Hämochromatose – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild
  • Differentialblutbild (genaue Aufschlüsselung der Blutzellen)
  • CRP (C-reaktives Protein)
  • Serumeisen (Eisen im Blut), Ferritin (Plasma; Eisenspeicherwert)*, Transferrinsättigung (Eisenbindungsgrad)** (Verdacht bei Männern > 45 %, Frauen vor der Menopause (Wechseljahre) > 35 %)
  • Nüchternglucose (Nüchternblutzucker), HbA1c (Langzeitblutzucker)
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase (AP), Bilirubin (Gallenfarbstoff)
    • Frühstadium: oft isolierte oder mäßige ALT-Erhöhung [↑], AST noch normal oder nur leicht erhöht
    • Progression: ALT und AST beide erhöht, aber ALT überwiegt [ALT > AST]
    • Spätstadium (Zirrhose): AST kann aufholen oder überwiegen; zusätzlich steigen GGT [↑], GLDH [↑] und ggf. AP [↑]
    • Bilirubin bleibt meist normal, bis eine ausgeprägte Leberschädigung oder Cholestase (Gallenstau) eintritt.
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance (Ausscheidungsleistung)
  • Gerinnungsparameter – PTT, Quick

Beachte

  • *Ferritinwerte > 300 ng/ml → Ursachen für eine primäre oder sekundäre Hämochromatose sollten ausgeschlossen werden.
  • Ferritinwerte > 300 ng/ml + Transferrinsättigung > 50 % [Parameter nüchtern bestimmen] → molekulargenetische Untersuchung des HFE-Gens erforderlich.

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Molekulargenetische Untersuchung – Mutationsanalyse HFE-Gen (Erbanlage C282Y, H63D), Untersuchung auch bei Geschwistern (Familienuntersuchung)**
  • FSH (Follikelstimulierendes Hormon), Testosteron – bei Verdacht auf hypogonadotropen Hypogonadismus (Hormonmangel)

Abklärung sekundärer Ursachen der Eisenüberladung

  • Alkoholtoxische Leberschädigung (Lebererkrankung durch Alkohol) → Carbohydrat-defizientes Transferrin (CDT), γ-GT [↑]
  • Chronische Virushepatitis (Virusleberentzündung B/C) → HBsAg, Anti-HBc, Anti-HBs, HBV-DNA; Anti-HCV, HCV-RNA
  • Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD/NASH; Leberverfettung) → Lipidprofil (Blutfette), Transaminasen (Leberwerte ALT > AST), Bildgebung (Ultraschall/MRT)
  • Transfusionssiderose (Eisenüberladung durch Bluttransfusionen) → Anamnese von Transfusionen, Ferritin [↑↑], Transferrinsättigung häufig normal
  • Hämolytische Anämien (Zerfall von roten Blutkörperchen) → LDH [↑], indirektes Bilirubin [↑], Retikulozyten [↑], Haptoglobin [↓]
  • Myelodysplastisches Syndrom / hämatologische Neoplasien (Blutkrebsformen) → Kleines Blutbild mit Dysplasien, Knochenmarkdiagnostik
  • Tumorassoziierte Eisenüberladung (Eisenstörung bei Krebserkrankungen) → Ferritin [↑] bei Malignomen (z. B. Leberzellkrebs, Lymphome), ggf. Tumormarker (AFP, LDH)

*Prävalenz: C282Y-Homozygotie bei klinisch auffälliger Hämochromatose ca. 80,6 %, compound Heterozygotie C282Y/H63D ca. 5,3 %. Penetranz variiert: 38-50 % aller C282Y-Homozygoten zeigen Eisenüberladung, 10-33 % entwickeln Hämochromatose-assoziierte Erkrankungen. Höhere Penetranz bei Männern.

Familien-Screening wird empfohlen bei Geschwistern von Hämochromatose-Patienten: jährliche Kontrolle von Ferritin und Transferrinsättigung sowie HFE-Gentest nach genetischer Beratung (EASL Clinical Practice Guidelines, 2010).

Beachte

  • Die Diagnose einer Hämochromatose stützt sich auf erhöhte Ferritinwerte, eine erhöhte Transferrinsättigung und den Nachweis genetischer Veränderungen bzw. einer Eisenablagerung. Das kleine Blutbild ist in der Regel unauffällig.
  • Eine Anämie (Blutarmut) oder Retikulozytose (verstärkte Bildung junger roter Blutkörperchen) spricht eher für sekundäre Ursachen der Eisenüberladung und muss differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden.