunktion) bei Mitbestrahlung der Nierenregion oder nephrotoxischer (nierenschädigender) Chemotherapie
  • Stuhluntersuchung – qualitative und quantitative Beurteilung (Fett, Eiweiß, okkultes Blut) bei Verdacht auf Malabsorption oder okkulte Blutverluste (nicht sichtbare Blutungen)
  • Stuhlkultur – mikrobiologischer Erregernachweis bei infektiöser Differenzialdiagnose (Abklärung einer Infektion):
    • Campylobacter spp., Salmonella spp., Shigella spp., Yersinia enterocolitica, Clostridium difficile, pathogene E. coli (EHEC, EPEC, ETEC), Staphylococcus aureus, Candida spp.
  • Antigennachweise (Parasiten, Viren, Toxine) – bei akuter oder persistierender Diarrhö (anhaltender Durchfall) zur Abgrenzung infektiöser Ursachen:
    • Adenovirus- und Rotavirus-Antigennachweis
    • Clostridium difficile-Toxin A/B, Antigen oder PCR (Polymerase-Kettenreaktion)
    • Verotoxin/Shigatoxin (enterohämorrhagische E. coli)
  • Parasitologische Diagnostik (mikroskopisch oder molekularbiologisch) – Wurmeier, Lamblien, Amöbenzysten (Zysten der Amöben), Cryptosporidien, Mikrosporidien (insbesondere bei immunsupprimierten Patienten mit geschwächtem Immunsystem)
  • Calprotectin im Stuhl [↑] – zur Differenzierung entzündlicher von funktionellen Diarrhöformen (Durchfallarten) und zur Aktivitätsbeurteilung
  • α1-Antitrypsin-Clearance – zur Objektivierung eines enteralen Eiweißverlusts (Eiweißverlust über den Darm)
  • Vitamin B12 und Folsäure – bei chronischer Strahlenenteritis (strahlenbedingte Darmentzündung) mit Malabsorption
  • Ferritin, Transferrin, Eisen – zur Beurteilung eines chronischen Blutverlusts oder Eisenmangels

Red Flags (Warnzeichen) bei Strahlenenteritis

Klinische Warnzeichen

  • Akuter Blutabgang aus dem Rektum (Mastdarm) – Zeichen einer Mukosaschädigung (Schleimhautschädigung), Ulzeration (Geschwür) oder Blutung aus strahlenbedingten Gefäßläsionen (Gefäßschäden)
  • Hämatochezie (frisches Blut im Stuhl) oder Teerstuhl (schwarzer, teerartiger Stuhl) – Hinweis auf aktive Blutung aus Strahlenulzera (strahlenbedingte Geschwüre) oder Tumorrezidiv (Wiederauftreten eines Tumors)
  • Rasch progrediente Anämie (Blutarmut) – Zeichen chronisch-okkulten (nicht sichtbaren) oder manifesten (sichtbaren) Blutverlusts
  • Persistierende Diarrhö (anhaltender Durchfall) (> 10 Tage) trotz symptomatischer Therapie – Hinweis auf schwere mukosale Schädigung (Schleimhautschädigung) oder bakterielle Superinfektion (Zusatzinfektion durch Bakterien)
  • Fieber > 38,5 °C, Schüttelfrost – Verdacht auf bakterielle Superinfektion (Zusatzinfektion durch Bakterien) oder Sepsis (Blutvergiftung)
  • Dehydratationszeichen (Austrocknungssymptome wie trockene Schleimhäute, niedriger Blutdruck, schneller Puls) – Folge massiver Flüssigkeits- und Elektrolytverluste
  • Starke Bauchschmerzen, Abwehrspannung, Peritonismus (Bauchfellentzündung) – Verdacht auf Darmperforation (Darmdurchbruch) oder Strahlenulcus (strahlenbedingtes Geschwür) mit Peritonitis (Entzündung des Bauchfells)
  • Zeichen des paralytischen (Funktionsstillstand des Darms) oder mechanischen Ileus (Darmverschluss) (aufgetriebener Bauch, fehlender Stuhl- und Windabgang, Erbrechen) – durch Strahlenfibrose (strahlenbedingte Bindegewebsvermehrung), Adhäsion (Verwachsung) oder Tumorrezidiv (Wiederauftreten eines Tumors)
  • Gewichtsverlust > 10 % innerhalb von 3 Monaten – Folge von Malabsorption (mangelhafte Aufnahme von Nährstoffen im Darm), enteralem Eiweißverlust (Eiweißverlust über den Darm) oder Tumorprogression (Fortschreiten eines Tumors)
  • Stuhlinkontinenz (unwillkürlicher Stuhlabgang), imperativer Stuhldrang (dringender, kaum zu kontrollierender Stuhldrang) – Zeichen neurogener Schädigung (Nervenschädigung) des Plexus myentericus (Darmnervengeflecht) nach Strahlenexposition (Strahleneinwirkung)

Laborchemische Warnzeichen

  • Hämoglobin (roter Blutfarbstoff) [↓] und Hämatokrit (Anteil der festen Blutbestandteile) [↓] – Anämie (Blutarmut) bei Blutverlust oder chronischer Entzündung
  • Leukozyten (weiße Blutkörperchen) [↑], Neutrophile (bestimmte Untergruppe weißer Blutkörperchen) [↑] – bakterielle Superinfektion (Zusatzinfektion durch Bakterien), Sepsis (Blutvergiftung)
  • Lymphozyten (Untergruppe weißer Blutkörperchen) [↓] – strahleninduzierte Immunsuppression (durch Strahlung verursachte Abwehrschwäche)
  • CRP (C-reaktives Protein) [↑], BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) [↑] – Entzündungsaktivität oder Superinfektion (Überinfektion)
  • Natrium [↓], Kalium [↓] – Elektrolytverluste infolge Diarrhö (Durchfall) und Erbrechen
  • Kreatinin [↑], Harnstoff [↑] – Zeichen prärenaler Azotämie (Funktionsstörung der Nieren infolge Flüssigkeitsmangel) durch Dehydratation (Austrocknung)
  • Albumin (Bluteiweiß) [↓], Gesamteiweiß [↓] – Hinweis auf enteralen Eiweißverlust (Eiweißverlust über den Darm) oder Malnutrition (Mangelernährung)
  • Calprotectin im Stuhl [↑] – aktive mukosale Entzündung (Schleimhautentzündung)
  • Vitamin B12 (Cobalamin) [↓], Folsäure [↓], Ferritin [↓] – Malabsorptionssyndrom (Aufnahmestörung von Nährstoffen) oder chronischer Blutverlust