Stimmbandlähmung (Rekurrensparese) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Stimmbandlähmung oder Rekurrensparese entsteht durch eine Schädigung des Nervus laryngeus recurrens, einem Ast des Nervus vagus. Dieser Nerv ist für die motorische Innervation der meisten Kehlkopfmuskeln und die sensible Innervation des Kehlkopfes unterhalb der Stimmritze verantwortlich. Die Schädigung dieses Nervs führt zu einer gestörten Beweglichkeit der Stimmbänder, was sich in Heiserkeit oder Atemnot äußern kann.
Anatomischer Verlauf des Nervus laryngeus recurrens
- Rechts: Der Nervus laryngeus recurrens dexter schlingt sich um die Arteria subclavia (Unterschlüsselbeinarterie) und verläuft entlang der Trachea (Luftröhre) hinter der Schilddrüse bis zum Kehlkopf.
- Links: Der Nervus laryngeus recurrens sinister schlingt sich um den Aortenbogen und zieht zwischen Ösophagus (Speiseröhre) und Trachea ebenfalls zum Kehlkopf zurück.
Ursachen und Mechanismen der Rekurrensparese
Eine Rekurrensparese kann durch verschiedene Mechanismen entstehen, z. B.:
- Traumatische Schädigung: Während einer Operation an der Schilddrüse oder in der Thoraxregion (z. B. Herzoperationen) kann der Nerv beschädigt werden.
- Tumore: Tumoren im Mediastinum, an der Schilddrüse, am Ösophagus oder an den Lymphknoten können den Nerv komprimieren.
- Entzündliche Prozesse oder Viren können ebenfalls zu einer Lähmung des Nervs führen.
Einseitige Rekurrensparese
Bei einer einseitigen Rekurrensparese kommt es zur Paramedianstellung des betroffenen Stimmbandes, d. h., es bleibt unbeweglich in einer Mittelstellung. Dies führt zu:
- Heiserkeit (Dysphonie): Die Stimme klingt hauchig oder heiser, da die Schwingung der Stimmbänder eingeschränkt ist.
- Verlust der Singfähigkeit: Besonders das Halten hoher Töne ist nicht mehr möglich.
- Die Atmung ist in der Regel nicht beeinträchtigt, es kann jedoch zu leichten Stimmveränderungen kommen.
Beidseitige Rekurrensparese
Eine bilaterale Rekurrensparese betrifft beide Stimmbänder, die sich in der Medianstellung befinden. Dies führt zu schwerwiegenderen Symptomen:
- Starke Dyspnoe (Atemnot): Da beide Stimmbänder in der Mittelstellung verharren, kommt es zu einer Verengung der Stimmritze, was die Atemwege blockiert.
- Inspiratorischer Stridor: Ein typisches Atemgeräusch beim Einatmen aufgrund der verengten Atemwege.
- Heiserkeit und Stimmlosigkeit: Die Stimme kann nur noch flüsternd oder gar nicht mehr genutzt werden.
Zusammenfassung
Die Stimmbandlähmung tritt aufgrund einer Schädigung des Nervus laryngeus recurrens auf, die die motorische und sensible Funktion der Kehlkopfmuskulatur beeinträchtigt. Während eine einseitige Rekurrensparese zu Heiserkeit führt, ist eine beidseitige Lähmung schwerwiegender und führt zu Atemnot, Stridor und stimmloser Sprache.
Ätiologie (Ursachen)
Krankheitsbedingte Ursachen
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Aortenaneurysma ‒ Aussackung der Wand der Aorta (Hauptschlagader)
- Linksherzinsuffizienz (Linksherzschwäche)
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Direkte Infiltration des Nerven durch ein Schilddrüsenkarzinom (Schilddrüsenkrebs, lat. Struma maligna) oder regionale Tumoren, nicht näher bezeichnet
- Mediastinaltumoren (v. a. linksseitig)
- Metastasen (Tochtergeschwülste), vor allem beim Bronchialkarzinom (Lungenkrebs)
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Neuritis (Nervenentzündung)
- Paresen (Lähmungen), neurologische bedingte
Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Traumata (Verletzungen)
Operationen
- Anteriore Eingriffe an der Wirbelsäule (21 % der iatrogenen Paresen) [1]
- Nebenschilddrüsen-Operation (6,8 % aller chirurgisch ausgelösten Rekurrensschädigungen) [1]
- Eingriffe am Aortenbogen (6,8 % aller chirurgisch ausgelösten Rekurrensschädigungen) [1]
- Schilddrüsenoperation (z. B. Strumaoperation, v. a. Rezidiv-Operationen; Thyreoidektomie) (50,6% der Fälle; 44,4 % aller chirurgisch ausgelösten Rekurrensschädigungen) [1]
- Speiseröhren-Chirurgie (5,6 % aller chirurgisch ausgelösten Rekurrensschädigungen) [1]
Weitere Ursachen
- Intubationskomplikationen (Komplikationen durch Einführen eines Endotrachealtubus (kurz Tubus genannt; es handelt sich dabei um den Beatmungsschlauch, einer Hohlsonde aus Kunststoff) in die Trachea (Luftröhre))
- Idiopathisch (ohne erkennbare Ursache) (21,6 % ) [1]
Literatur
- Heikkinen MK et al.: Vocal Fold Paresis as a Surgical Complication: Our 10-Year Experience With 162 Incidents. Clin Otolaryngol 2017; https://doi.org/10.1111/coa.13251