Cytomegalie – Einleitung

Beim humanen Cytomegalievirus (HCMV) handelt es sich um ein behülltes, doppelstrangiges DNA-Virus, welche zur Familie der Herpesviridae gehört.

Synonyme und ICD-10: Humanes Herpes-Virus 5 (HHV 5), Zytomegalievirus (ZMV) oder Cytomegalievirus/Cytomegalovirus (CMV) bezeichnet; CMV-Infektion; Cytomegalie-Virus; Cytomegaly; Einschlusskörperchenkrankheit; Speicheldrüsen-Viruskrankheit; Zytomegalie; Zytomegalie-Virus; ICD-10-GM B25.-: Zytomegalie)

Formen der Cytomegalie

Nach Infektionszeitpunkt

  • Pränatale Infektion: Infektion des ungeborenen Kindes über die Mutter vor der Geburt (intrauterine Infektion)
  • Perinatale Infektion: Infektion des Kindes während der Geburt über die Mutter; erhöhtes Risiko für einen Abort und Missbildungen; die meisten Kinder kommen jedoch gesund zur Welt
  • Postnatale Infektion: Infektion nach der Geburt bei Neugeborenen/Kindern; bei CMV-positiven Müttern ist das Virus auch in der Muttermilch nachweisbar (Gefahr für Frühgeborene mit Geburtsgewicht < 1.500 g [1])

Hinweis: Das CMV ist der häufigste Erreger kongenitaler (angeborener) Infektionen. Die Primärinfektion tritt meistens bereits im frühen Kindesalter auf.

Epidemiologie

  • Erregerreservoir: Der Mensch ist das einzige relevante Erregerreservoir.
  • Vorkommen: Die Infektion tritt weltweit auf. Die Durchseuchung der erwachsenen Bevölkerung beträgt in Europa bis zu 50 % und ca. 90 % in den Entwicklungsländern.
  • Prävalenz bei Schwangeren: In 0,5-4 % der Schwangerschaften infiziert sich eine Frau erstmals kurz vor oder während der Schwangerschaft mit CMV.
  • Kontagiosität (Ansteckungsfähigkeit): Hoch; die Pathogenität ist bei immunkompetenten Patienten jedoch gering.
  • Saisonale Häufung: Cytomegalie tritt gehäuft im Sommer auf.
  • Übertragungswege: Körperflüssigkeiten wie Speichel, Blut oder Samenflüssigkeit, diaplazentare Übertragung ("über den Mutterkuchen"), Organtransplantationen, Bluttransfusionen.
  • Maternofetale Transmissionsrate (Übertragung von Mutter auf das Kind): 30 % im ersten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel), 38 % im zweiten und 72 % im dritten Trimenon [2].
  • Inkubationszeit: Durchschnittlich 1-2 Wochen (2-35 Tage).
  • Krankheitsdauer: In der Regel ca. 8 Tage.
  • Häufigkeitsgipfel: Vorwiegend Kinder.
  • Dauer der Infektiosität: Ab 2-3 Tage vor und während der Symptomatik; Virusnachweis im Stuhl bis zu mehreren Wochen.
  • Seroprävalenz: In Deutschland liegt die Seroprävalenz bei 50-70 % (Niederprävalenzland) [3]; bei Schwangeren beträgt sie 42 %.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch oder mild. Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Infektion bei Schwangeren und immundefizienten Personen, bei denen die Infektion schwerwiegende Komplikationen verursachen kann.

  • Primärinfektion bei Schwangeren: Geht mit hohen Transmissionsraten (bis zu 70 %) einher, was eine Infektion des Fetus bedeutet. Cytomegalie ist die häufigste intrauterine Infektion mit einer Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von ca. 1 % aller Neugeborenen.
  • CMV-Pneumonie: Häufig bei immunsupprimierten Patienten nach Lungentransplantationen.
  • Reaktivierung: Das Virus persistiert lebenslang im Körper. Bei einer Schwächung des Immunsystems kann es reaktiviert werden und zu erneuten Infektionen führen.
  • Immunität: Die Immunität ist typenspezifisch.

Prognose

Die Prognose hängt vom Immunsystem des Patienten und dem Zeitpunkt der Infektion ab:

  • Bei immunkompetenten Personen: Meistens gut, da die Infektionen oft asymptomatisch oder mild verlaufen.
  • Bei Schwangeren: Hohe Transmissionsrate auf den Fetus mit erhöhtem Risiko für Missbildungen und Aborte.
  • Bei Immunsupprimierten: Erhöhtes Risiko für schwere Komplikationen und erhöhte Mortalität.
  • Keine Schutzimpfung: Derzeit steht keine Impfung gegen Cytomegalie zur Verfügung.

Eine Schutzimpfung gegen Cytomegalie steht bislang nicht zur Verfügung. 

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig

Komorbiditäten

Bei immunsupprimierten Personen, insbesondere nach Organtransplantationen, sind bakterielle und andere virale Infektionen häufige Komplikationen.

Literatur

  1. Josephson CD et al.: Blood Transfusion and Breast Milk Transmission of Cytomegalovirus in Very Low-Birth-Weight Infants A Prospective Cohort Study. JAMA Pediatr. Published online September 22, 2014. doi:10.1001/jamapediatrics.2014.1360
  2. Enders G, Daiminger A, Bäder U, Exler S, Enders M: Intrauterine transmission and clinical outcome of 248 pregnancies with primary cytomegalovirus infection in relation to gestational age. J Clin Virol 2011 Nov;52(3):244-6. doi: 10.1016/j.jcv.2011.07.005. Epub 2011 Aug 5.
  3. Manicklal S, Emery VC, Lazzarotto T, Boppana SB, Gupta RK: The „silent“ global burden of congenital cytomegalovirus. Clin Microbiol Rev 2013 Jan;26(1):86-102. doi: 10.1128/CMR.00062-12.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung