Klassifizierung der ernährungsbedingten Unverträglichkeitsreaktionen – Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen

Eine Nahrungsmittelintoleranz (Synonym: Nahrungsmittelunverträglichkeit, NMU) wird als nicht-toxische Reaktion beziehungsweise als Hypersensitivität definiert. Sie stellt den Oberbegriff dar für:

Alle drei Reaktionsformen führen bei betroffenen Personen zu unterschiedlichen Krankheitsbildern beziehungsweise Symptomkombinationen, die durch die Exposition eines definierten Reizes ausgelöst werden, welcher von gesunden Personen ohne Beschwerden toleriert wird [1.2, 2, 5].

Voraussetzung für das Auftreten einer Reaktion ist eine individuelle Disposition, also eine angeborene oder erworbene Fehlregulation der Abwehrmechanismen oder der Zielorgane [6].

Nahrungsmittelintoleranzen können auch toxische Reaktionen verursachen, zum Beispiel bei Lebensmittelvergiftungen durch verdorbene Lebensmittel, Pilze oder bakterielle Toxine.

Die Symptome werden durch eine Vielzahl von Lebensmitteln über unterschiedliche Pathomechanismen und verschiedene Aufnahmewege (per ingestionem, per inhalationem, permukös, perkutan, hämatogen) ausgelöst [2]. Entsprechend unterscheiden sich Nahrungsmittelallergien, Pseudoallergien und enzymatische Intoleranzen in ihren Entstehungsmechanismen.

Typische klinische Symptome sind unter anderem: Arthritis, Asthma, Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Erschöpfung, Schwellungen, Kopfschmerzen [1.2].

Therapie: Die Behandlung aller drei Formen besteht primär in der Vermeidung des auslösenden Allergens oder Stoffes, um erneute Reaktionen zu verhindern [13]. Bei einer großen Anzahl zu meidender Lebensmittelgruppen kann es zu Nährstoffdefiziten kommen. In diesem Fall ist auf eine ausreichende Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen über alternative Quellen zu achten [1.1].

Häufige Auslöser für Überempfindlichkeitsreaktionen

  • Weizen, Hafer, Mais
  • Eier
  • Milchprodukte, insbesondere Kuhmilch
  • Fisch, Krustentiere, Muscheln
  • Nüsse, insbesondere Erdnüsse und Haselnüsse
  • Soja
  • Hefe
  • Zitrusfrüchte
  • Gemüse- und Obstsorten: Tomaten, Sellerie, Karotten, Äpfel
  • Schokolade, Tee, Kaffee
  • Alkohol
  • Lebensmittelzusatzstoffe: Natriumglutamat, Tartrazin (E102), Gelborange S (E110), Chinolingelb (E104), Echtgelb (E105), Ponceau 4R (E124), Benzoesäuresalze, Vanillin, Sulfite in Frischprodukten, Salaten, Kartoffeln, Wein [1.2]

Klassifikation von Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Allergie, Pseudoallergie, Intoleranz

Form Merkmale Beispiele/Auslöser
Allergie Immunologisch vermittelte Reaktion (meist IgE), seltener IgA (Zöliakie) oder zelluläre Mechanismen; genetische Prädisposition (Atopie) [3,7,8,9,13] Hühnereiweiß, Kuhmilch, Weizen, Fisch, Krusten- und Weichtiere, Soja, Nüsse, Samen, Sellerie, pollenassoziierte Obst- und Gemüsesorten (Steinobst, Kernobst, Karotten), Gewürze, Kräuter [3,7,8,9,13]
Pseudoallergie Klinisch ähnlich wie Allergie, jedoch ohne immunologische Sensibilisierung; pharmakologische Mechanismen (z. B. direkte Mastzellaktivierung) [11,12] Biogene Amine (Histamin, Tyramin) bei DAO-Mangel [4,12], Salicylate, Benzoate, Aromastoffe [11,12], Lebensmittelzusatzstoffe (Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Antioxidantien, Aromastoffe, Glutamat, Aspartam) [11,12], selten Pestizidrückstände oder Medikamentenbestandteile [10]
Intoleranz Nicht-immunologische Reaktion; Ursache sind enzymatische Defekte, Störungen der Resorption oder metabolische Dysfunktionen [13] Laktoseintoleranz (Laktasemangel) [13], intestinale Fruktoseintoleranz, hereditäre Fruktoseintoleranz (Aldolase-B-Mangel) [13], Sorbitintoleranz (Sorbitmalabsorption), Histaminintoleranz (DAO-Mangel) [4,12], Intoleranz gegenüber Schwefeldioxid (E220) bei Sulfitoxidase-Mangel, Phenylketonurie (PKU) – angeborene Störung des Phenylalaninabbaus [13]

Weitere Reaktionsformen

Toxische Reaktionen – entstehen durch bakterielle Toxine oder biogene Amine in kontaminierten Lebensmitteln. Sie treten dosisabhängig bei allen Personen auf und äußern sich durch Symptome wie allgemeines Unwohlsein, Verdauungsstörungen und Herz-Kreislauf-Beschwerden [2,5].

Psychosomatische Reaktionen – treten zum Beispiel beim hyperkinetischen Syndrom (Verhaltensstörung bei Kindern) auf, das durch Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Lernstörungen gekennzeichnet ist. Als Auslöser werden bestimmte Nahrungsmittel vermutet. Die Therapie umfasst die Meidung der auslösenden Stoffe sowie verhaltensmodifizierende Maßnahmen [6].

Des Weiteren wurde folgendes Fachbuch für die Verfassung dieses Artikels herangezogen [14].

Literatur

  1. Biesalski HK, Bischoff SC, Pirlich M, Weimann A (Hrsg.): Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 5. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2017
  2. Bruijnzeel-Koomen C, Ortolani C, Aas K, Bindslev-Jensen C, Björkstén B, Moneret-Vautrin D, Wüthrich B: Adverse reactions to food. Allergy 1995; 50: 623-635
  3. Etesamifar M, Wüthrich B: IgE-vermittelte Nahrungsmittelallergien bei 383 Patienten unter Berücksichtigung des oralen Alleriesyndroms. Allergologie 1998; 21: 451-457
  4. Götz M: Pseudoallergien sind Histaminintoleranzen. Wien Med Wschr 15/146: 426-430, 1996
  5. Johansson SG, Hourihane JO, Bousquet J et al.: A revised nomenclature for allergy. An EAACI position statement from the EAACI nomenclature task force. Allergy 2001; 56: 813-824
  6. Leitzmann C, Müller C, Michel P, Brehme U, Hahn A, Laube H: Ernährung in Prävention und Therapie. Hippokrates Verlag 2009 
  7. Mühlemann RJ, Wüthrich B: Nahrungsmittelallergien 1983-1987. Schweiz Med Wschr 121, 1696-1700, 1991
  8. Niggemann B, Sielaff B, Beyer K, Binder C, Wahn U: Outcome of double-blind, placebo-controlled food challenge tests in 107children with atopic dermatitis. Clin Exp Allergy. 1999 Jan;29(1):91-6.
  9. Reibel S, Röhr C, Ziegert M, Sommerfeld C, Wahn U, Niggemann B: What safety measures need to be taken in oral food challenges in children. Allergy. 2000 Oct;55(10):940-4.
  10. Reimann HJ, Lewin J: Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber Nahrungsmittelzusatzstoffen. In: Reimann HJ (Hrsg.): Nahrungsmittelallergie. Dustri Verlag Dr. Karl Feistle, München-Deisenhofen, 1993
  11. Ring J: Nahrungsmittelallergie und andere Unverträglichkeitsreaktionen durch Nahrungsmittel. Klin Wschr 62, 795-802, 1984
  12. Thiel C: Nahrungsmittelallergien und -intoleranzreaktionen. Z Ern Wiss 30, 158-173, 1991
  13. Verband für Ernährung und Diätetik (VFED) e.V.: Praxis der Diätetik und Ernährungsberatung. Kapitel 3, 374-381. Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG
  14. Hahn A, Ströhle A, Wolters M: Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. 4. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2023