HBs-Antigen
Das HBs-Antigen (HBsAg; Hepatitis-B-Oberflächenantigen) ist ein Proteinbestandteil der Hülle des Hepatitis-B-Virus (HBV). Der Nachweis von HBs-Antigen im Blut stellt einen der frühesten und empfindlichsten Marker einer akuten oder chronischen Hepatitis-B-Infektion (Leberentzündung durch Hepatitis-B-Viren) dar und dient sowohl der Diagnostik als auch dem Screening.
Das HBs-Antigen ist ein zentraler Bestandteil der Serologie (Blutuntersuchung auf Antigene und Antikörper) bei Hepatitis-B und spielt eine Schlüsselrolle in der Beurteilung von Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit), Erkrankungsstadium und Therapiekontrolle.
Das Verfahren
Benötigtes Material
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Blutserum oder Plasma
Vorbereitung des Patienten
-
Keine spezielle Vorbereitung erforderlich.
Störfaktoren
- Hämolyse (Zerstörung roter Blutkörperchen) kann zu fehlerhaften Testergebnissen führen.
- Seltene technische Kreuzreaktionen bei hoher Konzentration von Rheumafaktoren (Autoantikörper) oder heterophilen Antikörpern (unspezifische Antikörper).
- Sehr frühe oder sehr späte Stadien der Infektion mit extrem niedrigen Antigenkonzentrationen können zu falsch-negativen Ergebnissen führen.
Normwerte
-
HBs-Antigen – Nicht nachweisbar im Serum/Plasma gesunder Personen.
Hinweis: Der qualitative Nachweis (positiv/negativ) ist Standard. Quantitative Tests zur Bestimmung der HBs-Antigen-Konzentration (IU/ml) werden zur Verlaufskontrolle eingesetzt.
Indikationen
- Screening (Vorsorgeuntersuchung) auf Hepatitis-B-Infektion (z. B. bei Schwangeren, Blutspendern, medizinischem Personal, Dialysepatienten)
- Abklärung unklarer Leberwerterhöhungen
- Diagnostik bei Verdacht auf akute oder chronische Hepatitis-B
- Therapiekontrolle bei chronischer Hepatitis-B unter antiviraler Behandlung
- Abklärung vor Immunmodulation oder immunsuppressiver Therapie (z. B. Chemotherapie, Biologika)
Interpretation
Interpretation positiver Befunde
- Akute Hepatitis-B – HBs-Antigen nachweisbar oft bereits 1-10 Wochen nach Infektion; Persistenz < 6 Monate.
- Chronische Hepatitis-B – HBs-Antigen persistiert > 6 Monate.
- Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) – Nachweis des HBs-Antigens zeigt potenzielle Ansteckungsfähigkeit an. Hohe Konzentrationen korrelieren mit erhöhter Viruslast (Menge des Virus im Blut).
- Therapieversagen/Rezidiv (Rückfall) – Wiederauftreten oder Persistenz des HBs-Antigens trotz Therapie.
Interpretation negativer Befunde
- Keine aktive Infektion (bei gleichzeitigem Nachweis von Anti-HBs (Oberflächenantikörper) → Immunität).
- Sehr frühes Infektionsstadium (sogenanntes diagnostisches Fenster) nicht ausgeschlossen.
- Erfolgreiche Immunantwort bei abgelaufener Infektion oder nach Impfung.
Besonderheiten
- HBsAg-clearance (Verlust des HBs-Antigens) gilt als Hinweis auf spontane oder therapieinduzierte Remission (Rückbildung der Erkrankung).
- Falsch-negative Ergebnisse möglich bei sogenannter „Occult Hepatitis B“ (versteckte Hepatitis-B mit Virusnachweis trotz negativem HBs-Antigen).
Weitere Diagnostik
Zur umfassenden Beurteilung einer Hepatitis-B-Infektion sollten zusätzlich folgende Marker bestimmt werden:
- Anti-HBs (Hepatitis-B-Oberflächenantikörper) – Hinweis auf Immunität.
- Anti-HBc (Antikörper gegen das Hepatitis-B-Core-Antigen) – Marker für durchgemachte oder bestehende Infektion.
- HBe-Antigen und Anti-HBe – Bewertung der Replikationsaktivität (Virusvermehrung) und Infektiosität.
- HBV-DNA – Quantifizierung der Viruslast (Virusmenge im Blut).
- Leberwerte – Alanin-Aminotransferase (ALT), Aspartat-Aminotransferase (AST), Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT), Alkalische Phosphatase (AP), Bilirubin.
- Leberfibrose-Assessment (Untersuchung zur Leberverhärtung) – z. B. Elastographie oder FibroTest bei chronischer Infektion.
Literatur
- Terrault NA, Lok ASF, McMahon BJ, et al. Update on prevention, diagnosis, and treatment of chronic hepatitis B: AASLD 2018 hepatitis B guidance. Hepatology. 2018;67(4):1560-1599. D: 10.1002/hep.29800
- European Association for the Study of the Liver (EASL). EASL 2017 Clinical Practice Guidelines on the management of hepatitis B virus infection. J Hepatol. 2017;67(2):370-398. https://doi.org/10.1016/j.jhep.2017.03.021