Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Das Raynaud-Syndrom bezeichnet Durchblutungsstörungen an den Händen oder Füßen, die durch Vasospasmen (Gefäßspasmen) bedingt sind.
Ätiologie (Ursachen)
Primäres Raynaud-Syndrom
Biographische Ursachen
- Genetische Ursachen – zwei Gene sind häufiger verändert. Diese betreffen [1]:
- alpha-2A-adrenerge Rezeptor für Adrenalin, ADRA2A, ein klassischer Stressrezeptor, der bewirkt, dass sich die kleinen Gefäße zusammenziehen.
- Transkriptionsfaktor IRX1, der die Fähigkeit zur Gefäßerweiterung regulieren könnte.
Verhaltensbedingte Ursachen des primären Raynaud-Syndroms
- Kälte
- Emotionale Stressoren
Sekundäres Raynaud-Syndrom
Verhaltensbedingte Ursachen des sekundären Raynaud-Syndroms
- Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen)
- Drogenkonsum
- Amphetamine (indirektes Sympathomimetikum)
- Kokain
Krankheitsbedingte Ursachen des sekundären Raynaud-Syndroms
Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)
- Essentielle Thrombozythämie (ET) – chronische myeloproliferative Erkrankung (CMPE, CMPN), die durch eine chronische Erhöhung der Thrombozyten (Blutplättchen) charakterisiert ist
- Kälteagglutininsyndrom – erworbene Erkrankung, die mit der Bildung von Kälteagglutinien (spezielle Autoantikörper) einhergeht
- Kryoglobulinämie – chronisch rezidivierende Immunkomplexvaskulitiden (Immunerkrankung der Gefäße), die durch den Nachweis abnormaler, kältepräzipitierender Serumproteine (Kälte-Antikörper) gekennzeichnet sind
- Polycythaemia vera (PV) – krankhafte Vermehrung von Blutzellen (insbesondere betroffen sind: insbesondere Erythrozyten/rote Blutkörperchen, in geringerem Maße auch Thrombozyten (Blutplättchen) und Leukozyten/weiße Blutkörperchen); stechender Juckreiz nach Kontakt mit Wasser (aquagener Pruritus)
- Thrombozytose – krankhafte Vermehrung von Thrombozyten (Blutplättchen)
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Periphere arterielle Embolien – Verschluss von Arterien
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – fortschreitende Verengung bzw. Verschluss der die Arme/ (häufiger) Beine versorgenden Arterien, meist aufgrund von Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)
- Thrombangiitis obliterans (Synonyme: Endarteriitis obliterans, Morbus Winiwarter-Buerger, Von-Winiwarter-Buerger-Krankheit, Thrombangitis obliterans) – Vaskulitis (Gefäßerkrankung), die mit rezidivierenden (wiederkehrenden) arteriellen und venösen Thrombosen (Blutgerinnsel (Thrombus) in einem Blutgefäß) einhergeht; Symptome: belastungsabhängige Schmerzen, Akrozyanose (Blaufärbung der Körperanhänge) und trophische Störungen (Nekrose/ Gewebeschäden, die durch das Absterben von Zellen entstehen und Gangrän der Finger und Zehen im fortgeschrittenen Stadium)
Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)
- Kollagenosen
- CREST-Syndrom (Calcinosis cutis, Raynaud-Syndrom, Ösophagusmotilitätsstörung (Bewegungsstörung der Speiseröhre), Sklerodaktylie Sklerose der Fingerhaut im Rahmen einer Sklerodermie), Teleangiektasien (sichtbare Erweiterungen oberflächlich gelegener kleinster Blutgefäße); Synonym: limitierte systemische Sklerodermie, lSSc)
- Progressive systemische Sklerose (Synonym: systemische Sklerodermie) – Erkrankung, die mit einer Bindegewebsvermehrung der Haut in Kombination mit einer Bindegewebsvermehrung innerer Organe einhergeht
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Autoimmunerkrankung mit Bildung von Autoantikörpern vor allem gegen Antigene der Zellkerne, unter Umständen auch gegen Blutzellen und andere Körpergewebe
- Sharp-Syndrom – chronisch-entzündliche Bindegewebserkrankung, die die Symptome mehrerer Kollagenosen beinhaltet
- Sudeck-Dystrophie – Schmerzsyndrom, welches nach Operationen oder Verletzungen auftreten kann
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Plasmozytom – Systemerkrankung, die zur malignen (bösartigen) Vermehrung von Plasmazellen führt; die Erkrankung führt vor allem zu Knochenbefall und Blutbildveränderungen
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Karpaltunnelsyndrom (KTS) – Kompressionssyndrom (Engpasssysndrom) des Nervus medianus, welches mit Parästhesien (Fehlwahrnehmungen), Schmerzen und Verlust der Griffstärke einhergeht
Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)
- Hyperviskositätssyndrom, z. B. bei essentieller Thrombozythämie (ET) oder Polycythaemia vera (PV)
Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Schwermetalle
- Vibrantionsschäden
Medikamente (die das Raynaud-Phänomen auslösen oder verschlechtern können)
- Abschwellende Nasentropfen (Wirkstoffe: direkte oder indirekte Sympathomimetika)
- Ergotaminderivate inkl. Bromocryptin
- Betablocker
- Clonidin
- Cyclosporin
- Interferon α und β
- Katecholamine
- Monoklonale Antikörper – Sekukinumab, Tyrosinkinase-Inhibitoren
- Östrogene
- Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker)?
- Ribavirin (Virostatikum
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Selective Serotonin Reuptake Inhibitor, SSRI)
- Zytostatika
- Bleomycin
- Cisplatin
- Gemcitabin
Literatur
- Hartmann S et al.: "ADRA2A and IRX1 are putative risk genes for Raynaud’s phenomenon", Nat Commun 14, 6156 (2023). https://doi.org/10.1038/s41467-023-41876-5