Zytokine

Zytokine sind eine heterogene Gruppe kleiner Proteine oder Glykoproteine, die von verschiedenen Zellen (z. B. Immunzellen, Endothelzellen, Fibroblasten) sezerniert werden und eine zentrale Rolle bei der Regulation von Immunreaktionen, Entzündungen und Zellwachstum spielen. Sie wirken entweder autokrin, parakrin oder endokrin, wobei sie Zielzellen aktivieren oder inhibieren können. Zytokine sind essenziell für die Kommunikation zwischen Zellen des Immunsystems und modulieren die Balance zwischen humoraler und zellulärer Immunantwort.

Hauptgruppen der Zytokine:

  • Interleukine (IL)
  • Interferone (IFN)
  • Tumornekrosefaktoren (TNF)
  • Koloniestimulierende Faktoren (CSF)
  • Chemokine
  • Transforming Growth Factors (TGF)

Eine Dysregulation der Zytokinproduktion ist mit zahlreichen Erkrankungen wie Sepsis, Autoimmunerkrankungen, chronischen Entzündungen und Tumorprogression assoziiert.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Blutserum oder Plasma (je nach Zytokin und Testmethode)
  • Möglich auch Liquor cerebrospinalis oder andere Körperflüssigkeiten bei spezifischen Fragestellungen

Vorbereitung des Patienten

  • Nüchternheit wird empfohlen, insbesondere bei Studien zu basalen Entzündungswerten.
  • Stresssituationen und körperliche Belastung vor der Probenabnahme vermeiden.

Störfaktoren

  • Hämolyse, Lipämie und Ikterus können die Messung beeinflussen.
  • Präanalytische Variabilität: Zeitpunkt der Blutabnahme, zirkadiane Schwankungen, Lagerung und Transportbedingungen.
  • Medikamente wie Kortikosteroide oder Immunsuppressiva beeinflussen die Zytokinspiegel.

Normwerte

Normwerte für Zytokine variieren stark in Abhängigkeit von:

  • Alter
  • Geschlecht
  • Gesundheitszustand
  • Analysemethode (z. B. ELISA, Multiplex-Assays)

Beispiele für typische Referenzbereiche (Serumkonzentrationen):

Zytokin Normbereich (pg/ml)
IL-6 < 7
IL-10 < 10
TNF-α < 8
IFN-γ < 10

Hinweis: Werte sind laborabhängig und müssen individuell interpretiert werden.

Indikationen

  • Diagnostik bei systemischen Entzündungen (z. B. Sepsis, Zytokinsturm)
  • Verlaufskontrolle bei Autoimmunerkrankungen (z. B. Rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes)
  • Tumorimmunologie und onkologische Verlaufskontrollen
  • Diagnostik bei infektiösen Erkrankungen (z. B. COVID-19, HIV)
  • Monitoring bei Transplantationspatienten (Abstoßungsreaktion)
  • Diagnostik von allergischen Erkrankungen

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

  • Sepsis – Starke Erhöhung von IL-6, TNF-α, IL-1β
  • Autoimmunerkrankungen – Erhöhte IL-6, IL-17, TNF-α
  • Zytokinsturm (z. B. bei CAR-T-Zelltherapie) – Massive Erhöhung von IL-6, IFN-γ, GM-CSF
  • Chronische Entzündungen – Anhaltend erhöhte Spiegel von proinflammatorischen Zytokinen
  • Tumorprogression – Erhöhte IL-6, TGF-β im Tumormikromilieu
  • Infektionen – Variabel je nach Pathogen (z. B. IFN-γ bei viralen Infektionen, IL-8 bei bakteriellen Infektionen)

Interpretation erniedrigter Werte

  • Schwerwiegende Immundefizite (z. B. AIDS)
  • Immunsuppressive Therapie (z. B. nach Organtransplantation)
  • Corticosteroidbehandlung

Weitere Hinweise

  • Multiplex-Technologien (z. B. Luminex) erlauben die gleichzeitige Bestimmung mehrerer Zytokine und verbessern die Aussagekraft komplexer Immunprofile.
  • Eine isolierte Betrachtung einzelner Zytokinwerte ist oft nicht sinnvoll – es sollte stets das Gesamtbild unter Berücksichtigung klinischer Symptomatik und weiterer Laborparameter interpretiert werden.
  • Bestimmte Zytokine haben kurze Halbwertszeiten (Minuten bis wenige Stunden); daher ist die präzise Handhabung der Proben von entscheidender Bedeutung.
  • Bei Verdacht auf Zytokinsturm empfiehlt sich eine schnelle und serielle Bestimmung der relevanten Marker.