Montreal Cognitive Assessment
Der Montreal Cognitive Assessment (MoCA) ist ein validiertes Screeningverfahren zur Erfassung milder kognitiver Störungen (leichte geistige Beeinträchtigungen) und Frühformen neurodegenerativer Erkrankungen (frühzeitiger Abbau von Nervenzellen im Gehirn). Der Test wurde 2005 von Ziad Nasreddine in Montreal entwickelt, um subtile Defizite aufzudecken, die im Mini-Mental-Status-Test (MMST) häufig unentdeckt bleiben. Die MoCA-Testbatterie deckt ein breites Spektrum kognitiver Domänen (Denkbereiche) ab und gilt heute als bevorzugter Kurztest zur differenzierten Früherkennung kognitiver Einschränkungen (geistiger Einbußen), insbesondere im Rahmen einer Demenzabklärung (Untersuchung auf Gedächtnisstörungen).
Synonyme
- MoCA-Test
- Montreal-Test
- Montreal Cognitive Assessment Tool
- Kognitiver Kurztest nach Nasreddine
Das Verfahren
Durchführung
- Dauer: ca. 10-15 Minuten
- Durchführung durch geschultes Fachpersonal (medizinisches Personal mit Erfahrung)
- Testsprache: standardisierte Versionen in über 30 Sprachen verfügbar
- Gesamtscore (Gesamtpunktzahl): maximal 30 Punkte
- +1 Zusatzpunkt bei ≤12 Schuljahren als Bildungsanpassung
Testbereiche und Aufgaben
- Visuokonstruktive Fähigkeiten (räumlich-konstruktive Fähigkeiten, z. B. Uhrzeichnen, Würfel abzeichnen)
- Exekutive Funktionen (Planungs- und Steuerungsfunktionen des Gehirns, z. B. Aufgabenwechsel, Abstraktionsvermögen)
- Benennung (drei Tierabbildungen)
- Aufmerksamkeit, Konzentration und Arbeitsgedächtnis (kurzzeitiges Behalten und Bearbeiten von Informationen, z. B. Zahlenspanne, Buchstabieren, Rechenaufgabe)
- Sprachliche Fähigkeiten (z. B. Satzwiederholung, Wortflüssigkeit)
- Gedächtnis (Lern- und Abrufphase)
- Orientierung (zeitlich und örtlich)
Normbereiche (je nach Alter und Bildungsstand)
Gesamtpunktzahl | Interpretation |
---|---|
26-30 Punkte | Unauffälliger Befund (normal) |
18-25 Punkte | Mögliche milde kognitive Störung (leichte Beeinträchtigung) |
< 18 Punkte | Hinweis auf moderate bis schwere Demenzform (ausgeprägte Störung) |
Der MoCA ist sensitiver (empfindlicher) als der MMST und deckt insbesondere exekutive und frontale Defizite (Störungen im Stirnhirn) früher auf.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Verdacht auf milde kognitive Störung (leichte Denkstörung)
- Früherkennung von Alzheimer-Demenz (Alzheimer-Krankheit)
- Abklärung von Parkinson-assoziierten kognitiven Einschränkungen (Gedächtnisprobleme bei Parkinson)
- Kognitive Testung bei vaskulärer Demenz (durchblutungsbedingte Demenzform)
- Neurokognitive Verlaufsdiagnostik (geistige Kontrolle im Verlauf, z. B. bei Chemotherapie oder chronischer Niereninsuffizienz)
- Differenzierung funktioneller (z. B. depressiver) und organischer Störungen (körperlich bedingte Störungen)
Interpretation
Erhöhte Werte
-
26-30 Punkte → unauffällig, keine kognitive Beeinträchtigung
Erniedrigte Werte
-
18-25 Punkte → Verdacht auf MCI (milde kognitive Störung) oder beginnende Demenz
-
< 18 Punkte → hochgradige kognitive Störung (ausgeprägte Denkstörung), differenzialdiagnostische Abklärung erforderlich
Spezifische Konstellationen
- Bildungsanpassung essenziell zur korrekten Bewertung
- Sprach- oder Kulturbarrieren beeinträchtigen Validität (Aussagekraft)
- Sensitiver als MMST für exekutive und frontotemporale Defizite (Stirn- und Schläfenhirnbereich)
- Nachweis sensibler Veränderungen bei neurodegenerativen Erkrankungen (z. B. Parkinson, Lewy-Body-Demenz)
Weiterführende Diagnostik
- Neuropsychologische Testbatterien (ausführliche Gedächtnistests, z. B. CERAD, TAP, DemTect)
- Bildgebung des ZNS (Zentralnervensystems), z. B. Magnetresonanztomographie [MRT]
- Liquordiagnostik (Untersuchung des Nervenwassers auf bestimmte Eiweiße wie Tau, β-Amyloid, Neurofilament)
- Labordiagnostik (z. B. Vitamin B12, TSH, Elektrolyte)
- EEG (Hirnstrommessung) bei Verdacht auf epileptiforme Ursachen
- Differenzialdiagnostik bei psychiatrischen Begleiterkrankungen (z. B. Depression)
Literatur
- Nasreddine ZS et al.: The Montreal Cognitive Assessment, MoCA: A brief screening tool for mild cognitive impairment. J Am Geriatr Soc. 2005 Apr;53(4):695-699. https://doi.org/10.1111/j.1532-5415.2005.53221.x
- Roalf DR et al.: Comparative accuracies of two common screening instruments for classification of Alzheimer's disease, mild cognitive impairment, and healthy aging. Alzheimers Dement (Amst). 2013 Jul;9(5):529-537. https://doi.org/10.1016/j.jalz.2012.10.001
- Freitas S et al.: Construct validity of the Montreal Cognitive Assessment (MoCA). J Int Neuropsychol Soc. 2012 Feb;18(2):242-250. https://doi.org/10.1017/S1355617711001573