Ösophagus-pH-Metrie
Die Ösophagus-pH-Metrie (Langzeitmessung des Säuregehalts in der Speiseröhre) ist ein invasives (in den Körper eingreifendes), funktionelles Messverfahren der gastrointestinalen Funktionsdiagnostik (Untersuchung der Magen-Darm-Funktion), das zur quantitativen Erfassung von gastroösophagealem Reflux (Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre) eingesetzt wird. Es erlaubt die exakte Bestimmung von Frequenz, Dauer und Schweregrad von sauren Refluxepisoden in der Speiseröhre. Die Untersuchung wird vor allem bei Verdacht auf gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD; chronischer Rückfluss von Magensäure) sowie zur Therapieevaluation und präoperativen Diagnostik vor antirefluxchirurgischen Eingriffen angewendet.
Synonyme
- Langzeit-pH-Messung des Ösophagus
- 24-Stunden-pH-Metrie
- Ösophageale pH-Messung
- pH-Monitoring des unteren Ösophagus
Beurteilbare Strukturen
- Ösophaguslumen (Speiseröhreninnenraum)
- Distaler Ösophagusbereich in Höhe des unteren Ösophagussphinkters (unterer Schließmuskel der Speiseröhre)
- Mageneintrittsbereich (Kardia, anteilig; Übergang von Speiseröhre zu Magen)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Diagnostik der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD), insbesondere bei atypischer Symptomatik
- Refluxassoziierte extraösophageale Beschwerden (z. B. chronischer Husten, Asthma, Laryngitis [Kehlkopfentzündung])
- Therapieresistenz unter Protonenpumpeninhibitoren (PPI; Medikamente gegen Magensäure)
- Präoperative Refluxabklärung (z. B. vor Fundoplikatio [Operation zur Verhinderung von Reflux])
- Abklärung bei nicht korrelierbaren endoskopischen Befunden (nicht eindeutigen Ergebnissen der Magenspiegelung)
- Differenzialdiagnose bei retrosternalen Beschwerden unklarer Genese (unbekannte Brustschmerzen hinter dem Brustbein)
- Evaluierung des Therapieerfolgs (z. B. nach Operation oder PPI-Therapie)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Frisch operierter Ösophagus oder obere gastrointestinale Anastomosen (kürzlich operierte Speiseröhre oder Verbindungen im oberen Verdauungstrakt)
- Schwere Ösophagusstrikturen mit Passagestörungen (enge Stellen mit Schluckstörungen in der Speiseröhre)
- Aktive Ösophagitis Grad III–IV (schwere Entzündung der Speiseröhre)
- Kooperationsunfähigkeit oder schwere kognitive Einschränkungen (z. B. Demenz)
Vor der Untersuchung
- Absetzen von Protonenpumpeninhibitoren (PPI; Säureblocker) in der Regel 7 Tage, H2-Blockern 48 Stunden und Antazida (Arzneimittel zur Neutralisierung der Magensäure) 24 Stunden vor der Untersuchung (bei Diagnostik unter Off-Therapie [ohne Medikation])
- Dokumentation von Refluxsymptomen im Tagesprotokoll während der Messung
- Nüchternheit ab ca. 6 Stunden vor Einlage der Sonde
- Aufklärung über Dauer, Ablauf und mögliche Beschwerden während der Messperiode
Das Verfahren
Die pH-Metrie erfolgt durch transnasale Einlage (durch die Nase) einer dünnen Messsonde, die einen pH-Sensor etwa 5 cm oberhalb des unteren Ösophagussphinkters positioniert. Der Sensor registriert kontinuierlich über 24 Stunden die pH-Werte (Säurewerte) im Ösophagus. Die Messdaten werden auf einem tragbaren Rekorder gespeichert. Während der Messung führt der Patient ein detailliertes Protokoll über Symptome, Nahrungsaufnahme, Lagewechsel und körperliche Aktivität.
Alternativ zur konventionellen Sondenmessung steht auch die drahtlose pH-Kapsel („Bravo™-System“) zur Verfügung, die endoskopisch (mittels Magenspiegelung) an der Ösophagusschleimhaut befestigt wird und die Messdaten per Funk überträgt.
Mögliche Befunde
- Pathologischer saurer Reflux: pH < 4 in mehr als 4–6 % der Gesamtdauer
- Normaler Reflux: pH < 4 in < 4 % der Gesamtdauer
- Symptom-Reflux-Korrelation: mittels Symptomindex (SI) und Symptomassoziationswahrscheinlichkeit (SAP; statistische Auswertung von Symptombezug)
- Fehlende Korrelation: spricht gegen eine Refluxerkrankung als Ursache der Beschwerden
- Verlagerung der Refluxepisoden in den Nachtzeitraum: Hinweis auf schwachen Sphinkter (Schließmuskel) oder gestörte Ösophagusclearance (verminderte Selbstreinigung der Speiseröhre)
Nach der Untersuchung
- Entfernung der Sonde bzw. selbständige Ablösung der Kapsel nach 3-5 Tagen (bei drahtloser Messung)
- Auswertung der Aufzeichnungen durch automatisierte Software mit anschließender ärztlicher Interpretation
- Rückgabe des Symptomtagebuchs zur klinischen Korrelation
Mögliche Komplikationen
- Lokale Irritationen oder Epistaxis (Nasenbluten) bei transnasaler Einlage
- Übelkeit, Würgereiz oder Schluckbeschwerden während der Tragezeit
- Vorübergehende Beeinträchtigung der Lebensqualität
- Sehr selten: ungewollte Dislokation oder Aspiration (Verschlucken) der Sonde