Entzündungsdiagnostik: Wichtige Laborparameter, Halbwertszeiten und diagnostische Aussagekraft
Die Labordiagnostik bei Entzündungen ist ein zentraler Bestandteil der klinischen Diagnostik, da Entzündungsprozesse eine maßgebliche Rolle bei einer Vielzahl akuter und chronischer Erkrankungen spielen. Um das Ausmaß, die Dynamik und die zugrunde liegende Ursache einer Entzündung zu erfassen, werden spezifische Entzündungsmarker herangezogen, die eine hohe klinische Aussagekraft besitzen. Zu diesen Biomarkern zählen sowohl klassische Parameter wie die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und die Leukozytenzahl als auch moderne Akut-Phase-Proteine wie C-reaktives Protein (CRP) oder Procalcitonin (PCT) sowie immunologische Marker wie Zytokine, Interleukin-6 (IL-6) oder Tumornekrosefaktor-α (TNF-α).
Ein differenzierter Blick auf die Halbwertszeiten, Kinetik und diagnostische Bedeutung dieser Marker ermöglicht eine präzise Einschätzung des Entzündungsstatus – von der Frühphase einer Infektion bis hin zur Verlaufskontrolle chronischer entzündlicher Erkrankungen. Die folgende Übersicht stellt die wichtigsten laborchemischen Entzündungsparameter, ihre diagnostische Relevanz und ihre Kinetik in strukturierter Form dar.
- Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) – Traditioneller und einfacher Test, der die Sedimentationsrate der Erythrozyten (rote Blutkörperchen) im Blut misst. Eine erhöhte BSG kann ein Indikator für Entzündungsprozesse, Infektionen oder autoimmune Erkrankungen sein.
- C-reaktive Protein (CRP) – Akute-Phase-Protein, das in der Leber produziert wird und dessen Spiegel bei Entzündungen schnell ansteigt. CRP ist ein sensitiver Marker für Entzündungen und wird häufig zur Überwachung von entzündlichen Erkrankungen und Infektionen eingesetzt.
- Calprotectin – Protein, das bei Entzündungsprozessen im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) freigesetzt wird. Die Bestimmung von Calprotectin im Stuhl ist hilfreich bei der Diagnose und Überwachung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.
- Lactoferrin – Marker, der in den Granulozyten gefunden wird und dessen Konzentration bei entzündlichen Darmerkrankungen im Stuhl erhöht sein kann.
- Procalcitonin (PCT) – Biomarker, der insbesondere bei bakteriellen Infektionen ansteigt. Es ist nützlich zur Unterscheidung zwischen bakteriellen und viralen Infektionen und wird häufig in der Sepsis-Diagnostik eingesetzt.
- Zytokine und Interleukin-6 (IL-6) – Wichtige Botenstoffe des Immunsystems, die die Entzündungsreaktionen regulieren. IL-6 wird frühzeitig bei akuten Entzündungsprozessen ausgeschüttet und fördert die Synthese von Akute-Phase-Proteinen wie CRP. Die Bestimmung von IL-6 dient der frühzeitigen Erkennung systemischer Entzündungen und ist besonders bedeutsam in der Diagnostik schwerer Infektionen, Sepsis und chronisch-entzündlicher Erkrankungen.
- Fibrinogen – Akute-Phase-Protein, das bei Entzündungsreaktionen vermehrt synthetisiert wird. Es trägt zur Blutgerinnung bei, beeinflusst die BSG und dient als zusätzlicher Marker zur Einschätzung chronischer oder systemischer Entzündungen.
- Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) – Früher Zytokinmarker, der eine zentrale Rolle bei der Aktivierung der systemischen Entzündungsreaktion spielt. TNF-α ist insbesondere bei Autoimmunerkrankungen und schweren Infektionen von Bedeutung, wird jedoch aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit nur begrenzt in der Routinediagnostik eingesetzt.
- Leukozytenzahl – Erhöhungen (Leukozytose) treten häufig bei akuten bakteriellen Infektionen, entzündlichen Prozessen oder myeloproliferativen Erkrankungen auf. Eine Verminderung (Leukopenie) kann auf Virusinfektionen, Knochenmarksuppression oder Autoimmunprozesse hinweisen. Die Leukozytenzahl ist ein unspezifischer, aber grundlegender Parameter in der Entzündungsdiagnostik.
Diese Tests sind wesentlich für die Diagnose und Überwachung von Entzündungen, da sie nicht nur die Anwesenheit von Entzündungen anzeigen, sondern auch helfen, deren Ursache und Schweregrad zu bestimmen.
Wichtige Laborparameter in der Entzündungsdiagnostik mit diagnostischer Bedeutung und Halbwertszeit
Laborparameter | Diagnostische Bedeutung | Halbwertszeit | Besonderheiten/Kommentar |
---|---|---|---|
Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) | Unspezifischer Marker für Entzündung, Infektion, Autoimmunerkrankungen | Stunden bis Tage | Langsame Kinetik, beeinflusst durch Alter, Anämie, Schwangerschaft |
C-reaktives Protein (CRP) | Akute-Phase-Protein, sensitiver Marker für akute Entzündungen und Infektionen | ca. 19 Stunden | Schneller Anstieg und Abfall, gut zur Verlaufskontrolle geeignet |
Calprotectin (Stuhl) | Marker für intestinale Entzündung, v. a. bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) | ca. 22 Stunden | Spezifisch für Neutrophilenaktivität im Darm, stabil im Stuhl |
Lactoferrin (Stuhl) | Marker für neutrophile Entzündungen im Gastrointestinaltrakt | ca. 4 Tage | Ergänzend zu Calprotectin, stabil im Stuhl |
Procalcitonin (PCT) | Marker für bakterielle Infektionen und Sepsis | 20-24 Stunden | Unterscheidung zwischen bakteriellen und viralen Infektionen, korreliert mit Infektionsschwere |
Interleukin-6 (IL-6) | Früher Marker für systemische Entzündung, Sepsis, chronische Entzündungen | Minuten bis 1 Stunde | Sehr schnelle Kinetik, Frühmarker, kurze Halbwertszeit |
Fibrinogen | Akute-Phase-Protein, Marker für Entzündung und Gerinnungsaktivierung | 3-5 Tage | Auch kardiovaskulärer Risikomarker, beeinflusst BSG |
Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) | Früher Zytokinmarker für systemische Entzündungsreaktionen | < 30 Minuten | Sehr kurze Halbwertszeit, begrenzte Routinediagnostik |
Leukozytenzahl | Unspezifischer Indikator für Entzündung, Infektion | Variabel, je nach Zelllinie | Erhöhungen oder Verminderungen liefern erste Hinweise auf Entzündungen oder Infektionen |
Zytokine | Immunmodulatorische Botenstoffe mit zentraler Rolle in Entzündungsprozessen | Sekunden bis Stunden | IL-1β, IL-2, IL-8, IFN-γ u. a.; in der Akut- und Verlaufsdiagnostik v. a. im Forschungs- und Spezialbereich genutzt |