Mini-Mental-Status-Test

Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) ist ein standardisiertes, international etabliertes Verfahren zur orientierenden Erfassung kognitiver Leistungsfähigkeit (Denk- und Gedächtnisfunktionen). Er wurde 1975 von Folstein et al. entwickelt und dient als Screeningtest (Suchtest) zur frühzeitigen Erkennung kognitiver Einschränkungen, insbesondere bei Verdacht auf Demenz (Gedächtnisstörung). Der MMST kommt vor allem in der geriatrischen, neurologischen und psychiatrischen Diagnostik zur Anwendung.

Synonyme

  • Mini-Mental-Test
  • MMST
  • Mini-Mental State Examination (MMSE)
  • Kognitiver Kurztest nach Folstein

Das Verfahren

Durchführung

  • Dauer: ca. 5-10 Minuten
  • Durchführung durch geschultes medizinisches Personal
  • Testsprache: i. d. R. Muttersprache des Patienten
  • Gesamtscore (Gesamtpunktzahl): maximal 30 Punkte

Testbereiche und Aufgaben

  • Orientierung (Orientierungsfähigkeit)
    • Zeitliche Orientierung (Datum, Wochentag, Monat, Jahr, Jahreszeit)
    • Räumliche Orientierung (Ort, Etage, Stadt, Bundesland, Einrichtung)
  • Merkfähigkeit (Kurzzeitgedächtnis)
    • Wiedergabe von drei zuvor genannten Begriffen
  • Aufmerksamkeit und Rechnen
    • Subtraktion in 7er-Schritten von 100
  • Erinnerung (Langzeitgedächtnis)
    • Reproduktion der drei zuvor genannten Begriffe
  • Sprache und Verstehen
    • Benennen von Objekten
    • Wiederholung eines Satzes
    • Befolgung von dreistufigen Aufforderungen
    • Lesen und Ausführen eines Satzes
    • Schreiben eines vollständigen Satzes
    • Nachzeichnen einer geometrischen Figur

Normbereiche (je nach Alter und Bildungsstand)

Gesamtpunktzahl Interpretation
27-30 Punkte Keine kognitive Beeinträchtigung
24-26 Punkte Zweifelhaft, evtl. leichte kognitive Störung
18-23 Punkte Mäßige kognitive Beeinträchtigung
<18 Punkte Schwere kognitive Störung

Hinweis: Bei älteren Menschen mit niedrigem Bildungsgrad können niedrigere Scores auch ohne pathologische Relevanz auftreten.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Verdacht auf Demenz oder Alzheimer-Krankheit (Gedächtnisabbau)
  • Beurteilung kognitiver Leistungsfähigkeit bei Depressionen (niedergeschlagene Stimmung)
  • Verlaufskontrolle bei kognitiven Störungen
  • Differenzierung organischer vs. funktioneller Störungen (körperlich vs. psychisch bedingte Beschwerden)
  • Geriatrisches Basisassessment (medizinischer Alters-Check)
  • Neuropsychologische Frühdiagnostik (Testung geistiger Leistungsfähigkeit)

Interpretation

Erhöhte Werte

  • Über dem Normbereich (28-30 Punkte):
    • Keine klinisch relevante kognitive Beeinträchtigung

Erniedrigte Werte

  • Leichte kognitive Störung (leichte Einschränkung des Denkens), beginnende Demenz, Depression („pseudodementes“ Syndrom), delirante Zustände (akute Verwirrung), neurodegenerative Erkrankungen (krankhafte Veränderungen des Nervensystems) wie Morbus Alzheimer (Alzheimer-Krankheit), Parkinson-Demenz (Gedächtnisprobleme bei Parkinson), frontotemporale Demenz (Sonderform der Demenz)

Spezifische Konstellationen

  • Altersabhängige Einbußen – insbesondere bei eingeschränkter Hör- oder Sehfähigkeit
  • Depressive Störungen – häufig mit überproportional niedrigen Werten
  • Bildungsabhängigkeit – geringere Validität bei Patienten mit niedriger Schulbildung
  • Sprachbarrieren – reduzierte Testaussagekraft bei unzureichenden Sprachkenntnissen

Weiterführende Diagnostik

  • Demenzabklärung mittels strukturierter neuropsychologischer Testbatterien (ausführlicher Gedächtnistests, z. B. CERAD, DemTect, MoCA)
  • Neuroimaging (bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomographie [MRT])
  • Labordiagnostik zur Differentialdiagnose (z. B. Vitamin B12, Schilddrüse, Elektrolyte)
  • Liquoruntersuchung (Nervenwasseranalyse) bei Verdacht auf neurodegenerative oder entzündliche Ursachen
  • Funktionelle Bildgebung (z. B. FDG-PET – spezielle Hirnstoffwechseluntersuchung)

Literatur

  1. Folstein MF, Folstein SE, McHugh PR. "Mini-mental state". A practical method for grading the cognitive state of patients for the clinician. J Psychiatr Res. 1975;12(3):189-198. https://doi.org/10.1016/0022-3956(75)90026-6
  2. Arevalo-Rodriguez I et al.: Mini-Mental State Examination (MMSE) for the detection of Alzheimer's disease and other dementias in people with mild cognitive impairment (MCI). Cochrane Database Syst Rev. 2015;2015(3):CD010783. https://doi.org/10.1002/14651858.CD010783.pub2
  3. Mitchell AJ: A meta-analysis of the accuracy of the mini-mental state examination in the detection of dementia and mild cognitive impairment. J Psychiatr Res. 2009 Jan;43(4):411-431. https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2008.04.014