Gutartige Neubildungen

Nachfolgend werden unter "Neubildungen" Krankheiten beschrieben, die gemäß ICD-10 dieser Kategorie zuzuordnen sind (D10-D36). Der ICD-10 dient der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten sowie verwandter Gesundheitsprobleme (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) und ist weltweit anerkannt.

Neubildungen

Neubildungen bzw. Neoplasien beschreiben unkontrolliert wachsende Zellwucherungen, die durch Fehlregulationen bei der Zellproliferation (Zellwachstum) entstehen. Diese Zellen unterliegen keinem Regelmechanismus mehr. Sie teilen sich häufiger und schneller und das unbegrenzt. Es bildet sich eine Geschwulst (Tumor = Schwellung, Verhärtung).

Neubildungen können jede Art von Körpergewebe betreffen. Sie können sowohl solitär (vereinzelt) als auch multifokal (an verschiedenen Stellen des Organismus) auftreten.

Nach der Dignität (biologisches Verhalten von Tumoren) werden Neubildungen wie folgt unterschieden:

  • Gutartige (benigne) Neubildungen
    • wachsen verdrängend, aber nicht infiltrierend (eindringend)
    • bilden keine Metastasen (Tochtergeschwülste)
  • Bösartige (maligne) Neubildungen
    • wachsen invasiv und zerstörend
    • Metastasenbildung: hämatogen (über den Blutweg), lymphogen (über die Lymphe)
    • werden unterteilt in:
      • niedrig-maligne Tumoren
      • hoch-maligne Tumoren
  • Semimaligne Neubildungen
    • wachsen invasiv und zerstörend
    • bilden in der Regel keine Metastasen

Gutartige und semimaligne Neubildungen lassen sich an ihrer Bezeichnung erkennen. An die lateinische Bezeichnung des Ursprungsgewebes der Neubildung wird "-om" drangehängt, z. B. Adenom (der Tumor besteht aus Drüsengewebe), Chondrom (der Tumor besteht aus Knorpelgewebe), Fibrom (der Tumor besteht aus Bindegewebe), Lipom (der Tumor besteht aus Fettgewebe).
Bösartige Neubildungen haben sehr unterschiedliche Bezeichnungen. Auch sie werden häufig nach dem Ursprungsgewebe benannt und enden auf -karzinom (Mammakarzinom; Mamma = Brust). Aber auch andere Begriffe werden verwendet. So kann das Aussehen der Tumorzellen bei der Namensgebung Berücksichtigung finden. Im Deutschen werden bösartige Neubildungen umgangssprachlich als "Krebs" bezeichnet.

Die Therapie von Neubildungen ist von verschiedenen Faktoren wie Dignität (biologisches Verhalten von Tumoren) bzw. Tumorart, Größe, Wachstumsgeschwindigkeit, Metastasen abhängig. Folgende Therapiemaßnahmen stehen zur Verfügung: Operation, Chemotherapie, Radiatio (Strahlentherapie), Hormontherapie sowie Immunbehandlung. Dazu werden häufig komplementäre Maßnahmen kombiniert, um die Wirksamkeit sowie die Verträglichkeit der Therapien zu unterstützen.

Bösartige Tumoren stellen nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache dar.

Gutartige (benigne) Neubildungen

Gutartige Neubildungen beschädigen die umliegenden Zellen nicht. Sie können aber durch ihre Raumforderung auf Gefäße, Nerven oder Organe drücken und dadurch symptomatisch werden und zu Komplikationen führen. Gutartige Tumoren kommen sehr häufig vor. 

Typisches Verhalten gutartiger Neubildungen:

  • wachsen langsam und verdrängend, aber nicht infiltrierend (eindringend)
  • gut abgrenzbar zum gesunden Gewebe
  • es handelt sich um gut differenziertes, homogenes (einheitliches) Gewebe
  • niedriger Zellgehalt
  • wenige bis keine Zellveränderungen, niedrige Zellteilungsrate
  • keine Metastasenbildung
  • symptomarm
  • selten rezidivierend (wiederkehrend)

Einige benigne Tumoren können entarten, das heißt bösartig werden, z. B. Kolonadenome (Dickdarmpolypen).

Die wichtigsten Risikofaktoren für gutartige (benigne) Neubildungen

Ernährung

  • Fettreiche Ernährung
    • Kann die Entstehung hormonabhängiger gutartiger Tumoren wie Mammafibroadenome begünstigen.
  • Ballaststoffarme Kost
    • Gilt als Risikofaktor für die Ausbildung kolorektaler Adenome (Dickdarmpolypen).
  • Übermäßiger Konsum tierischer Eiweiße
    • Kann die intestinale Zellproliferation fördern und das Risiko für Polypen im Verdauungstrakt erhöhen.

Genussmittelkonsum

  • Rauchen
    • Erhöht die Wahrscheinlichkeit für gutartige Neubildungen der Atemwege (z. B. Papillome im Kehlkopfbereich).
  • Alkoholkonsum
    • Kann mit hormonellen Dysregulationen einhergehen und die Proliferation von Lebergewebe fördern (z. B. Leberadenome).

Drogenkonsum

  • Anabolika und Androgene
    • Fördern das Wachstum gutartiger Tumoren z. B. in Leber oder Prostata.
  • Langfristiger Substanzabusus
    • Kann regeneratives Zellwachstum dysregulieren und gutartige Hyperplasien hervorrufen.

Körperliche Aktivität

  • Bewegungsmangel

    • Fördert Übergewicht und damit hormonelle Ungleichgewichte, die gutartige Tumoren (z. B. Uterusmyome) begünstigen können.

Psycho-soziale Situation

  • Chronischer Stress

    • Wirkt über neuroendokrine Achsen auf Zellteilung und hormonelle Regulation, mögliche indirekte Förderung von Gewebeproliferation.

Schlafqualität

  • Chronischer Schlafmangel
    • Kann über eine Störung der Melatoninproduktion zu Veränderungen der Zellregulation beitragen.
  • Zirkadiane Rhythmusstörung
    • Z. B. bei Schichtarbeit – mögliche Beeinflussung zellulärer Reparaturmechanismen und Hormonhaushalt.

Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)

  • Adipositas
    • Steigert das Risiko für östrogenabhängige Tumoren wie Uterusmyome und Fibroadenome der Brust.
  • Zentrale Fettverteilung
    • Geht mit erhöhten endokrinen Aktivitäten (z. B. vermehrte periphere Östrogensynthese) einher, die gutartige Tumorbildungen beeinflussen können.

Häufige gutartige Neubildungen

Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen für gutartige Neubildungen

Labordiagnostik

  • Basisblutbild (kleines Blutbild, CRP, BSG) – zur Erfassung von Entzündungszeichen oder unspezifischen Begleitreaktionen 
  • Hormonstatus – je nach Lokalisation (zum Beispiel Prolaktin bei Hypophysenadenom (gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse), Östrogene/Androgene bei hormonaktiven Ovarial- oder Nebennierentumoren (Eierstock- oder Nebennierentumoren))
  • Schilddrüsenparameter (TSH, fT3, fT4, gegebenenfalls TPO-AK) – bei Verdacht auf gutartige Schilddrüsenknoten oder Struma (Kropf)
  • Tumormarker – bei gutartigen Tumoren in der Regel nicht erhöht, aber zur Abgrenzung maligner Entitäten (bösartiger Tumoren) gelegentlich mitbestimmt (zum Beispiel CA 125 bei Ovarialzysten (Eierstockzysten))
  • Histopathologische Untersuchung (feingewebliche Analyse) – nach Biopsie oder Exzision (Gewebeentnahme oder -entfernung) zur definitiven Diagnosesicherung und Abgrenzung gegenüber malignen Läsionen (bösartigen Veränderungen)
  • HPV-Test (bei zervikalen Läsionen) – zum Ausschluss onkogener Virustypen (krebserregender HPV-Typen), zum Beispiel bei Condylomata acuminata (Feigwarzen)

Medizingerätediagnostik

  • Sonographie (Ultraschall)
    • Abdomensonographie – bei gutartigen Lebertumoren (zum Beispiel Leberhämangiom), Nierenzysten oder Uterusmyomen (gutartige Muskelknoten der Gebärmutter)
    • Lymphknotensonographie – bei benignen reaktiven Lymphadenopathien (reaktiv vergrößerten Lymphknoten)
    • Mammasonographie – zur Beurteilung von Fibroadenomen (gutartigen Brustknoten)
    • Nierensonographie – zur Detektion gutartiger renaler Raumforderungen (zum Beispiel Angiomyolipom)
    • Transvaginale Sonographie – zur Beurteilung gutartiger Ovarialzysten oder Uterusmyome (Gebärmuttermyome)
    • Transrektale Prostatasonographie (TRUS) – zur Abklärung einer benignen Prostatahyperplasie (gutartige Prostatavergrößerung)
  • Endoskopische Verfahren
  • Röntgendiagnostik
  • Schnittbildverfahren
    • Computertomographie (CT) – zur detaillierten Darstellung von Lokalisation, Ausdehnung und Abgrenzung gutartiger Tumoren (zum Beispiel im Bauch, Brustkorb oder Kopf)
    • Magnetresonanztomographie (MRT) – insbesondere bei gutartigen Weichteiltumoren (zum Beispiel Lipome oder Neurofibrome), endokrinen Raumforderungen (zum Beispiel Hypophysentumoren)
  • Weitere Verfahren (individuelle Indikation)

Welcher Arzt hilft Ihnen?

Bei gutartigen (benignen) Neubildungen ist der Hausarzt – in der Regel Allgemeinmediziner oder Internist – erster Ansprechpartner zur Abklärung unspezifischer Beschwerden oder tastbarer Veränderungen.

Je nach Lokalisation und Art der Neubildung erfolgt die Überweisung an folgende Fachärzte:

  • Dermatologe – bei Haut- oder Weichteiltumoren (z. B. Lipome, Fibrome).
  • Gynäkologe – bei gutartigen Tumoren der weiblichen Genitalorgane (z. B. Uterusmyome, Ovarialzysten).
  • Urologe – bei Neubildungen im Bereich der Harn- und Geschlechtsorgane (z. B. Prostataadenom).
  • HNO-Arzt – bei gutartigen Tumoren im Hals-Nasen-Ohren-Bereich (z. B. Kehlkopfpapillome).
  • Orthopäde – bei Knochentumoren oder Weichteilneubildungen des Bewegungsapparats.
  • Chirurg – zur operativen Entfernung symptomatischer oder wachsender benigner Tumoren.
  • Radiologe – zur bildgebenden Abklärung und Verlaufskontrolle (z. B. Sonographie, MRT, CT).
  • Pathologe – zur feingeweblichen (histologischen) Beurteilung nach Biopsie oder Exzision.

Bei komplexeren Fällen kann eine interdisziplinäre Vorstellung in spezialisierten Zentren sinnvoll sein.