Cholesterin: Stoffwechsel und Ernährung

Cholesterin ist ein lebenswichtiger Baustein des menschlichen Körpers. Der Begriff leitet sich vom griechischen „chole“ (Galle) und „stereos“ (fest) ab, da Cholesterin erstmals im 18. Jahrhundert in Gallensteinen entdeckt wurde.

Obwohl Cholesterin in der öffentlichen Diskussion häufig als Risikofaktor dargestellt wird, ist es für nahezu jede Körperzelle unverzichtbar.

Funktionen

Cholesterin erfüllt mehrere essentielle (lebensnotwendige) Aufgaben:

  • Es ist ein zentraler Bestandteil aller Zellmembranen und verleiht ihnen Stabilität und Flexibilität.
  • Es dient als Ausgangsstoff für die Synthese wichtiger Steroidhormone (z. B. Progesteron, Estradiol, Testosteron, Cortisol, Aldosteron).
  • Es wird zur Bildung von Gallensäuren benötigt – diese sind entscheidend für die Fettverdauung.
  • Es ist Vorstufe von Vitamin D.

Stoffwechsel und Resorption

Die Verdauung und Verarbeitung von Cholesterin ist ein komplexer, fein regulierter Prozess, bei dem Darm, Leber und Lipoproteine eng zusammenwirken. Cholesterin gelangt aus zwei Quellen in den Körper: über die Nahrung und die körpereigene Synthese.

Da Cholesterin wasserunlöslich ist, erfolgt sein Transport im Blut über Lipoproteine. Die verschiedenen Lipoprotein-Klassen übernehmen spezifische Aufgaben:

  • Chylomikronen transportieren nach einer fettreichen Mahlzeit Triglyceride (Nahrungsfette) und Cholesterin zu den Geweben.
  • VLDL (very low density lipoproteins) entstehen in der Leber und werden im Blut zu IDL (engl. Intermediate Density Lipoproteins; Lipoproteine mittlerer Dichte), die entweder in der Leber abgebaut oder zu LDL umgewandelt werden.
  • LDL (engl. low density lipoproteins) transportieren rund zwei Drittel des Cholesterins im Blut. Erhöhte LDL-Spiegel gelten als wesentlicher Risikofaktor für Atherosklerose (Arterienverkalkung).
  • HDL (engl. high density lipoproteins) nehmen überschüssiges Cholesterin aus den Geweben auf und bringen es zurück zur Leber. Dieser Rücktransport wirkt schützend auf Herz und Gefäße.

Die Lipoproteine sind in den unterschiedlichen Phasen des Cholesterinstoffwechsels aktiv.

1. Aufnahme im Darm
Das mit der Nahrung aufgenommene Cholesterin wird im Dünndarm gemeinsam mit Fettbestandteilen und Gallensäuren zu kleinen mizellären Strukturen zusammengefasst. Diese Mizellen transportieren das Cholesterin zur Darmwand, wo es über spezialisierte Transportproteine aufgenommen werden kann. Erst durch diese Verpackung wird die Aufnahme überhaupt möglich.

Ein Teil des aufgenommenen Cholesterins wird jedoch unmittelbar wieder in das Darmlumen zurücktransportiert – ein natürlicher Schutzmechanismus des Körpers, um die Aufnahme zu begrenzen.

2. Bildung der Chylomikronen
Nach dem Eintritt in die Enterozyten (Darmzellen) wird Cholesterin erneut verpackt und über große Transportpartikel, die sogenannten Chylomikronen, in den Blutkreislauf abgegeben. Diese transportieren sowohl Cholesterin als auch Triglyceride (Nahrungsfette) zu den Geweben. Die Chylomikronenreste gelangen zur Leber.

3. In der Leber
Die Leber erhält Cholesterin aus den Chylomikronen-Resten und der körpereigenen Synthese. Die Leber verpackt das Cholesterin und neu gebildete Triglyceride in ein neues Lipoprotein: VLDL (very low density lipoproteins).

4. Umbau im Blut – IDL und LDL treten in Aktion
Während VLDL im Blut zirkuliert, gibt es Triglyceride an die Gewebe ab und verändert dadurch seine Zusammensetzung. Es entstehen:

  • IDL (engl. intermediate density lipoproteins)
    • Zwischenstufe zwischen VLDL und LDL.
    • Ein Teil wird zur Leber zurückgeführt; der übrige Anteil wird weiter zu LDL umgebaut.
  • LDL (engl. low density lipoproteins)
    • Wenn weiter Triglyceride entfernt werden, bleibt ein cholesterinreiches Partikel übrig: LDL entsteht – das zentrale Cholesterin-Transport-Lipoprotein des Körpers.
    • Aufgabe von LDL: Transportiert etwa 2/3 des gesamten Blutcholesterins – es gelangt so an nahezu alle Körperzellen (für Zellmembranen, Hormone etc.).

HDL gilt als schützendes Lipoprotein.

Cholesterinspiegel im Blut

Der Cholesterinspiegel schwankt erheblich. Stress kann Werte um bis zu 60 % ansteigen lassen. Der Blutwert ergibt sich aus:

Faktoren, die den Cholesterinspiegel erhöhen:

  • Gesättigte Fettsäuren (SFA, von engl. saturated fatty acids)
  • Hormonelle Kontrazeptiva (Verhütungsmittel)
  • Schwangerschaft
  • Schlecht eingestellter Diabetes mellitus
  • Erkrankungen von Leber, Galle oder Nieren
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)

Faktoren, die den Cholesterinspiegel senken:

  • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
  • Ballaststoffreiche Ernährung
  • Körperliche Aktivität

Zudem spielen Geschlecht und Alter eine Rolle. Frauen besitzen bis ca. 55 Jahre niedrigere Werte.

Einfluss der Ernährung auf den Cholesterinspiegel – geringer als oft angenommen, aber dennoch bedeutsam

Die Diskussion um Cholesterin in der Ernährung hält sich seit Jahrzehnten – doch moderne Forschung zeigt klar: Die Menge an Cholesterin, die über die Nahrung aufgenommen wird, hat nur einen vergleichsweise kleinen Einfluss auf den Cholesterinspiegel im Blut. Der Grund dafür liegt in der ausgeprägten Fähigkeit des Körpers, die eigene Cholesterinproduktion zu regulieren.

Der menschliche Körper produziert den Großteil des benötigten Cholesterins selbst – täglich etwa 600-900 mg, vor allem in Leber und Darm. Die Zufuhr über die Nahrung fällt im Vergleich dazu deutlich geringer aus und trägt nur rund 20-30 % zum gesamten Cholesterinpool bei.

1. Regulation der Cholesterinsynthese – ein ausgefeilter Rückkopplungsmechanismus
Der Cholesterinhaushalt ist so reguliert, dass Schwankungen in der Nahrungszufuhr ausgeglichen werden:

  • Wird viel Cholesterin gegessen, wird die körpereigene Synthese gedrosselt.
  • Wird wenig Cholesterin aufgenommen, steigert der Körper die Produktion.

Dadurch bleibt der Gesamtcholesterinspiegel relativ stabil. Daher bewirkt eine rein cholesterinarme Ernährung oft nur eine moderate Senkung der Blutwerte – im Durchschnitt etwa 10-15 % (Ausnahme stellen cholesterinsensitive Personen dar).

Diese Anpassung erklärt auch, warum Personen mit identischer Ernährung sehr unterschiedliche Cholesterinwerte haben können: Genetik, LDL-Rezeptorfunktion, Schilddrüse, Stoffwechselgesundheit und Hormonlage sind entscheidende Einflussfaktoren.

2. Fettsäurezusammensetzung ist wichtiger als Cholesterinmenge
Deutlich stärkeren Einfluss auf die LDL- und HDL-Spiegel haben:

  • Gesättigte Fettsäuren
  • Trans-Fettsäuren
  • Verhältnis von gesättigten zu ungesättigten Fettsäuren

Gesättigte Fettsäuren erhöhen den LDL-Wert, weil sie:

  • Die Aktivität der LDL-Rezeptoren vermindern.
  • Die Clearance (Beseitigung) von LDL aus dem Blut verlangsamen.

Ungesättigte Fettsäuren – insbesondere einfach ungesättigte (z. B. Olivenöl) – wirken hingegen günstig, da sie:

  • LDL senken
  • HDL teilweise erhöhen
  • entzündungshemmend wirken
  • Arterienfunktion verbessern

Damit ist die Qualität der verzehrten Fette viel relevanter als die Menge an Cholesterin in der Nahrung.

Irrtümlicherweise denken viele Menschen, dass Omega-3-Fettsäuren (Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA)) ebenfalls zur Senkung erhöhter Cholesterinwerte beitragen. Das ist nicht der Fall. Sie sind wertvoll für die Gesundheit von Herz und Gefäßen und senken erhöhte Triglyceridwerte [4].

3. Ballaststoffe und Phytosterine beeinflussen die Aufnahme im Darm
Bestimmte Lebensmittel können den Cholesterinspiegel zusätzlich beeinflussen:

  • Lösliche Ballaststoffe (Beta-Glucane aus Hafer, Gerste, Hülsenfrüchten) [1, 2] – schon 5-10 g lösliche Ballaststoffe pro Tag senken LDL signifikant
    • binden Gallensäuren im Darm
    • erhöhen die Ausscheidung
    • erzwingen die Bildung neuer Gallensäuren
    • senken dadurch LDL um 5-10 % je nach Menge
  • Phytosterine aus Pflanzenölen, Nüssen und Samen hemmen die Cholesterinaufnahme im Darm und können LDL spürbar senken [3].
    • 2 g Phytosterine/Tag → ca. 10 % LDL-Senkung

4. Lebensstil ist oft entscheidender als Ernährung allein
Zu den stärksten nicht-medikamentösen Einflüssen zählen:

  • Regelmäßige Bewegung
  • Gewichtsabnahme bei Übergewicht
  • Vermeidung von Trans-Fettsäuren
  • Gute Blutzuckereinstellung
  • Nicht rauchen

Mangel

Ein echter Mangel ist bei normaler Ernährung nicht zu erwarten, da der Körper Cholesterin vollständig selbst synthetisieren kann.

Vorkommen

Cholesterin ist ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten. Besonders reich an Cholesterin sind:

  • Fettes Fleisch, Innereien, Wurstwaren
  • Butter
  • Käse
  • Eigelb

Zufuhr-Empfehlungen

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt:

  • Maximal 300 mg Cholesterin pro Tag
  • Bei erhöhten LDL-Werten: Obergrenze ca. 200 mg/Tag

Viele Fachgesellschaften rücken jedoch zunehmend von strikten Obergrenzen ab, da die individuelle Reaktion auf Nahrungscholesterin stark variiert.

Literatur

  1. Whitehead A et al.: Cholesterol-lowering effects of oat β-glucan: meta-analysis of randomized trials. Am J Clin Nutr. 2014;100(6):1413-1421. doi: 10.3945/ajcn.114.086108.
  2. Cicero AFG, Fogacci F, Veronesi M, Strocchi E, Grandi E, Rizzoli E, Poli A, Marangoni F, Borghi C: A randomized placebo-controlled clinical trial to evaluate the medium-term effects of oat fibers on human health: The Beta-Glucan Effects on Lipid Profile, Glycemia and Intestinal Health (BELT) Study. Nutrients. 2020 Mar 3;12(3):686. doi: 10.3390/nu12030686.
  3. Cabral CE, Klein MRST: Phytosterols in the treatment of hypercholesterolemia and prevention of cardiovascular diseases. Arq Bras Cardiol. 2017;109(5):475-482. doi: 10.5935/abc.20170158.
  4. Khan SU, Lone AN, Khan MS, Virani SS, Blumenthal RS, Nasir K, Miller M, Michos ED, Ballantyne CM, Boden WE, Bhatt DL: Effect of omega-3 fatty acids on cardiovascular outcomes: a systematic review and meta-analysis. EClinicalMedicine. 2021;38:100997. doi: 10.1016/j.eclinm.2021.100997.
  5. Grundy SM, Stone NJ, Bailey AL et al.: 2018 AHA/ACC multisociety guideline on the management of blood cholesterol. J Am Coll Cardiol. 2019;73(24):e285-e350. doi: 10.1016/j.jacc.2018.11.003.
  6. Mach F, Baigent C, Catapano AL et al.: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias. Eur Heart J. 2020;41(1):111-188. doi: 10.1093/eurheartj/ehz455.
  7. Ference BA, Ginsberg HN, Graham I et al.: Low-density lipoproteins cause atherosclerotic cardiovascular disease. Evidence from genetic, epidemiologic, and clinical studies. Eur Heart J. 2017;38(32):2459-2472. doi: 10.1093/eurheartj/ehx144.