Latente Schilddrüsenüberfunktion (latente Hyperthyreose) – Einleitung
Die latente (subklinische) Hyperthyreose bezeichnet eine "milde" Schilddrüsenüberfunktion, die sich meist nur an einer Veränderung des Schilddrüsenparameters TSH zeigt. Der TSH-Wert liegt dann unter 0,3 mU/l, bei gleichzeitig normalem freien T4 (fT4).
Synonyme und ICD-10: kompensierte Schilddrüsenüberfunktion; latente Hyperthyreose; latenter Hyperthyreoidismus; latente Schilddrüsenüberfunktion; subklinische Hyperthyreose; Subclinical hyperthyroidism; ICD-10-GM E05.8: Sonstige Hyperthyreose
Eine latente Hyperthyreose gilt als persistierend (persistierende latente Hyperthyreose), wenn eine TSH-Kontrolle nach drei bis sechs Monaten den initialen Wert reproduziert.
Charakteristische Laborbefunde
- TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon): Erniedrigt oder supprimiert
- fT3 (freies Trijodthyronin): Normal
- fT4 (freies Thyroxin): Normal
Ursachen
Die häufigste Ursache stellt die Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung) einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) dar (L-Thyroxin-Übertherapie; 14-21 % der Fälle).
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Häufigkeitsgipfel: Die Häufigkeit nimmt mit steigendem Alter zu.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 0,7-2 % (in Deutschland). Die Jodmangelversorgung ist hier von besonderer Bedeutung.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) liegt im Bereich von 0,5-4,7 % [1, 2].
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Eine latente Hyperthyreose wird oft zufällig bei einer Routine-Laboruntersuchung entdeckt.
- Früher wurde eine Behandlung als nicht notwendig erachtet, jedoch zeigen neuere Erkenntnisse ein erhöhtes Risiko für Komplikationen.
- Das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken, ist bei Betroffenen bis zu dreifach erhöht.
- Frauen mit latenter Hyperthyreose haben ein höheres Risiko, an Osteoporose zu erkranken.
Prognose
- Eine Studie zeigte, dass die latente Hyperthyreose die Mortalität bei älteren Menschen um 41 % erhöht, wobei Männer besonders gefährdet sind [2].
- In bis zu 8 % der Fälle pro Jahr kann sich eine manifeste Hyperthyreose entwickeln. Die jährliche Konversionsrate ist variabel und wird mit 0,5-7 % angegeben.
- Langfristige Überwachung ist wichtig, um frühzeitig eine Progression zur manifesten Hyperthyreose zu erkennen und zu behandeln.
Literatur
- Völzke H, Lüdemann J, Robinson DM et al.: The prevalence of undiagnosed thyroid disorders in a previously iodine-deficient area. Thyroid 2003; 13: 803–810
- Brabant, Kahaly, Schicha, Reiners: Milde Formen der Schilddrüsenfehlfunktion Dtsch Ärztebl 2006; 103(31-32): A2110-A2115
- Kharlip J, Cooper DS: Recent developments in hyperthyroidism. Lancet, Vol. 373, 6l Juni 2009, Seite 1930-32
Leitlinien
- Ross DS, Burch HB, Cooper DS, Greenlee MC, Laurberg P, Maia AL, Rivkees SA, Samuels M, Sosa JA, Stan MN, Walter MA: 2016 American Thyroid Association Guidelines for Diagnosis and Management of Hyperthyroidism and Other Causes of Thyrotoxicosis. Thyroid. 2016; 26: 1343-1421.
- S2k-Leitlinie: Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis. (AWMF-Registernummer: 053 - 046), April 2023 Kurzfassung Langfassung