Osteoporose – Einleitung

Die Osteoporose – umgangssprachlich Knochenschwund genannt – ist eine altersassoziierte systemische Skeletterkrankung. Es kommt dabei zu einer zunehmenden Verminderung der Knochenmasse- und qualität, wodurch sich das Risiko für Frakturen (Knochenbrüche) deutlich erhöht.

Synonyme und ICD-10: Altersosteoporose; Knochenatrophie; Knochendekalzifikation; Knochendemineralisation; Osteoporosis;ICD-10-GM M80.-: Osteoporose mit pathologischer Fraktur; ICD-10-GM M81.-: Osteoporose ohne pathologische Fraktur; ICD-10-GM M82.-: Osteoporose bei andernorts klassifizierten Krankheiten

Definition

Osteoporose-Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beruhend auf der Osteodensitometrie mittels der DEXA-Methode:

  • Normal: T-Wert zwischen 0 und -1 Standardabweichung (SD) unter maximaler Knochenmasse, keine Frakturen
  • Osteopenie: T-Wert zwischen -1 und -2,5 SD unter maximaler Knochenmasse, keine Frakturen
  • Osteoporose: T-Wert kleiner als -2,5 SD unter maximaler Knochenmasse, keine Frakturen
  • Manifeste Osteoporose: T-Wert kleiner als -2,5 SD unter maximaler Knochenmasse, 1-3 osteoporosebedingte Frakturen
  • Fortgeschrittene Osteoporose: T-Wert kleiner als -2,5 SD unter maximaler Knochenmasse, multiple Wirbelkörperfrakturen, oft auch extraspinale Frakturen

Der Schwellenwert von -2,5 Standardabweichungen wurde von der WHO gewählt, da dieser recht gut mit der Häufigkeit osteoporotischer Frakturen bei Frauen korreliert. Ob dieser Schwellenwert auch mit der Frakturhäufigkeit bei Männern korreliert, ist zurzeit noch kontrovers.

Charakteristische Laborbefunde

  • Serumcalcium
    • Typischerweise normal: In den meisten Fällen von postmenopausaler Osteoporose und altersbedingter Osteoporose sind die Serumkalziumspiegel normal.
    • Abweichungen: Erniedrigte oder erhöhte Kalziumwerte können auf sekundäre Ursachen wie Hypoparathyreoidismus oder Hyperparathyreoidismus hinweisen.
  • Serumphosphat
    • Typischerweise normal: Phosphatspiegel sind in der Regel bei primärer Osteoporose normal.
    • Abweichungen: Erhöhte oder erniedrigte Phosphatspiegel können auf Störungen im Kalzium-Phosphat-Stoffwechsel hinweisen, wie sie bei Erkrankungen der Nebenschilddrüsen auftreten.
  • Alkalische Phosphatase (AP)
    • Normal bis leicht erhöht: Bei primärer Osteoporose ist die alkalische Phosphatase im Serum meistens normal oder leicht erhöht.
    • Erhöht: Deutlich erhöhte Werte können auf einen erhöhten Knochenumbau hinweisen, wie bei Morbus Paget oder in Heilungsphasen nach Frakturen.
  • 25-Hydroxyvitamin D (25(OH)D)
    • Erniedrigt: Ein Vitamin-D-Mangel ist häufig bei Patienten mit Osteoporose und kann zu einer sekundären Hyperparathyreoidismus führen, was den Knochenverlust verstärkt.
    • Empfehlung: Ein Zielwert von mindestens 30 ng/mL (75 nmol/L) wird für die Prävention von Knochenschwund empfohlen.
  • Parathormon (PTH)
    • Normal bis leicht erhöht: Bei postmenopausaler Osteoporose kann PTH normal sein oder leicht erhöht als kompensatorische Reaktion auf einen Vitamin-D-Mangel.
    • Deutlich erhöht: Ein stark erhöhter PTH-Spiegel kann auf einen primären Hyperparathyreoidismus als Ursache für den Knochenverlust hinweisen.
  • Knochenresorptionsmarker
    • C-Telopeptid (CTX) und N-Telopeptid (NTX):
      • Erhöht: Diese Marker sind oft bei Osteoporose erhöht und spiegeln eine erhöhte Knochenresorption wider.
    • Pyridinoline und Deoxypyridinoline
      • Erhöht: Diese Kollagenabbauprodukte können ebenfalls erhöht sein und weisen auf einen verstärkten Knochenabbau hin.
  • Knochenformationsmarker
    • Osteocalcin:
      • Erhöht: Ein Marker für die Knochenneubildung, der bei hohem Knochenumsatz, wie bei Osteoporose, erhöht sein kann.
    • Prokollagen Typ 1 N-terminales Propeptid (P1NP):
      • Erhöht: Ein sensibler Marker für die Knochenbildung, der bei erhöhtem Knochenumbau gesteigert ist.
  • Serumkreatinin
    • Normal: Normalerweise unauffällig, es sei denn, es besteht eine Niereninsuffizienz, die sekundär zu einer renalen Osteodystrophie führen kann.
  • TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)
    • Erniedrigt: Bei Patienten mit Hyperthyreose kann die Osteoporose durch eine beschleunigte Knochenresorption verstärkt werden.

Formen der Osteoporose

Primäre Osteoporose

  • Postmenopausale Osteoporose: Tritt nach der Menopause auf, häufig durch Östrogenmangel verursacht.
  • Senile Osteoporose: Betrifft ältere Personen, meist durch eine Kombination aus altersbedingtem Knochenschwund und geringerer Kalziumaufnahme.

Sekundäre Osteoporose

  • Entwickelt sich als Folge anderer Erkrankungen oder durch bestimmte Medikamente (z. B. Kortikosteroide, Antikonvulsiva, Chemotherapeutika).

Weiteres zu primärer und sekundärer Osteoporose s. u. "Klassifikation".

Epidemiologie

Die Weltgesundheitsorganisation listet die Osteoporose unter den 10 häufigsten Volkskrankheiten.

Geschlechterverhältnis: Das Verhältnis Frauen zu Männern liegt bei 60-70-Jährigen bei 6:1, was sich bei den über 70-Jährigen auf 2:1 reduziert.

Häufigkeitsgipfel: Die Osteoporose ist eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Jede 4. Frau und jeder 17. Mann älter als 50 Jahre sind an einer Osteoporose erkrankt.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei 25 % der postmenopausalen Frauen (Frauen nach der Menopause) in Deutschland.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt für osteoporotisch bedingte, nicht vertebrale (wirbelsäulenbedingte) Frakturen (Knochenbrüche):

  • Frauen über 50 Jahren: 19 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner
  • Männer über 50 Jahren: 7,3 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Progression und Symptome
    • Osteoporose ist eine progressive Erkrankung, die häufig asymptomatisch verläuft, bis es zu einer Fraktur (Knochenburch) kommt.
  • Frakturhäufigkeit und -orte
    • Über die Hälfte der betroffenen Patienten erleidet innerhalb von vier Jahren mindestens eine Fraktur.
    • Häufigste Frakturstätten:
      • Proximaler Femur (Oberschenkelknochen)
      • Distaler Radius (Speiche)
      • Proximaler Humerus (Oberarmknochen)
      • Wirbelkörper
  • Auswirkungen
    • Frakturen verursachen erhebliche Morbidität und beeinträchtigen die Lebensqualität erheblich.
    • Jährlich werden in Deutschland mindestens 400.000 osteoporosebedingte Frakturen registriert.
    • Schenkelhals- und Wirbelkörperfrakturen sind am häufigsten.
    • Diese Frakturen führen oft zu dauerhafter Beeinträchtigung der Mobilität und Selbstständigkeit der Betroffenen.

Prognose

  • Mortalitätsrate (Sterberate)
    • Nach einer Fraktur des proximalen Femurs (hüftgelenksnaher Oberschenkelbruch) beträgt die Mortalitätsrate in den ersten 1-2 Jahren 20-25 %.
    • Hohe Mortalität aufgrund von Komplikationen wie:
      • Thrombosen
      • Lungenembolien
      • Infektionen
      • Allgemeine Dekonditionierung (Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit mit Funktionsbeeinträchtigungen)
  • Lebenserwartung
    • Durchschnittliche Lebenserwartung von Osteoporose-Patienten:
      • Frauen unter 75 Jahren: mehr als 15 Jahre
      • Männer unter 60 Jahren: mehr als 15 Jahre
    • Lebenserwartung kann durch Frakturhäufigkeit und resultierende Komplikationen stark beeinflusst werden.
    • Die durchschnittliche Lebenserwartung von Osteoporose-Patienten liegt bei Frauen im Alter von unter 75 Jahren und bei Männern im Alter von unter 60 Jahren über 15 Jahren [1].
  • Bedeutung der Frühdiagnose:
    • Frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um Frakturen zu verhindern und die Lebensqualität der Patienten zu erhalten.
    • Gemäß der neuen S3-Leitlinie sollte für beide Geschlechter ab dem 70. Lebensjahr eine Osteoporosebasisdiagnostik erfolgen. Diese besteht aus Basislaborbestimmungen, einer Knochendichtemessung und ggf. einer bildgebenden Wirbelsäulenuntersuchung. 

Literatur

  1. Abrahamsen B, Osmond C, Cooper C: Life Expectancy in Patients Treated for Osteoporosis: Observational Cohort Study Using National Danish Prescription Data. J Bone Miner Res. 2015 Feb 7. doi: 10.1002/jbmr.2478

Leitlinien

  1. DVO Leitlinie: Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern. Kurzfassung 2023
  2. S3-Leitlinie: Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50.Lebensjahr. (AWMF-Registernummer: 183-001), September 2023 Langfassung