Strahlenerkrankung des Dünndarmes (Strahlenenteritis) – Einleitung

Bei der Strahlenenteritis (Synonyme: Bestrahlungsschaden; Komplikation durch Strahlenbehandlung; Strahlenerkrankung des Dünndarmes; strahleninduzierte Enteropathie; ICD-10-GM T66: Nicht näher bezeichnete Schäden durch Strahlung) handelt es sich um eine Entzündung des Darmes, die durch Radiatio (Strahlentherapie) am Abdomen (Bauchraum) oder Becken aufgrund eines Tumorleidens verursacht wurde.

Der Magen-Darm-Trakt zählt zu den mäßig strahlenempfindlichen Organsystemen, die Stammzellen des Dünndarmepithels jedoch zu den hoch strahlensensiblen Geweben.

Formen der Strahlenenteritis

Akute Strahlenenteritis

  • Definition: Entzündung des Darms, die kurz nach der Strahlentherapie auftritt.
  • Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall, Gewichtsverlust, Müdigkeit.
  • Zeitpunkt: Tritt typischerweise innerhalb von Tagen bis Wochen nach Beginn der Strahlentherapie auf.
  • Dauer: In der Regel selbstlimitierend, kann aber mehrere Wochen andauern.

Chronische Strahlenenteritis

  • Definition: Langfristige Entzündung und Schädigung des Darms, die Monate bis Jahre nach der Strahlentherapie auftritt.
  • Symptome: Chronische Bauchschmerzen, Durchfall, Gewichtsverlust, Blutungen, Darmverschluss, Malabsorption.
  • Zeitpunkt: Kann Monate bis Jahre nach Abschluss der Strahlentherapie auftreten.
  • Komplikationen: Strikturen (Verengungen), Fisteln (unnatürliche Verbindungen zwischen Darm und anderen Organen), Ulzerationen (Geschwüre), erhöhte Infektionsgefahr.

Epidemiologie

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) bei Bestrahlungen von Becken- oder Bauchorganen liegt, 5 Tage nach Beginn, bei 80 % (in Deutschland). Bei Tumoren der Beckenorgane sind besonders das Ileum (Krummdarm) und die distalen (entfernten) Abschnitte des Kolons (Dickdarms) betroffen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Frühes Stadium (akute Strahlenenteritis)
    • Beginn: Innerhalb von Tagen bis Wochen nach Beginn der Strahlentherapie.
    • Symptome: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall.
    • Mechanismus: Direkte Schädigung der Mukosazellen (Schleimhautzellen) des Dünn- und Dickdarms durch ionisierende Strahlung.
    • Behandlung: Symptomatische Therapie, einschließlich Flüssigkeitszufuhr, Ernährung, und medikamentöser Behandlung zur Linderung von Übelkeit und Durchfall.
  • Spätes Stadium (chronische Strahlenenteritis)
    • Beginn: Monate bis Jahre nach Abschluss der Strahlentherapie.
    • Symptome: Chronische Bauchschmerzen, anhaltender Durchfall, Gewichtsverlust, Blutungen, Darmverschlüsse.
    • Mechanismus: Langfristige Schädigung und Narbenbildung in der Darmwand, die zu strukturellen Veränderungen und Funktionsverlust führt.
    • Behandlung: Langfristige Ernährungsanpassungen, chirurgische Eingriffe zur Behandlung von Strikturen (hochgradige Verengungen) und Fisteln, medikamentöse Behandlung zur Kontrolle der Symptome.

Prognose

  • Akute Strahlenenteritis
    • Prognose: In der Regel gut, wenn die Symptome frühzeitig erkannt und behandelt werden. Die meisten Patienten erholen sich vollständig innerhalb weniger Wochen nach Beendigung der Strahlentherapie.
    • Komplikationen: Bei schwerwiegenden Fällen können langfristige Schäden auftreten, die zu einer chronischen Strahlenenteritis führen können.
  • Chronische Strahlenenteritis
    • Prognose: Variable Prognose, abhängig vom Schweregrad der Darmbeschädigung und der Wirksamkeit der Behandlung.
    • Langzeitfolgen: Erhöhtes Risiko für Darmstrikturen, Fisteln, chronische Malabsorption und Infektionen.
    • Lebensqualität: Kann erheblich beeinträchtigt sein, erfordert häufig langfristige medizinische Betreuung und möglicherweise wiederholte chirurgische Eingriffe.
    • Überlebensrate: Abhängig von der zugrunde liegenden Ursache der Strahlentherapie (z. B. Art und Stadium des Tumors) sowie der individuellen Reaktion auf die Behandlung.