Fortpflanzung & Schwangerschaft
Fortpflanzung und Schwangerschaft sind komplexe medizinische Bereiche, die von hormonellen, anatomischen, genetischen und psychosozialen Prozessen beeinflusst werden. Während der Kinderwunsch bei vielen Paaren spontan erfüllt wird, treten bei etwa 15-20 % Fertilitätsstörungen (Fruchtbarkeitsstörungen) auf, die eine gezielte Diagnostik und Therapie erfordern. Auch die Schwangerschaft kann durch metabolische, vaskuläre oder infektiologische Belastungen kompliziert werden.
Der vorliegende Beitrag bietet einen systematischen Überblick in zwei Hauptkapiteln:
- Kinderwunsch, Sterilität und Infertilität
- Schwangerschaft und Stillperiode
1. Kinderwunsch, Sterilität und Infertilität
1.1 Grundlagen der Fruchtbarkeit
- Natürliche Fruchtbarkeit
Biologische Voraussetzungen und Einflussfaktoren der spontanen Konzeption (Empfängnis) bei gesunden Paaren - Der weibliche Zyklus
Phasen und hormonelle Steuerung des Menstruationszyklus als Grundlage der weiblichen Fertilität (Fruchtbarkeit) - Spermatogenese (Samenzellbildung)
Ablauf, hormonelle Regulation und Störungen der männlichen Keimzellreifung im Hoden - Ganzheitliche Fortpflanzungsmedizin
Integrativer Ansatz zur Verbesserung der Fruchtbarkeit unter Einbezug von Lebensstil, Ernährung, Mikronährstoffen und Psychodynamik - Ganzheitliche Kinderwunschberatung – Natürlich schwanger werden
- Kinderwunsch – Frau
Weibliche Fertilitätsvoraussetzungen, altersabhängige Fruchtbarkeit und individuelle Zyklusdiagnostik - Kinderwunsch – Mann
Andrologische Basisdiagnostik, Spermiogramm und modifizierbare Einflussfaktoren bei männlicher Subfertilität
1.2 Zyklusstörungen und Blutungsanomalien
- Zyklusstörungen (Blutungsstörungen)
Übersicht zyklischer und azyklischer Regelanomalien mit Bedeutung für die Fertilität- Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung)
Ausbleiben der Menstruation durch hormonelle, anatomische oder genetische Ursachen - Brachymenorrhoe (verkürzte Regelblutung)
Verkürzte Blutungsdauer – mögliche Hinweise auf Lutealphaseninsuffizienz (Gelbkörper Schwäche) - Hypermenorrhoe (verstärkte Regelblutung)
Übermäßig starke Regelblutung mit möglichem Eisenverlust und Zyklusanomalien - Hypomenorrhoe (sehr schwache Regelblutung)
Geringe Menstruationsblutung, oft bei Ovarialinsuffizienz (Eierstockschwäche) oder hormoneller Dysregulation - Menorrhagie (starke und lange Monatsblutung)
Verlängerte und verstärkte Monatsblutung – häufig assoziiert mit Endometriose oder Myomen (gutartige Geschwülste der Gebärmuttersmuskulatur) - Metrorrhagie (Zwischenblutung)
Zwischenblutungen außerhalb des regulären Zyklus – differentialdiagnostisch abzuklären - Oligomenorrhoe (verlängerter Zyklus)
Verlängerte Zyklusintervalle (> 35 Tage), häufig Hinweis auf PCO-Syndrom (polyzystisches Ovarialsyndrom) - Polymenorrhoe (verkürzter Zyklus)
Verkürzte Zyklusintervalle (< 21 Tage) mit erhöhter Anovulationsrate (Ausbleiben des Eisprungs) - Spotting (Schmierblutung)
Schmierblutungen vor oder nach der Regel – Ausdruck hormoneller Ungleichgewichte
- Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung)
1.3 Gynäkologische und hormonelle Ursachen
- Endometriose
Ektopes (außerhalb der Gebärmutterhöhle vorkommendes) Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) mit zyklusabhängigen Schmerzen und möglicher Implantationsstörung - Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCO-Syndrom)
Häufigste hormonelle Ursache weiblicher Sterilität – mit Zyklusanomalien, Hyperandrogenismus (männliche Hormonwirkung) und Insulinresistenz (verringerte Antwort auf Insulin) - Hyperprolaktinämie – Prolaktinom
Zyklusstörung und Infertilität durch erhöhte Prolaktinsekretion – häufig verursacht durch Hypophysentumoren (Hirnanhangdrüsentumoren)
1.4 Urologische und andrologische Ursachen
- Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion (ED))
Organisch, vaskulär oder psychogen bedingte Erektionsproblematik – relevant bei geplanter Konzeption - Hodenhochstand (Maldeszensus testis)
Angeborene Fehllage des Hodens mit erhöhtem Risiko für Spermatogenesestörung (Störung der Bildung von Samenzellen) und Hodentumoren - Hodenentzündung (Orchitis)
Infektiöse oder autoimmunbedingte Entzündung mit möglicher irreversibler Spermatogeneseschädigung - Hodenverdrehung (Hodentorsion)
Akutes urologisches Notfallbild mit ischämischer Hodenschädigung – kann Fertilität beeinträchtigen - Krampfaderbruch (Varikozele)
Erweiterung des Venenplexus im Skrotum (Hodensack) – beeinträchtigt Hodenfunktion und Spermienqualität - Prostataentzündung (Prostatitis)
Chronische Entzündung mit ejakulatbedingter Fertilitätsstörung und Schmerzen
1.5 Systemische und externe Einflussfaktoren
- Fehlgeburt (Abort)
Spontane Beendigung der Schwangerschaft vor der 24. Woche – häufig multifaktoriell bedingt - Geschlechtskrankheiten
Infektiöse Ursachen für Tubenverschluss, Epididymitis und intrauterine Komplikationen - Oxidativer Stress – Freie Radikale
Zelluläre Schädigung von Spermien und Eizellen durch reaktive Sauerstoffspezies - Stress
Endokrinologische (hormonelle) und neurovegetative Störung der Fortpflanzungsachsen durch chronische Belastung
1.6 Diagnostik und Therapie
- Genetische Beratung
Indiziert bei habituellen Aborten, genetischen Erkrankungen oder familiärer Belastung - Gesundheitschecks
Internistisch-gynäkologische Untersuchung zur Identifikation präkonzeptioneller Risikofaktoren - Stress-Test
Funktionelle Testverfahren zur Objektivierung der Stressbelastung und neuroendokrinen Dysregulation - Vorsorge: Frau und Mann
Reproduktionsmedizinische Prävention durch Zyklusmonitoring, Impfstatus und Infektionsscreening - Labordiagnostik: Frau und Mann
Hormonanalysen, Infektionsparameter und Marker der ovariellen Reserve (z. B. AMH – Anti-Müller-Hormon); Spermiogramm und Hormonanalysen - Medizingerätediagnostik: Frau und Mann
Ultraschall, MRT, Sonohysterographie und Hysteroskopie zur strukturellen Abklärung der Genitalorgane von Mann und Frau - Therapie (reproduktionsmedizinische Verfahren)
Zyklusoptimierung, Ovulationsinduktion, intrauterine Insemination (IUI), In-vitro-Fertilisation (IVF), ICSI u. a
2. Schwangerschaft und Stillperiode
2.1 Allgemeine Einleitung und physiologische Veränderungen
- Perinatalperiode
Definition und medizinische Bedeutung der Zeitspanne um Geburt, Wochenbett und Neugeborenenphase - Hautveränderungen
Hormonell bedingte Pigmentverschiebungen, Striae und Gefäßveränderungen in der Schwangerschaft - Stoffwechsel und Schwangerschaft
Glukose-, Lipid- und Aminosäurenstoffwechsel im maternal-fetalen System – Bedeutung für Mutter und Kind - Vitalstoff-Analyse
Mikronährstoffstatus (z. B. Eisen, Vitamin D, Folsäure; Docosahexaensäure (DHA)) zur gezielten Schwangerenvorsorge – für Schwangerschaft und Stillphase
2.2 Schwangerschaftsbeschwerden und funktionelle Störungen
- Refluxkrankheit
Hormon- und druckbedingter Rückfluss von Magensäure – häufig in fortgeschrittener Schwangerschaft - Schlafstörungen (Insomnie)
Ein- und Durchschlafstörungen bei Schwangeren – hormonell, mechanisch oder psychisch bedingt - Schwangerschaftserbrechen (Hyperemesis gravidarum)
Übermäßiges Erbrechen im ersten Trimenon mit Risiko für Exsikkose (Austrocknung) und Elektrolytstörungen - Sodbrennen
Häufiges Begleitsymptom durch reduzierte Ösophagusmotilität (Beweglichkeit der Speiseröhre) und Zwerchfellanhebung - Unterzuckerung (Hypoglykämie)
Insulinregulationsstörungen oder unzureichende Nahrungszufuhr als Auslöser hypoglykämischer Episoden (Phasen der Unterzuckerung) - Verstopfung (Obstipation)
Progesteronbedingte Darmpassagestörung, verstärkt durch Bewegungsmangel und Eisenpräparate
2.3 Infektionen und entzündliche Komplikationen
- Brustdrüsenentzündung (Mastitis)
Bakterielle Infektion der stillenden Brust mit Schwellung, Fieber und Abszessgefahr - Harnblasenentzündung (Zystitis)
Häufige bakterielle Infektion in der Schwangerschaft mit erhöhtem Risiko für Aszension - Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis)
Komplikation der Zystitis mit systemischer Entzündungsreaktion – geburtshilflicher Notfall - Schwangerschaftsinfektionen
Toxoplasmose, Zytomegalie, Parvovirus B19, Listeriose u. a. – potenzielle Risiken für das Ungeborene
2.4 Schwangerschaftskomplikationen und Risiken
- Bluthochdruck in der Schwangerschaft (Gestose)
Oberbegriff für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen – inklusive Präeklampsie und Eklampsie - Brustdrüsenentzündung (Mastitis)
Bakterielle Infektion der stillenden Brust mit Schwellung, Fieber und Abszessgefahr - Drohende Frühgeburt
Zervixverkürzung, Wehentätigkeit oder Blasensprung vor der 37. SSW – interdisziplinäres Management erforderlich - Extrauteringravidität
Einnistung der befruchteten Eizelle außerhalb der Gebärmutterhöhle – v. a. im Eileiter - Fehlgeburt (Abort)
Spontaner Abort vor der 24. Schwangerschaftswoche – häufigste Schwangerschaftskomplikation - Gebärmutterhalsschwäche (Cervixinsuffizienz)
Strukturelle oder funktionelle Schwäche des Gebärmutterhalses mit Risiko vorzeitiger Wehentätigkeit - Mutterkuchenschwäche (Plazentainsuffizienz)
Unzureichende Versorgung des Feten durch die Plazenta – Risiko für Wachstumsrestriktion und Frühgeburt - Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes)
Glukosetoleranzstörung erstmals in der Schwangerschaft – relevante maternale und fetale Risiken
2.5 Vorsorge und pränatale Diagnostik
- Vorsorge
Strukturierte Mutterschaftsrichtlinien mit definierten Untersuchungsterminen und Screeningmaßnahmen - Regelimpfungen – Schwangere/Stillende
Indikationsimpfungen und Standardimpfungen laut STIKO-Empfehlung – Schutz von Mutter und Kind - Labordiagnostik
Serologien, Blutbild, Blutzucker, Röteln- und Toxoplasmosestatus, Hämoglobinopathien u. a - Medizingerätediagnostik
Einsatz technischer Untersuchungsverfahren (z. B. Doppler-Sonographie, Kardiotokographie) in der Schwangerschaft - Pränataldiagnostik (vorgeburtliche Diagnostik)
Nicht-invasive und invasive Verfahren zur frühzeitigen Erkennung genetischer oder struktureller Fehlbildungen - Ultraschalldiagnostik
Sonographische Basisuntersuchung, Organscreening, Wachstumsverlauf und fetale Biometrie
Fazit
Die moderne Reproduktionsmedizin betrachtet Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit als kontinuierlichen gesundheitlichen Prozess, bei dem Prävention, frühzeitige Diagnostik und personalisierte Therapie Hand in Hand gehen. Eine strukturierte, medizinisch fundierte Betreuung unterstützt die reproduktive Gesundheit – mit dem Ziel, Empfängnis, Schwangerschaftsverlauf und Geburt unter bestmöglichen Bedingungen zu ermöglichen.