Weitere Therapie
Chronische Nierenschwäche (Chronische Niereninsuffizienz)

Allgemeine Maßnahmen

  • Der Blutdruck sollte optimal eingestellt werden; gleiches gilt für den Blutzucker.
  • Die Blutlipide (Blutfette) sollten kontrolliert und ggf. auf ein niedriges Niveau gebracht werden.
  • Alle begleitenden Erkrankungen – insb. Diabetes mellitus und Hypertonus (Bluthochdruck) – sollten sorgfältig überwacht und behandelt werden.
  • Teilnahme an einem Bewegungsprogramm (regelmäßiges Ausdauertraining; s. u. Sportmedizin)
  • Erhalt des Normalgewichts anstreben!
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse
    • Unterschreitung der BMI-Untergrenze (ab dem 19. Lebensjahr: 19; ab dem 25. Lebensjahr: 20; ab dem 35. Lebensjahr: 21; ab dem 45. Lebensjahr: 22; ab dem 55. Lebensjahr: 23; ab dem 65. Lebensjahr: 24) → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Programm für Untergewichtige
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum), da nierenschädigend!
  • Begrenzter Alkoholkonsum (Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max. 12 g Alkohol pro Tag)
  • Überprüfung der Dauermedikation wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit (nephrotoxische Medikamente?)
  • Vermeidung von Umweltbelastungen:
    • Metalle (Cadmium, Blei, Quecksilber, Nickel, Chrom, Uran)
    • Halogenierte Kohlenwasserstoffe (HKW; Trichlorethen, Tetrachlorethen, Hexachlorbutadien, Chloroform)
    • Herbizide (Paraquat, Diquat, chlorierte Phenoxyessigsäuren)
    • Mykotoxine (Ochratoxin A, Citrinin, Aflatoxin B1)
    • Aliphatische Kohlenwasserstoffe (2,2,4-Trimethylpentan, Decalin, bleifreies Benzin, Mitomycin C)
    • Melamin

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

  • Dialyse (Blutreinigungsverfahren, das bei Nierenversagen als Ersatzverfahren zum Einsatz kommt)

Impfungen

Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten:

  • COVID-19-Impfung
  • Grippe-Impfung
  • Hepatitis-B-Impfung
  • Herpes zoster-Impfung wg. Personen ≥ 50 Jahre bei erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit (hier: Nierenerkrankung)
  • Pneumokokken-Impfung
    Beachte: Immunsupprimierte sollten sequentiell mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff PCV13 und sechs bis zwölf Monate später mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff PPSV23 gegen Pneumokokken geimpft werden.

Bei der Mehrheit der Dialysepatienten ist nach einer COVID-19-Impfung die humorale Immunantwort nach Impfungen beeinträchtigt, ein Großteil aber bildet ausreichend reaktive T-Zellen [8].

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen

  • Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Stadiengerechte Empfehlungen der Trinkmenge bei chronischer Niereninsuffizienz:
      • CKD Stadium 1 und 2: Eine Einschränkung der täglichen Trinkmenge ist nicht erforderlich.
        Beachte: Hohe orale Flüssigkeitsmengen sollen nicht eingesetzt werden, um die Nierenfunktion zu bessern oder „Nieren zu spülen“.
      • Prädialyse (CKD Stadien* 3-4): 1,5 Liter
      • bei Hämodialyse (CKD Stadium 5): Urinmenge + 500 ml
      • bei Peritonealdialyse (CKD Stadium 5): Urinmenge + 800 ml
    • Tägliche Energieaufnahme: etwa 30-35 kcal pro kg Körpergewicht (Stadium CNI-3 bis 5)
    • Tägliche Eiweißzufuhr: Generell sollte die Ernährung proteinarm sein, aber auf Grund der Gefahr einer Mangelernährung darf die Proteinzufuhr nicht zu drastisch gesenkt werden. Zudem ist die tägliche Proteinzufuhr (pro kg Körpergewicht) abhängig vom Stadium der Niereninsuffizienz:
      • Proteinbedarf von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz – keine Nierenersatztherapie (Stadium CNI-3 bis 5): 0,6-0,8 g/kg KG/Tag (unter Berücksichtigung der körperlichen Aktivität)
      • Proteinbedarf von Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz (ESDR; CNI-5) und Protein-Energie-Malnutrition – unter Nierenersatztherapie (Peritonealdialyse oder Hämodialyse):1,2-1,4 g/kg KG/Tag (unter Berücksichtigung der körperlichen Aktivität)
      Geeignete Eiweißquelle: Sojaprotein
    • Vermeidung bzw. Reduktion
      • Monosaccharide und Disaccharide sowie hohe Zufuhr komplexer Kohlenhydrate
      • Hochverarbeitete Lebensmittel wie Chips, Softdrinks oder Tiefkühlpizza – signifikant um 22 % gesteigerten Progressionsrisiko (drittes Terzil vs. erstes Terzil); betraf allerdings nur Menschen mit CKD im Stadium 1 oder 2 (eGFR  ≥ 60  ml/min/1,73 m2 ) zu Studienbeginn [10].
    • Cholesterinarme Ernährung
    • Ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische (Omega-3-Fettsäuren) wie Lachs, Rotbarsch, Makrele
    • Ernährung reich an Obst und Gemüse
    • Ballaststoffreiche Kost
    • Ernährungsweisen
      • Eine vegetarisch bzw. zumindest stark pflanzenbetonte Kost kann verschiedene Risikofaktoren der CKD-Progression verbessern [5]. Dieses gilt insbesondere für chronische Inflammation, oxidativen Stress und urämische Toxine (z. B. Indoxylsulfat).
      • Die Arbeitsgruppe „European Renal Nutrition“ der „European Renal Association–European Dialysis Transplant Association“ (ERA-EDTA) empfiehlt für nierenkranke Patienten eine mediterrane Ernährung (Mittelmeerkost). Da diese Kostform auch kaliumreicher ist, müssen allerdings die Kalium-Serumwerte regelmäßig überprüft werden.
    • Es sollte zusätzlich eine kochsalzarme Diät, d. h. 5-7,5 g Kochsalz (2-3 g Natrium), eingehalten werden. Kochsalz gilt als ein wichtiger Risikofaktor für die Progression einer chronischen Niereninsuffizienz [2].
      • KDIGO-Leitlinie empfiehlt für Personen mit Diabetes mellitus und chronischer Niereninsuffizienz eine Natriumaufnahme von < 2 g.
    • Hyperphosphatämie (Phosphatüberschuss im Blut; nutritive Prävention und Therapie)
      • Menschen mit einer Nierenfunktionseinschränkung wird bereits vor der Dialyse empfohlen, von phosphathaltigen Lebensmitteln abzusehen. Es gilt als gesichert, dass eine phosphatarme Ernährung hilft, den Verlust der Nierenfunktion aufzuhalten [3, 4].
      • Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz sollte nicht mehr als 1 g Phosphat pro Tag aufgenommen werden, um die Folgen von Störungen auf den Vitamin D- und Knochenstoffwechsel zu mindern.
        Phosphatreiche Lebensmittel sind Käse, vor allem Schmelzkäse, Streichkäse, Kochkäse, Hartkäse (u. a. Parmesan), Milchpulver, Eigelb, Eipulver, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Pilze, Wurst mit Phosphatzusatz, Fisch (u. a. Hering), Kakao, Nüsse, Weizenkleie, Hefe und Kürbiskerne.
      • Der Zusatz von Phosphat wird über die Angabe der folgenden E-Nummern gekennzeichnet: E 338, E 339, E 340, E 341, E 343, E 450, E 451, E 452, E 541
    • Oxalat-haltige Lebensmittel: moderater Konsum von Nüssen (Erdnüsse, Pinienkerne, Haselnüsse, Cashewnüsse), Kakao, Spinat, Mangold, Rhabarber; hohe Ausscheidung von Oxalsäure geht mit einem erhöhten Risiko einher, in den Folgejahren ein chronisches Nierenversagen zu entwickeln [7].
    • Vermeiden von Purin-(Harnsäure)-Exzessen, d. h. vegetarische Proteinquellen bevorzugen; Fleisch, Innereien, Krustentiere meiden
    • Im Stadium der (prä-)terminalen Niereninsuffizienz kann es zu erhöhten Kaliumspiegeln kommen. Dann sollten kaliumreiche Lebensmittel wie Dörrobst/Trockenobst, Trockengemüse, Gerichte aus getrockneten Kartoffeln dringend gemieden und Weizenkleie, Stockfisch, Spinat, Tomatenmark, -ketchup, Pistazien, geröstete Erdnüsse, Schokolade, Wein, Obst und Fruchtsäfte eingeschränkt verzehrt werden.
    • Verzicht des Genusses der Sternfrucht. Diese enthält ein gefährliches Neurotoxin, das bei gesunden Menschen problemlos über die Nieren ausgeschieden wird, bei Nierenkranken aber akkumuliert und ins Gehirn gelangen kann. Dadurch kommt es u. a. zu epileptischen Anfällen bis hin zum Koma und Tod.
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Vitamin-D-Mangel behandeln (Nahrungsergänzungsmittel: 20 μg/d)
  • Flavanole, enthalten in dunkler Schokolade oder grünem Tee, verbesserten bei Dialyse-Patienten die endotheliale Funktion, senkten den diastolischen Blutdruck (von durchschnittlich 74 mmHg auf 70) und steigerten die Herzfrequenz (von durchschnittlich 70/min auf 74) [1].
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin stehen exklusiv unseren Partnern zur Verfügung. 

*CKD = chronic kidney disease

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining) und Krafttraining (Muskeltraining)
    • moderat-intensive Bewegung für 150 Minuten pro Woche [KDIGO-Leitlinie]
    • moderat-intensive 150 bis 300 Minuten oder 75-150 Minuten intensive körperliche Aktivität pro Woche [ESC-Leitlinie]
  • Eine Metaanalyse in Bezug auf Sport und Erhalt der Nierenfunktion kam zu folgendem Ergebnis [6]: „Although the current literature does not allow for definitive conclusions about whether exercise training slows the progression of kidney disease, no study has reported worsening of kidney function as a result of exercise training” (Obwohl die aktuelle Literatur keine definitiven Schlussfolgerungen darüber zulässt, ob körperliches Training das Fortschreiten einer Nierenerkrankung verlangsamt, hat keine Studie eine Verschlechterung der Nierenfunktion durch körperliches Training berichtet.).
  • Bewegung bremst Funktionsverlust der Nieren im Alter: täglich 30 Minuten Gehen, 10 Minuten Krafttraining und 10 Minuten Stretching führten in zwei Jahren zu einem Unterschied beim eGFR-Rückgang von 0,96 ml/min/1,73 m2 (Bandbreite 0,02-1,91 ml/min/1,73 m2); zugleich sank das Risiko für einen rapiden eGFR-Verlust (Rückgang von mind. 6,7 Prozent pro Jahr) um 21 Prozent (OR: 0,79) [8].
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300 E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Bundesverband Niere e. V.
    Weberstraße 2, 55130 Mainz
    Telefon: +49 6131 85152, Telefax: +49 6131 835198, E-Mail: geschaeftsstelle@bnev.de,Internet: www.bnev.de

Literatur

  1. Rammos C et al.: Vasculoprotective effects of dietary flavanols in hemodialysis patients:a double-blind, randomized, placebo-controlled trial. Abstract, ESC 2015, London
  2. He J, Mills KT, Appel LJ, Yang W, Chen J, Lee BT, Rosas SE, Porter A, Makos G, Weir MR et al.: Urinary sodium and potassium excretion and CKD progression. J Am Soc Nephrol 2016 27(4):1202-1212 doi: 10.1681/ASN.2015010022.
  3. Zoccali C, Ruggenenti P, Perna A et al.: Phosphate may promote CKD progression and attenuate renoprotective effect of ACE inhibition. J Am Soc Nephrol. 2011 Oct;22(10):1923-30 doi: 10.1681/ASN.2011020175
  4. Da J, Xie X, Wolf M et al.: Serum Phosphorus and Progression of CKD and Mortality: A Meta-analysis of Cohort Studies. Am J Kidney Dis 2015; 66 (2): 258-65 doi:https://doi.org/10.1053/j.ajkd.2015.01.009
  5. Chauveau P, Koppe L, Combe C et al.: Vegetarian diets and chronic kidney disease. NDT 2018. Epub 05 July 2018 doi: 10.1093/ndt/gfy164
  6. Johansen KL, Painter P: Exercise in Individuals with CKD. Am J Kidney Dis. 2012; 59 (1): 126-134 doi: 10.1053/j.ajkd.2011.10.008
  7. Waikar SS et al.: Association of Urinary Oxalate Excretion With the Risk of Chronic Kidney Disease Progression. JAMA Intern Med. Published online March 4, 2019. doi:10.1001/jamainternmed.2018.7980
  8. Thieme CJ et al.: Impaired Humoral but Substantial Cellular Immune Response to Variants of Concern B1.1.7 and B.1.351 in Hemodialysis Patients after Vaccination with BNT162b2 JASN November 2021, 32 (11) 2725-2727; doi: https://doi.org/10.1681/ASN.2021050672
  9. Shlipak MG et al.: Effect of Structured, Moderate Exercise on Kidney Function Decline in Sedentary Older Adults An Ancillary Analysis of the LIFE Study Randomized Clinical Trial JAMA Intern Med. Published online May 2, 2022. doi:10.1001/jamainternmed.2022.1449
  10. Sullivan VK et al.: Ultraprocessed Foods and Kidney Disease Progression, Mortality, and Cardiovascular Disease Risk in the CRIC Study. Am J Kidney Dis 2023; 82(2):202-212. https://doi.org/10.1053/j.ajkd.2023.01.452

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Versorgung von Patienten mit chronischer nicht-dialysepflichtiger Nierenerkrankung in der Hausarztpraxis. (AWMF-Registernummer: 053 - 048), Juni 2019 Kurzfassung Langfassung
  2. KDIGO 2021 Clinical Practice Guideline for the Management of Blood Pressure in Chronic Kidney Disease. Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Blood Pressure Work Group. Kidney Int. 2021 Mar; 99(3S): S1-S87. doi: 10.1016/j.kint.2020.11.003
  3. 2021 ESC Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice Eur Heart J . 2021 Sep 7;42(34):3227-333. doi: 10.1093/eurheartj/ehab484.
     
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