Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom) – Labordiagnostik

Labordiagnostik

  • Ca 50 ist in circa 45 % der Fälle erhöht, spielt jedoch klinisch keine Rolle.
  • Ca 50 kann auch erhöht sein bei Colitis ulcerosa (chronische Dickdarmentzündung), Leberzirrhose (narbige Schrumpfleber), Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) sowie Magenkarzinom (Magenkrebs), Kolonkarzinom (Dickdarmkrebs) und Pankreaskarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs).
  • Urin- und Vaginalzytologie – bei Frauen mit postmenopausaler Blutung (Blutung nach den Wechseljahren) erreicht die urogenitale Zytologie eine Sensitivität von 91,7 % und eine Spezifität von 88,8 % [1].
  • Für die Diagnose des Endometriumkarzinoms (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut) spielt die Labordiagnostik nur im Rahmen der histopathologischen und molekulardiagnostischen Untersuchung eine Rolle [S3-Leitlinie].

Tumorassoziierte Labormarker

  • CA 125
    • Kann bei fortgeschrittenem Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut) erhöht sein.
    • Kein Wert für die Primärdiagnostik, jedoch relevant zur Therapie- und Verlaufsbeurteilung.
    • Präoperativ erhöhte Werte korrelieren mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für extrauterine Tumorausbreitung.
  • HE4 (Human Epididymis Protein 4)
    • Weist eine höhere Spezifität als CA 125 auf, insbesondere zur Abgrenzung gegenüber benignen gynäkologischen Erkrankungen (gutartige Frauenkrankheiten).
    • Noch nicht Standard, aber in Studien und spezialisierten Zentren zunehmend eingesetzt.
  • Kombination CA 125 + HE4 (ROMA-Algorithmus)
    • Vor allem für das Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) validiert, beim Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut) eingeschränkt nutzbar.
    • Kann in komplexen Fällen oder im Rahmen klinischer Studien herangezogen werden.
  • Weitere Marker (z. B. CA 19-9, CEA)
    • Unspezifisch, ohne klinische Relevanz für das Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut).

Fazit: Tumormarker sind nicht für die Primärdiagnostik geeignet, können jedoch prognostische Bedeutung haben und zur Verlaufsbeurteilung beitragen.

Histopathologische und molekulargenetische Klassifikation

TCGA/Leitlinien-Subtyp Charakteristik Therapierelevanz Prognose
POLE mutant (POLEmut) Ultramutiertes Genom, hohe Mutationslast, geringe strukturelle Variation De-Eskalation adjuvanter Therapie möglich, Immuntherapie-Ansprechen ↑ Exzellent
MMR deficient (MMRd, MSI-H) Hypermutiertes Genom durch Mismatch-Reparatur-Defekt PD-1-Immuncheckpoint-Inhibitor-basiert, Chemo-Immun-Strategie Standard Günstig
NSMP (No Specific Molecular Profile) p53-Wildtyp, niedrige Genominstabilität, copy number low Chemo/Immuntherapie risikoadaptiert, PARP-Erhaltung kann erwogen werden Gut
p53 abnormal (p53abn) Serous-like Genomsignatur, hohe chromosomale Instabilität, copy number high HER2-Testung obligat bei seröser Histologie, Trastuzumab-Ergänzung möglich Ungünstig
Verhaltens-/Gen-Marker (Kontext, nicht 4-Subtyp)
PTEN Typisch für endometrioide Tumorgenese PI3K/AKT/mTOR-Rationale in ausgewählten Fällen
KRAS Mitogen-Signalweg-Alteration Therapierationale Konsequenzen in Einzelfällen
PIK3CA PI3K-Signalweg-Komponente Therapierationale Konsequenzen in ausgewählten Kohorten
L1CAM Adverser Prognosemarker (Risikostratifikation) Intensiviertes Staging/Nachsorge Negativ prognostisch relevant

Molekulare Diagnostik beim Endometriumkarzinom

S3-Leitlinie (Update 2021/2022) und ESGO-ESTRO-ESP-Guideline 2025

Molekulare Diagnostik nach S3-Leitlinie (Update 2021/2022)

  • Beim serösen Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut vom serösen Typ) sollte der HER2-Status bestimmt werden.
  • Eine routinemäßige immunhistochemische Analyse der MMR-Proteine soll bei Endometriumhyperplasie (übermäßige Schleimhautwucherung der Gebärmutter) nicht erfolgen.
  • Die MSI-Analyse beim Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut) soll primär immunhistochemisch erfolgen.
  • Jedes neu diagnostizierte Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut) soll unabhängig vom Alter und histologischem Subtyp auf MMR-Defekt/MSI untersucht werden.
  • Bei G3 oder bei intermediate-, high-intermediate- und high-risk-Endometriumkarzinomen (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut) soll eine Mutationsanalyse erfolgen.

Molekulare Klassifikation nach ESGO-ESTRO-ESP-Guideline 2025

  • Es soll eine molekulare Klassifikation aller Endometriumkarzinome in die Gruppen POLE mutant, MMR deficient (dMMR/MSI-H), NSMP (No Specific Molecular Profile) und p53 abnormal erfolgen.
  • Auf eine POLE-Testung kann nur bei eindeutig niedrigem Risiko (klinisch und histologisch gesicherte low-risk-Situation Stadium I) verzichtet werden.

Molekulargenetisch definierte Subtypen (präoperativ bestimmbar)

  • POLE mutant: 9 %, vor allem jüngere Frauen; hereditär selten; sehr gute Prognose; in der Regel De-Eskalation der adjuvanten Therapie möglich.
  • MMR deficient: 28 %, alle Altersgruppen; hereditäre Komponente ca. 10 % (Lynch-Syndrom – erblicher Darmkrebs); gute Prognose; hohe Sensitivität für Immuncheckpoint-Inhibitoren.
  • No special molecular profile (NSMP): 50 %; heterogene Veränderungen; hereditär selten; häufig frühe Stadien; Prognose insgesamt gut.
  • p53 abnormal: 12 %, häufig seröse/klarzellige Tumoren (Gebärmutterkrebs vom serösen/klarzelligen Typ), Karzinosarkome (Mischform aus Krebs und Bindegewebstumor) oder endometrioide High-grade-Tumoren (hochgradige Form von Gebärmutterkrebs); meist fortgeschrittenes Stadium; schlechte Prognose.

Beachte: Beim serösen Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs der Schleimhaut vom serösen Typ) sollte aufgrund möglicher therapeutischer Konsequenzen (z. B. Einsatz von HER2-gerichteter Therapie) eine Bestimmung des HER2-Status erfolgen.

S3-Leitlinie: Endometriumkarzinom (AWMF-Registernummer: 032-034OL), Juni 2024, Kurzfassung und Langfassung.

Bedeutung molekulargenetischer Marker für die Therapie

  • Bei präoperativem Typ-1-Karzinom (cT1a, G3 oder cT1b und G1/2 ohne p53-Mutation) kann eine Sentinel-Lymphknotenbiopsie (Wächterlymphknotenentfernung) durchgeführt werden.
  • Nach ESGO-ESTRO-ESP 2025 soll die Sentinel-Lymphknotenbiopsie grundsätzlich als Standard-Stagingverfahren bei klinisch auf den Uterus begrenzten Endometriumkarzinomen (vermutetes Stadium I–II) angewendet werden; bei ausbleibendem Nachweis eines Sentinel-Lymphknotens ist insbesondere in höheren Risikogruppen eine seiten­spezifische Lymphadenektomie zu erwägen.
  • Bei Nachweis einer p53-Mutation handelt es sich um ein high-risk-Karzinom (Hochrisiko-Gebärmutterkrebs der Schleimhaut) → operatives Lymphknoten-Staging erforderlich.
  • Nodale Mikrometastasen (kleinste Tochtergeschwülste in Lymphknoten) entsprechen einer Metastasierung (Tumorstreuung) → reduziertes krankheitsfreies Überleben → adjuvante Therapie notwendig.
  • L1CAM-Status: prognostisch bedeutsam. Low-risk-Karzinome (niedriges Risiko) mit L1CAM-Negativität haben ein 5-Jahres-Überleben von etwa 100 %, bei L1CAM-Positivität nur etwa 70 %; L1CAM dient vor allem der zusätzlichen Risikostratifikation (S3-Leitlinie), ist jedoch kein zentrales Steuerungskriterium der ESGO-ESTRO-ESP-Guideline 2025.

Therapiealgorithmus bei fortgeschrittenem/rezidivierendem, nicht resezierbarem Endometriumkarzinom nach ESGO-ESTRO-ESP-Guideline 2025

Für Patientinnen mit symptomatischem, nicht resezierbarem Endometriumkarzinom (FIGO-Stadium III–IV) oder schnell wachsendem Rezidiv, die keine Chemotherapie außerhalb eines adjuvanten Settings erhalten haben, wird ein klar differenzierter, molekular basierter Algorithmus empfohlen. Zentrales Entscheidungskriterium ist der Mismatch-Reparatur(MMR)-Status.

  • MMR-defiziente Tumoren (dMMR/MSI-H)
    • Standard ist eine Immun-Chemotherapie, z. B. Kombination eines PD-1-Inhibitors mit Carboplatin/Paclitaxel mit anschließender Immuntherapie-Erhaltung.
    • Dieser Ansatz wird für symptomatische, nicht resezierbare Stadien FIGO III–IV oder rasch progrediente Rezidive empfohlen, sofern keine Kontraindikationen gegen Immuncheckpoint-Inhibition bestehen.
  • MMR-profiziente Tumoren (pMMR, non-dMMR)
    • Carboplatin/Paclitaxel ist der etablierte Chemotherapie-Standard.
    • Eine Kombination aus Immun-Chemotherapie mit anschließender Immuntherapie-Erhaltung oder Immun-Chemotherapie mit anschließender Immuntherapie plus PARP-Inhibitor kann erwogen werden, insbesondere bei entsprechender molekularer Rationale (z. B. bestimmte HRD-ähnliche Signaturen).
    • Bei HER2-positiven serösen Karzinomen kann – insbesondere, wenn Immuntherapie oder Immuntherapie plus PARP-Inhibitor nicht einsetzbar sind – eine Kombination aus Carboplatin/Paclitaxel und HER2-gerichteter Therapie (z. B. Trastuzumab) erwogen werden.

Adjuvante und rezidivorientierte Therapieplanung

  • Die adjuvante Therapie resezierter high-risk-Stadien bleibt Chemotherapie-basiert; je nach molekularem Profil kann eine Ergänzung durch Immuntherapie/gezielte Therapie erfolgen.
  • Im nicht resezierbaren, fortgeschrittenen oder rezidivierten Setting bildet die Immun-Chemotherapie (bei dMMR und – bei entsprechender Evidenz – auch bei pMMR) ein zentrales Therapieelement.
  • Die Therapieentscheidung erfolgt risikoadaptiert unter Berücksichtigung von FIGO-Stadium, molekularem Subtyp (POLE mutant, MMR deficient, NSMP, p53 abnormal), Lymphknotenstatus, HER2-Status, L1CAM-Status und individuellen Komorbiditäten.

Fazit

  • Die Bestimmung von MMR-Defekt/MSI ist heute der zentrale molekulare Marker für die Immuntherapie-Stratifizierung beim Endometriumkarzinom.
  • Die molekulare Klassifikation in POLE mutant, MMR deficient, NSMP und p53 abnormal soll routinemäßig erfolgen und bestimmt zusammen mit histologischen und klinischen Faktoren die Risikogruppen und Therapieentscheidungen.
  • Die HER2-Testung beim serösen Endometriumkarzinom und bei p53-abnormalen, fortgeschrittenen/rezidivierten Tumoren ermöglicht den Einsatz von HER2-gerichteten Therapien.
  • PARP-Inhibitoren können 2025 in Kombination mit Immuntherapie im Rahmen eines immunonkologischen Erstlinien-Regimes bei MMR-profizienten, fortgeschrittenen/rezidivierenden Stadien erwogen werden, wenn sich aus dem molekularen Profil eine klare therapierationale Begründung ableiten lässt.

Krebsfrüherkennungsprogramm bei HNPCC-Syndrom (S3-Leitlinie)

Altersangabe Untersuchung Intervall
Ab 25. LJ Körperliche Untersuchung jährlich
  Koloskopie (Darmspiegelung) jährlich
  Gynäkologische Untersuchung inkl. Transvaginalsonographie (Ultraschall über die Scheide) jährlich
Ab 35. LJ Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD; Spiegelung von Speiseröhre, Magen, Zwölffingerdarm) regelmäßig
  Endometriumbiopsie (Gewebeentnahme aus der Gebärmutterschleimhaut) jährlich

Literatur

  1. O’Flynn H et al.: Diagnostic accuracy of cytology for the detection of endometrial cancer in urine and vaginal samples. Nat Commun 2021; https://doi.org/10.1038/s41467-021-21257-6

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Kolorektales Karzinom. (AWMF-Registernummer: 021 - 007OL), November 2017 Kurzfassung Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Endometriose. (AWMF-Registernummer: 015-045), September 2020 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Endometriumkarzinom. (AWMF-Registernummer: 032 - 034OL), Juni 2024 Kurzfassung Langfassung
  4. Concin N et al.: ESGO–ESTRO–ESP guidelines for the management of patients with endometrial carcinoma: update 2025. Lancet Oncol. 2025;26(8):e423–e435. DOI: https://doi.org/10.1016/S1470-2045(25)00167-6