Drohende Frühgeburt – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Bestimmung des vaginalen pH-Wertes
  • Mikrobiologische Abstrichentnahme zur Abklärung von Infektionen
  • Urinuntersuchung – zum Ausschluss einer eventuellen Cystitis (Harnblasenentzündung)
    • Ein Schnelltest auf Nitrit weist ggf. nitritbildende Bakterien im Urin nach.
      [Nitratnachweis bei Harnwegsinfektion (HWI): 95 % mit positivem Nitrattest haben positive Kulturen, allerdings auch 45 % mit negativem Test, insbesondere bei Säuglingen]
    • Ebenso ist ggf. eine Leukozyturie nachweisbar.
    • [Gemäß deutschen S3-Leitlinien gilt eine Harnwegsinfektion (HWI) als wahrscheinlich, wenn Nitrit- oder Leukozytenesterase-Test positiv ausfallen]
    • Urin-pH-Werte > 7,0 im pH-Tagesprofil = Hinweis auf einen Harnwegsinfekt mit ureasebildenden Bakterien (Gefahr der Infektsteinbildung)
  • Ggf. auch ein Urinsediment bzw. eine Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm) aus Mittelstrahlurin, ggf. Katheterurin

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Fibronektintest (fetales Fibronektin, fFN; biochemischer Marker der Cervixreifung (Gebärmutterhalsreifung))
    • Der Test dient der Vorhersage einer drohenden Frühgeburt.
    • Ist der Test bei klinischen Zeichen einer drohenden Frühgeburt negativ, so kann mit einer Sicherheit von etwa 99 % ausgesagt werden, dass keine Geburt innerhalb der nächsten 14 Tage stattfindet. Damit können eine stationäre Aufnahme, eine Lungenreifeinduktion mit Corticosteroiden (Kortisonpräparaten) und eine eventuell geplante tokolytische Therapie (wehenhemmende Behandlung) vermieden werden.
    • Ein positiver Test kann zwar mit einem erhöhten Risiko einer vorzeitigen Entbindung gekoppelt sein, jedoch ist eine Vorhersage unsicher.
    • Gemessen wird fetales Fibronektin aus dem Vaginalsekret.
    • Der Test kann während der 22.-35. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Bei einer intakten Schwangerschaft sollte in dieser Zeit kein fetales Fibronektin ausgeschieden werden.
  • Fruchtwasser-Test (biochemischer Test auf Fruchtwasserproteine zur Verifizierung eines vorzeitigen Blasensprungs)
    • Gemessen werden Fruchtwasserproteine, die nach einem vorzeitigen Blasensprung im Vaginalsekret nachweisbar sind.
    • Die Feststellung, ob ein vorzeitiger Blasensprung vorliegt, kann im Einzelfall schwierig sein, ist jedoch klinisch hochrelevant.
    • Bei vorzeitiger Wehentätigkeit und Blasensprung ist die Gabe von Antibiotika indiziert. Sie reduziert das Risiko eines Amnioninfektionssyndroms (Fruchtblasenentzündung) und die Frühgeburtenrate.
    • Besteht lediglich eine vorzeitige Wehentätigkeit oder eine Cervixinsuffizienz (Schwäche des Gebärmutterhalses), sind Antibiotika im Allgemeinen nicht indiziert, es sei denn, es liegt eine vaginale Infektion vor.
  • Plazenta-Wachstumsfaktor (placenta growth factor, PlGF)
    • Neuer Biomarker zur Risikobestimmung für Frühgeburten, Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) und Totgeburten.
    • Test in der 24.–28. Schwangerschaftswoche möglich.
    • Erhöhtes Risiko bei PlGF ≤ 100 pg/ml in dieser Zeitspanne [2].
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) und Leukozyten (weiße Blutkörperchen)

Weitere Hinweise

Cervixlängenmessung (Gebärmutterhalslängenmessung) und Fibronektintest waren in einer großen prospektiven Beobachtungsstudie – auch in der kombinierten Anwendung – mit niedrigem Vorhersagewert [1]:

  • Die Frühgeburt wurde durch Verkürzung der Cervixlänge bei der ersten Sonographie (Ultraschalluntersuchung) nur bei 8,0 % (35 von 439 Frauen) und bei der zweiten Untersuchung bei 23,3 % (94 von 403 Frauen) angezeigt.
    • Spezifität lag bei 97,8 % bzw. 93,6 %.
    • „Number needed to be screened“: Bei 247 Frauen müsste eine Sonographie durchgeführt werden, um eine drohende Frühgeburt zu erkennen.
  • Der Fibronektintest war als Screeningmaßnahme noch weniger brauchbar:
    • Die Frühgeburt wurde nur bei 7,3 % (30 von 410 Frauen beim zweiten Test) bzw. 8,1 % (31 von 384 Frauen beim dritten Test) angezeigt.
    • Spezifität lag bei 96 % bzw. 96,8 %.
    • „Number needed to be screened“: Bei 680 Frauen müsste ein Fibronektintest durchgeführt werden, um eine drohende Frühgeburt zu erkennen.

Vergleich diagnostischer Tests bei drohender Frühgeburt

Test Methode Aussagekraft Vorteile Limitationen
Fibronektintest (fetales Fibronektin (Eiweißstoff aus der Gebärmutterhalsregion)) Abstrich aus Vaginalsekret (Scheidenabstrich) Negativer Test: sehr hoher negativer Vorhersagewert (≈ 99 % für 14 Tage keine Geburt); positiver Test: unsichere Prognose Hilfreich zur Vermeidung unnötiger Krankenhausaufenthalte, Corticosteroidgabe (Kortisonpräparate) und Tokolyse (Wehenhemmung) Positiver Test wenig spezifisch; Screeningwert in Studien gering
Fruchtwasser-Test Abstrich aus Vaginalsekret (Scheidenabstrich), Nachweis spezifischer Fruchtwasserproteine Sicherer Nachweis/Ausschluss eines vorzeitigen Blasensprungs Klinisch relevant für Indikation zur Antibiotikatherapie Abhängigkeit von Probenentnahme, mögliche falsch-negative Ergebnisse
Cervixlängenmessung (Gebärmutterhalslängenmessung) Transvaginale Sonographie (Ultraschall) Verkürzte Cervixlänge zeigt erhöhtes Frühgeburtsrisiko an; Spezifität hoch, Sensitivität begrenzt Einfach verfügbar, nicht-invasiv Geringer positiver Vorhersagewert, viele Frauen müssen untersucht werden („number needed to be screened“)
Plazenta-Wachstumsfaktor (PlGF) Bluttest (24.–28. Schwangerschaftswoche), Bestimmung des PlGF-Spiegels Niedriger PlGF-Wert ≤ 100 pg/ml: erhöhtes Risiko für Frühgeburt, Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung), Totgeburt Frühes Screening möglich; möglicher Marker für Hochrisikopatientinnen Noch neuer Marker, begrenzte klinische Etablierung
Entzündungsparameter (CRP (C-reaktives Protein), Leukozyten (weiße Blutkörperchen)) Blutentnahme Nachweis systemischer oder vaginaler Infektion als Auslöser für Frühgeburt Schnell verfügbar, kostengünstig Unspezifisch, nicht allein diagnostisch verwertbar

Literatur

  1. Esplin S et al.: Predictive Accuracy of Serial Transvaginal Cervical Lengths and Quantitative Vaginal Fetal Fibronectin Levels for Spontaneous Preterm Birth Among Nulliparous Women. JAMA. 2017;317(10):1047-1056. doi:10.1001/jama.2017.1373
  2. Gladstone RA et al.: Midpregnancy Placental Growth Factor Screening and Early Preterm Birth JAMA Netw Open. 2024;7(11):e2444454. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.44454