Einleitung
Depression

Die Depression (Synonyme: Depressive Episode; Melancholia agitata; ICD-10-GM F32.0: Leichte depressive Episode; ICD-10-GM F32.1: Mittelgradige depressive Episode; ICD-10-GM F32.2: Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome) ist eine Erkrankung, die die Gefühlsseite des Seelenlebens betrifft und sich individuell unterschiedlich äußern kann. Die Depression ist eine der häufigsten Erkrankungen des Gehirns. Sie wird diagnostiziert nach den Kriterien der International Classification of Diseases (ICD 10-GM).

Nach Schweregrad werden Depressionen unterteilt in:

  • Leichte Depressionen (Minor-Depression) – einige nicht allzu stark ausgeprägte Symptome, die gut zu behandeln und im Regelfall schnell zu bewältigen sind.
  • Mittelschwere Depressionen – breites Spektrum an Symptomen, im Regelfall verbunden mit Problemen bei der Bewältigung des privaten Alltags beziehungsweise des Berufslebens.
  • Schwere Depressionen* sind eine ernsthafte Krankheit (Major-Depression) – die alltäglichen Lebenssituationen sind nicht zu bewältigen und werden häufig von Selbstmordgedanken begleitet.

*Schwere Depressionen müssen von einem Nervenarzt bzw. Psychiater behandelt werden.

Ein Sonderfall der Depression ist die Winterdepression, auch saisonal abhängige Depression (SAD) genannt (s. u. "Winterdepression"). Sie beginnt in der dunklen Jahreszeit und endet erst wieder in den Frühjahrsmonaten. Des Weiteren gibt es den Sonderfall der perinatalen Depression (Zeitraum kurz vor oder nach der Geburt) . 

Man unterscheidet bei der Depression eine bipolare von einer unipolaren Form:

  • bipolare Depression (manisch-depressive Form) – die Stimmungslage der Betroffenen ist gekennzeichnet durch Schwankungen: extreme Hochphasen (Manie) wechseln sich mit Phasen völliger Antriebslosigkeit ab
  • unipolare Depression – manische Phasen fehlen

Nach der Symptomatik unterscheidet man unipolare Depressionen in [9]:

  • depressive Episoden – eine mindestens 2-wöchige Episode
  • rezidivierende depressive Episoden
  • anhaltende affektive Störungen, bei der es zu einer chronischen leichten depressiven Verstimmung bei den Betroffenen kommt (= Dysthymie)
  • depressive Episoden im Rahmen eines bipolaren Verlaufs

Eine depressive Episode wird unterteilt in:

  • monophasisch
  • rezidivierend/chronisch
  • im Rahmen eines bipolaren Verlaufs

Rezidivierende Depressionen werden nach dem Beginn unterschieden:

  • im mittleren oder im frühen Erwachsenenalter auftretend: "early onset depression“ (EOD)
  • im Alter erstmals auftretendend: "late onset depression“ (LOD)

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 2,5 bei unipolarer Depression. Bei bipolarer Depression ist das Geschlechterverhältnis ausgeglichen.

Häufigkeitsgipfel: Die Depression ist zum einen eine Alterungserkrankung, das heißt, sie selbst trägt zum Altern bei, und tritt zum anderen gehäuft im Alter auf (= Alterserkrankung). Von einer Altersdepression spricht man, wenn ein Mensch nach dem 60. Lebensjahr erstmals depressiv erkrankt. Die Geronto-Psychiatrie geht jedoch heute davon aus, dass es eine spezielle Altersdepression nicht gibt. Im Alter kommen alle Arten von depressiven Syndromen vor. Daher ist es besser von Depression im Alter zu sprechen.
Die bipolare Depression betrifft eher jüngere Menschen.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit), hier Lebenszeitprävalenz, liegt national wie international bei 16-20 %; für eine diagnostizierte Depression bei Frauen bei 15,4 % und bei Männern bei 7,8 % (in Deutschland). Die 12-Monats-Prävalenz der Depression liegt in Europa bei 6,9 Prozent [4].
Unerkannte und unbehandelte Depressionen liegen häufiger bei Männern vor.
Die postpartale Depression (PPD; Wochenbettdepression; im Gegensatz zu einem kurzzeitig anhaltenden „Baby-Blues“ birgt diese das Risiko für eine dauerhafte Depression) hat eine Häufigkeit von 13-19 % [8]. 

Die 12-Monatsprävalenz [6] liegt für

  • unipolare Depression bei 7,7 %
  • Major Depression bei 6,0 %
  • Dysthymie (anhaltende affektive Störungen, bei der es zu einer chronischen leichten depressiven Verstimmung bei den Betroffenen kommt) bei 2 %
  • bipolare Störungen bei 1,5 % 

Unerkannte und unbehandelte Depressionen liegen häufiger bei Männern vor.
Eine depressive Symptomatik zeigen ca. 18 % aller Schwangeren und ca. 19 % aller jungen Mütter in den ersten drei Monaten nach der Entbindung.

Verlauf und Prognose: Man geht davon aus, dass circa die Hälfte aller Depressionen nicht erkannt wird und somit unbehandelt bleibt. Eine frühe Diagnose und Therapie verbessert die Prognose. Die Therapie ist sehr individuell und umfasst sowohl psychotherapeutische Verfahren als auch eine Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung). Ca. 50 % der depressiven Patienten sind nach einem halben Jahr wieder gesund und kann ein normales Lebens führen.

Die postpartale Depression (PPD) geht am häufigsten mit einem Stimmungstief in den ersten zwei Monaten einher (Maximum 6-8 Wochen nach der Entbindung). Am stärksten depressionsgefährdet sind dabei junge und sozial schwache Mütter, ebenso solche mit einer Depression in der Anamnese (Krankengeschichte) [10]. Mehr als 12 % der Mütter mit einer postpartalen Depression weisen selbst drei Jahre nach der Geburt eines Kindes noch stärkere Anzeichen einer Depression auf [11].

Klassischer Weise tritt eine Depression episodisch auf, bei 15-25 % der Erkrankten kommt es jedoch zur Chronifizierung (depressives Syndrom > 2 Jahre) [5].
Treten bei Patienten mit unipolarer Major-Depression Reizbarkeit oder Aggressionen auf, spricht dies für einen schweren, komplexen, chronifizierenden Verlauf [1].

Schwere Depressionen sind wahrscheinlich bei adipösen Patienten durch einen chronischen Krankheitsverlauf gekennzeichnet [3]. Diese Patientengruppe sollte an einem ärztlich betreuten Adipositasprogramm (Abnehmprogramm) teilnehmen!

Über den Lebensverlauf betrachtet kommt es bei Patienten mit unipolarer Depression in mindestens 50 % der Fälle nach der Ersterkrankung zu wenigstens einer weiteren depressiven Episode. Die Wahrscheinlichkeit einer Wiedererkrankung erhöht sich nach zweimaliger Erkrankung auf 70 % und liegt nach der dritten Episode bei 90 % [7]. 

Circa 10-15 % aller an einer Depression Erkrankter begehen Suizid (Selbstmord). Patienten mit Schizophrenie sterben im Durchschnitt 7-11 Lebensjahre früher [2].

Komorbiditäten (Begleiterkrankungen): Depressive Störungen gehen gehäuft einher mit generalisierten Angststörungen (GAS) und Panikstörungen. Patienten mit depressiven Störungen können eine Prädisposition haben, eine Substanzabhängigkeit (Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängigkeit) zu entwickeln.
Weitere Komorbiditäten sind Essstörungen, kognitive Störungen (Gedächtnisstörungen; hier: Störungen des Gedächtnisses und der kognitiven Flexibilität), somatoforme Störungen (psychischen Erkrankung, die zu körperlichen Symptomen führt, ohne dass körperliche Befunde zu erheben wären), Persönlichkeitsstörungen und Zwangsstörungen. Eine weitere Komorbidität ist Hypertonie (Bluthochdruck).

Literatur

  1. Judd LL, Schettler PJ, Coryell W, Akiskal HS, Fiedorowicz JG: Overt Irritability/Anger in Unipolar Major Depressive Episodes. Past and Current Characteristics and Implications for Long-term Course. JAMA Psychiatry. Published online September 11, 2013. doi:10.1001/jamapsychiatry.2013.1957
  2. Chesney E, Goodwin GM, Fazel S: Risks of all-cause and suicide mortality in mental diesorders: a meta-review. World Psychiartry 2014;13:153-160)
  3. Opel N et al.: Obesity and major depression: Body-mass index (BMI) is associated with a severe course of disease and specific neurostructural alterations. Psychoneuroendocrinology Volume 51, Pages 219–226, January 2015, doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.psyneuen.2014.10.001
  4. Wittchen HU: The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. Eur Neuropsychopharmacol 2011; 21:655-79
  5. Bschor T: Definition, klinisches Bild und Epidemiologie. In: Bschor T (ed.): Behandlungmanual therapieresistente Depression. Pharmakotherapie – somatische Therapieverfahren – Psychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2008; 11-6
  6. Jacobi F et al.: Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung – Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul Psychische Gesundheit (DEGS1-MH). Der Nervenarzt, 2014;85 (1):77-87  Erratum Januar 2016
  7. Bowlby J: Attachment and loss. Vol. 1: Attachment. 1969, New York: Basic Books.
  8. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. (AWMF-Registernummer: nvl - 005), Januar 2023 Kurzfassung Langfassung
  9. Petersen I et al.: Depression, depressive symptoms and treatments in women who have recently given birth: UK cohort study. BMJ Open 2018;8:e022152, https://dx.doi.org/10.1136/bmjopen-2018-022152
  10. Putnick D et al.: Trajectories of Maternal Postpartum Depressive Symptoms. Pediatrics. 2020;146(5):e20200857; https://doi.org/10.1542/peds.2020-0857

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Depressive Störungen bei Kindern und Jugendlichen, Behandlung von .... (AWMF-Registernummer: 028 - 043), Juli 2013 Langfassung
  2. S1-Leitlinie: Depression bei Menschen mit Querschnittlähmung: Besonderheiten in der Diagnostik und Behandlung. (AWMF-Registernummer: 179 - 003), Oktober 2016 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen. (AWMF-Registernummer: 038 - 020), Oktober 2018 Kurzfassung Langfassung
  4. S3-Leitlinie: Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung. (AWMF-Registernummer: 128 - 001OL), September 2019 Kurzfassung Langfassung
  5. S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression. (AWMF-Registernummer: nvl - 005), Januar 2023 Kurzfassung Langfassung

     
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