Trigeminusneuralgie – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein), BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) – unspezifische Marker für akute oder chronische Entzündungsreaktionen; beide bei klassischer idiopathischer Trigeminusneuralgie (Gesichtsschmerzerkrankung) in der Regel unauffällig.
  • Leukozytenzahl – orientierend zum Ausschluss bakterieller Infektionen; bei reiner idiopathischer Trigeminusneuralgie (Gesichtsschmerzerkrankung) typischerweise normal.

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Erkrankungsvorgeschichte), der körperlichen Untersuchung (ärztliche Untersuchung) und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

Indikationsabhängige Diagnostik zur Abklärung sekundärer Ursachen wie Infektionen, Autoimmunprozessen (fehlgesteuerte Abwehrreaktionen), paraneoplastischen Syndromen (tumorassoziierte Nervenschädigungen) oder entzündlichen bzw. strukturellen Veränderungen im ZNS (zentrales Nervensystem).

  • Infektiologische Diagnostik
    • Borrelien-Antikörper (IgM, IgG im Serum) – bei Verdacht auf Lyme-Neuroborreliose (Nervensystem-Infektion durch Borrelien).
    • Borrelien-Antikörper im Liquor (Nervenwasser) / Liquor-Serum-Antikörper-Index – bei neurologischen Ausfällen oder klinischer Konstellation.
    • HSV-/VZV-PCR (Liquor oder Bläscheninhalt) – bei Verdacht auf Zosterneuralgie (Nervenschmerzen nach Gürtelrose).
    • HIV-Serologie – bei unklarer Immunsuppression (Abwehrschwäche) oder chronisch rezidivierenden Neuralgien.
    • TPHA/Lues-Suchtest – zum Ausschluss einer Neurosyphilis (syphilisbedingte Nervenerkrankung).
  • Autoimmunserologie
    • ANA (antinukleäre Antikörper) – Basisdiagnostik bei Verdacht auf Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen).
    • ANCA (antineutrophile zytoplasmatische Antikörper) – bei Verdacht auf Vaskulitis (Gefäßentzündung) des ZNS.
    • Rheumafaktor, CCP-Antikörper – zur Abklärung rheumatischer Systemerkrankungen (entzündliche Gelenk- und Organerkrankungen).
    • ACE (Angiotensin-Converting-Enzyme) – bei Verdacht auf Neurosarkoidose (entzündliche Multisystemerkrankung); ggf. Liquordiagnostik ergänzen.
  • Liquordiagnostik – bei neurologischen Ausfällen (Funktionsstörungen des Nervensystems) oder Verdacht auf entzündliche Erkrankungen des ZNS
    • Zellzahl, Eiweiß, Albuminquotient, oligoklonale Banden
    • Erreger-PCRs (z. B. Borrelien, HSV, VZV, Enteroviren, CMV)
    • Intrathekale Antikörper-Synthese – z. B. gegen Borrelien, FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis)
  • Tumormarker (indikationsabhängig)
    • Paraneoplastische Antikörper – z. B. anti-Hu, anti-Yo, anti-Ri – bei unklaren, therapierefraktären Neuralgien.
    • Hinweis: CT/MRT-basierte Suche nach Tumoren der hinteren Schädelgrube oder des Ganglion Gasseri (Nervenknoten des fünften Hirnnerven).
  • Strukturelle/neurologische Differentialdiagnosen – ergänzende Diagnostik
    • Multiple Sklerose (Autoimmunerkrankung des Nervensystems) – Liquordiagnostik (oligoklonale Banden) und MRT des Gehirns/Schädelbasis bei Patienten < 50 Jahren oder atypischem Verlauf; MS macht ca. 3–5 % aller Trigeminusneuralgien aus.
    • Kompressionsursachen – vaskuläre Kontaktkompression (z. B. Arteria cerebellaris superior, Hirnarterie) wird bildgebend, nicht laborchemisch abgeklärt; Labor nicht erforderlich, aber Hinweis als Differentialdiagnose.
    • Raumforderungen der hinteren Schädelgrube – Meningeome (Hirnhautgeschwülste), Schwannome (Nerventumoren), oder Tumoren im Kleinhirnbrückenwinkel; Labordiagnostik nicht routinemäßig, aber Tumormarker bei Verdachtsmomenten sinnvoll.
    • Postherpetische Neuralgie – anhand Klinik und ggf. VZV-PCR im Liquor.
    • Akustikusneurinom (Vestibularisschwannom, Nerventumor des Hör- und Gleichgewichtsnervs) – primär bildgebend mittels MRT diagnostiziert; Labor nur indikationsabhängig (z. B. bei Tumorverdacht paraneoplastische Marker).

Red Flags (Warnzeichen) bei Trigeminusneuralgie

  • Alter unter 40 Jahren – atypisch für klassische (idiopathische) Trigeminusneuralgie (Gesichtsschmerzerkrankung); Hinweis auf sekundäre Ursache.
  • Kontinuierlicher Dauerschmerz – untypisch, sollte an MS (Autoimmunerkrankung des Nervensystems), Tumoren oder entzündliche Ursachen denken lassen.
  • Bilateral auftretende Schmerzen – spricht klar gegen klassische Form; Verdacht auf MS, Tumor, systemische Erkrankungen.
  • Neurologische Ausfälle – Hypästhesie (Gefühlsminderung), motorische Defizite (Bewegungsschwäche), Ausfälle anderer Hirnnerven.
  • Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust – Hinweis auf Infektionen oder maligne Erkrankungen (bösartige Erkrankungen).
  • Immunsuppression – erhöhtes Risiko für ZNS-Infektionen (z. B. CMV, VZV, Lues, HIV-assoziierte Ursachen).
  • Progredienter Verlauf oder therapierefraktäre Schmerzen – Verdacht auf strukturelle Läsion (Tumor, Raumforderung).
  • Debüt mit postherpetischer Neuralgie – persistierende Schmerzen nach Zosterinfektion (Gürtelrose).
  • Beginn nach Trauma – Hinweis auf strukturelle Schädigung, Frakturen oder periphere Läsionen (Nervenschädigungen).