Reiseempfehlungen für Sporttaucher

Man kann die folgenden Formen des Sporttauchens unterscheiden:

  • Apnoe-Tauchen – Form des Tauchens ohne Atemgasversorgung; es erfolgt das Tauchen mit angehaltener Luft
    • Mögliche Komplikationen:
      • hypoxiebedingte (durch Sauerstoffmangel bedingte) Bewusstlosigkeit (Schwimmbad- oder Aufstiegs-Blackout)
      • Lungen-Barotrauma (druckbedingte Verletzung der Lunge) bei zu schnellem Aufstieg
      • Mittelohrbarotrauma
  • Gerätetauchen – Tauchen mit externer Atemgasversorgung (Druckluft oder Nitrox); ermöglicht längere Aufenthalte unter Wasser
    • Mögliche Komplikationen:
      • Barotrauma (Lunge, Mittelohr, Nebenhöhlen, Zähne)
      • Dekompressionskrankheit
      • Gasembolie
  • Schnorcheln – Schwimmen oder Tauchen in Oberflächennähe mit Schnorchel und Maske; ermöglicht kontinuierlichen Blick in die Tiefe, ohne aufzutauchen
    • Mögliche Komplikationen:
      • Hyperventilation
      • Hypothermie (Unterkühlung)
      • Sonnenexposition
      • selten Barotrauma bei tieferem Abtauchen

Medizinische Voraussetzungen und Risikofaktoren

Vor einem Tauchurlaub sollte eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung durch einen tauchmedizinisch qualifizierten Arzt erfolgen.
Empfohlen wird die Untersuchung alle 3 Jahre bis zum 40. Lebensjahr, danach jährlich.
Unbedingt erforderlich ist eine individuelle Beratung bei Vorerkrankungen oder besonderen physiologischen Zuständen.

Die folgenden Erkrankungen und Zustände können eine Kontraindikation oder erhöhte Vorsicht beim Tauchen bedeuten:

  • Erkrankungen des Atmungssystems:
    insbesondere Asthma bronchiale, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), rezidivierende (wiederkehrende) Bronchitiden (Entzündungen der Bronchien), akute Infekte der oberen Atemwege
  • Augenerkrankungen:
    z. B. Zustand nach Operation (Lasik, Glaukomchirurgie), erhöhter Augeninnendruck; ggf. optische Korrektur prüfen
  • Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten:
    v. a. Adipositas und Diabetes mellitus (bei insulinpflichtigem Diabetes → individuelle Beurteilung und strenge Blutzuckerkontrolle)
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
    z. B. Hypertonie (Bluthochdruck), Herzrhythmusstörungen, koronare Herzkrankheit (KHK; Erkrankung der Herzkranzgefäße), Herzvitien (Herzfehler); Belastungs-EKG und ggf. Echokardiographie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) empfohlen
  • Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und Bindegewebes:
    Bewegungseinschränkungen, chronische Schmerzen oder Arthrosen können Auf- und Abstiegsverhalten beeinträchtigen
  • Neurologische Erkrankungen:
    z. B. Epilepsie (Krampfanfälle) (meist Kontraindikation), Migräne mit Aura, Polyneuropathien (Erkrankung der peripheren Nerven)
  • Erkrankungen des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs:
    chronische Sinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen), Tubenfunktionsstörungen, Trommelfellperforation – Druckausgleich muss sicher möglich sein
  • Urogenitale Erkrankungen:
    insbesondere Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) (erhöhtes Risiko für die Dekompressionskrankheit durch veränderte Stickstoffausscheidung)
  • Erkrankungen des Verdauungssystems:
    z. B. entzündliche Darmerkrankungen mit Gasbildung oder nach Darmoperationen (Cave: Barotrauma-Risiko)
  • Flüssigkeitsgefüllte Implantate:
    z. B. Brustimplantate – in der Regel kein Ausschluss, aber individuelle Prüfung empfohlen
  • Schwangerschaft:
    Gerätetauchen ist kontraindiziert – erhöhtes Risiko für fetale Gasembolien
  • Regelmäßige Medikamenteneinnahme:
    mögliche Nebenwirkungen (z. B. Sedierung (Ruhigstellung), Hypotonie (niedriger Blutdruck), Hypoglykämie (Unterzuckerung)) beachten
  • Drogen- oder Alkoholkonsum:
    absolutes Ausschlusskriterium

Die folgenden Zustände müssen beim Tauchen beachtet werden:

Zustand Barotrauma Dekompressionskrankheit (Synonyme: Taucherkrankheit, Caissonkrankheit, Decompression Sickness – DCS)
Risiko
  • vor allem in Tiefen zwischen 0-10 m Tiefe (schneller Druckwechsel)
  • bei zu schnellem Auftauchen oder Überschreiten der Nullzeitgrenze
Ursache
  • fehlender Druckausgleich von Gasen in luftgefüllten Hohlräumen (z. B. Lunge, Mittelohr, Nasennebenhöhlen, Zähne) bei raschem Ab-/Auftauchen
  • Ausperlen gelöster Gase (v. a. Stickstoff) in Blut und Gewebe bei zu raschem Auftauchen oder mangelhafter Dekompression
Symptome
  • Lungen-Barotrauma (v. a. Pneumothorax, Pneumomediastinum, arterielle Gasembolie)
  • Trommelfellriss
  • Nasennebenhöhlenverletzung
  • Zahnschmerzen
  • Barotrauma des Magen-Darm-Traktes (Aufblähung, Schmerzen)
  • Typ I (milde Form)
    • juckende Haut (Cutis marmorata)
    • Arthralgie (Gelenkschmerzen)
    • Myalgie (Muskelschmerzen)
    • Lymphknotenschwellung
  • Typ II (schwere Form)
    • Dyspnoe (Atemnot)
    • Husten
    • Angina pectoris-ähnlicher Schmerz
    • Tinnitus, Hörverlust
    • Schwindel
    • Nystagmus (die Augen unwillkürlich und rhythmisch hin und her)
    • neurologische Defizite (meist spinal: Parästhesien (Missempfindungen), Paresen (Lähmungen), Bewusstseinsstörungen))
Auftreten
  • während oder unmittelbar nach dem Ab-/Auftauchen
  • Minuten bis Stunden, meist < 24 h nach Tauchgang (bei „Spätformen“ bis 48 h)
Therapie
  • sofortiger Tauchstopp/Auftauchen
  • symptomatische Erstversorgung: 100 % Sauerstoff (normobar), moderate Rehydratation (0,5-1 l/h oral oder i. v.)
  • bei Lungen-, Trommelfell- oder Nasennebenhöhlenverletzung: fachärztliche Behandlung, Tauchverbot bis Abheilung
  • sofortige 100 % Sauerstoffgabe (High-Flow) + Rehydratation
  • Rekompression in Druckkammer = Goldstandard (hyperbare Sauerstofftherapie, HBO)
  • symptomatische Zusatztherapie (Analgesie (Schmerztherapie), Antiemese (Behandlung gegen Übelkeit und Erbrechen), ggf. Kortikosteroide bei spinalen Symptomen)
Prävention
  • langsamer Druckausgleich
  • nie mit verstopfter Nase tauchen
  • regelmäßiges Druckausgleichsmanöver
  • Zahnsanierung vor Reisen/Tauchurlaub
  • keine blähenden Speisen vor dem Tauchgang
  • Nullzeitgrenze nicht überschreiten
  • Maximaltiefe ≤ 30 m
    • tiefster Tauchgang zuerst
    • Aufstieg ≤ 10 m/min + Sicherheitsstopp auf 5 m für 5 Minuten
  • kein Tauchen bei Erschöpfung, Kälte, Dehydratation (Flüssigkeitsmangel erhöht Risiko)
  • Flugverbot ≥ 24 h nach dem letzten Tauchgang (je nach Profil bis 48 h)

Wichtiger Hinweis
Bei unklaren Symptomen oder Bewusstseinsstörungen sofort taucherärztliche Beratung oder Druckkammer kontaktieren. Internationale DAN-Notfallnummer: +39 06 4211 8685.

Weitere Risiken beim Tauchen

Risiko Symptome Therapie Prävention
Dehydratation (Austrocknung)
  • Durst
  • trockene Haut
  • verminderter Harn
  • Kopfschmerz
  • Schwindel
  • Flüssigkeitszufuhr (oral oder i. v.)
  • Elektrolytausgleich
  • Vor und nach Tauchgängen ausreichend trinken
  • Alkohol meiden
Otitis externa („Swimmer’s Ear“) – Gehörgangsentzündung
  • Ohrenschmerzen
  • Juckreiz
  • ggf. eitriger Ausfluss
  • lokale Ohrentropfen (antiseptisch, ggf. kortisonhaltig)
  • Tauchpause
  • nach Tauchgang Ohrenspülung mit Glycerin-Alkohol-Lösung
  • kein Manipulieren im Gehörgang
  • abends 1-2 Tropfen Panthenol
Tiefenrausch (Stickstoffnarkose)
  • Euphorie
  • Kontrollverlust
  • Panik
  • Denk-/Urteilsstörung
  • symptomatisch → sofortiger, kontrollierter Aufstieg
  • kein Alleintauchen
  • kein Alkohol
  • Tiefe ≤ 30 m, Sicherheitsstopp einhalten
Unterkühlung
  • frieren
  • zittern
  • Muskelsteifheit
  • Verwirrtheit
  • auftauchen
  • Wärmezufuhr
  • ggf. medizinische Betreuung
  • passende Neopren- oder Trockentauchanzüge
  • kurze Tauchzeiten
  • Warmhalten an Oberfläche
Marine Verletzungen (Quallen, Seeigel, Korallen)
  • Brennen
  • Schmerzen
  • Rötung
  • Schwellung
  • Blasenbildung
  • Spülung mit Meerwasser (nicht Süßwasser)
  • ggf. Essig oder Isopropanol
  • Entfernung von Stacheln
  • Antihistaminika/Kortison lokal
  • Schutzanzug (Lycra)
  • Umsicht im Meer
  • Meeresbewohner nicht anfassen
Legionellen- und Pseudomonas-Risiken (Whirlpool, Hotelpool)
  • Husten
  • Fieber
  • Hautausschlag („Whirlpool-Dermatitis“)
  • ärztliche Behandlung
  • Antibiotika je nach Erreger
  • nur gewartete Anlagen nutzen
  • Duschen vor/nach Bad
  • offene Wunden meiden

Wichtiger Hinweis
Vor dem Start in den Tauchurlaub Informationen über eine zusätzliche Krankenversicherung einholen

Taucherärztliche Telefon-Hotlines

  • DAN Europe (international): +39 06 4211 8685
  • DAN Deutschland/Österreich: 00800 326 668 783 (00800 DAN NOTRUF)
  • DAN Schweiz (via REGA): +41 333 333 333 (oder 1414 innerhalb CH)
  • VDST-Hotline: +49 69 800 88 616
  • Schifffahrtsmedizinisches Institut der Marine: +49 431 5409 1441
  • aqua med Hotline: +49 700 34835463

Literatur

  1. Divers Alert Network Europe: Annual Report 2024 – Diving Incident Analysis
  2. Diving & Hyperbaric Medicine (2024): Decompression Illness – A Comprehensive Overview
  3. German Journal of Sports Medicine (2025): Management of Decompression Illness
  4. CDC Traveler´s Health 2022: Swimming and Diving Safety

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Tauchunfall. (AWMF-Registernummer: 072 - 001), Dezember 2022 Langfassung