Medikamentöse Therapie
Delir

Therapieziele

  • Linderung der Beschwerden
  • Soweit vorhanden:
    • Ausgleich des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes
    • Korrektur einer metabolischen Störung
    • Behandlung einer Infektion
  • Verhinderung sozialer Einschränkungen

Therapieempfehlungen

  • Stationäre Überwachung (es liegt ein potentiell lebensbedrohlicher Zustand vor)
  • Behandlung der Ursachen (auslösende Faktoren) und symptomatische Therapie (s. u. Prävention/Maßnahmen der Delirprävention)/symptomorientierte und zeitnahe Therapie
  • Analgetika (Schmerzmittel) und Sedativa (Beruhigungsmittel) sollten nicht abrupt abgesetzt, sondern ausgeschlichen werden.
  • Symptomatische Therapie bei:
    • Erregungszustand: 
      • Antipsychotika:
        • atypische Antipsychotika: Aripiprazol (i. m.), Olanzapin (p. o., i. m.), Risperidon (p. o.), Ziprasidon* (i. m.)
        • niederpotente Antipsychotika: Melperon (p. o.) und Pipamperon (p. o.)
        • konventionelle Antipsychotika Haloperidol* (p.o., i.m.)
      • Benzodiazepine: v. a. Lorazepam und Diazepam (beides p. o., i. m., i. v.; Cave: langsame i. v.-Applikation!) 
        Lorazepam ist gegenüber Diazepam vorzuziehen wg. moderater Halbwertszeit und keiner Kumulation aktiver Metaboliten 
    • Unruhe und vegetative Symptomen: Clonidin (Antisympathotonika), Levetiracetam (Antiepileptika); Propofol (Intravenöse Anästhetika; als ultima ratio)
    • Hyperaktives Delir (ohne Alkoholentzug): Melperon oder Pipamperon (insb. bei geriatrischen Patienten)
    • Hyperaktivität und Angst: Midazolam (Benzodiazepine, kurzwirksam; gute Evidenz in Kombination mit Haloperidol)
    • Hypoaktivität und produktiv-psychotischen Symptomen: Haloperidol (Konventionelle (Klassische) Antipsychotika (Neuroleptika)), bei geriatrischen und deliranten Personen als Prophylaxe niedrig dosiert einsetzen; Olanzapin (Atypische Antipsychotika (Neuroleptika))
    • Delirium tremens
      • speziell beim Alkoholentzugsdelir: Clonidin und Dexmedetomidin als sedierende α‑2-Rezeptor-Agonisten auch zur Kontrolle von Hypertension (Bluthochdruck) und Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute)
      • Prädelir: Clomethiazol, nicht ambulant! Nicht langfristig! Geringe therapeutische Breite; Diazepam, Carbamazepin (Benzodiazepine); Einsatz nur kurzfristig! [Der Einsatz von Benzodiazepinen beim Delir wird kontrovers diskutiert]
      • Vollständiges Delir: Clomethiazol, nicht ambulant! Nicht langfristig! Geringe therapeutische Breite; Haloperidol (stets unter Monitorbedingungen), in Kombination mit Clomethiazol, Diazepam; ggf. Clonidin (Antisympathotonika) als Ergänzung, Cave: Ausgleich von Elektrolyten (Blutsalze), Spurenelementen, Vitamin B1, B6
      • Lebensbedrohliches Delir: Haloperidol (stets unter Monitorbedingungen) in Kombination mit Diazepam/Midazolam; ggf. Clonidin (Antisympathotonika) als Ergänzungum die sympathikotone Hyperaktivität zu dämpfen
    • Schlafstörungen: ggf. Mirtazapin oder Daridorexant zur Nacht 
    • Parkinsonsyndromen: Quetiapin oder Clozapin
  • Ein Alkoholentzugsdelir muss stets intensivmedizinisch betreut werden wegen Gefahr von lebensbedrohlichen Komplikationen:
    • Überwachung der Vitalfunktionen
    • Kontrolle von Wasser-, Elektrolyt- und Glukosehaushalt
    • Bei Vorliegen einer alkoholischen Ketoazidose: Glucoseinfusion;
    • Therapie mit GABAergen Substanzen wie Benzodiazepinen und Clomethiazol
    • Zur Prophylaxe einer Wernicke-Enzephalopathie: Infusion mit Vitamin B 1
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Weitere Hinweise

  • Eine multizentrische Doppelblindstudie aus den Niederlanden konnten zeigen, dass die prophylaktische Gabe von Haloperidol die Entwicklung eines Delir bei Intensivpatienten nicht verhindern kann [1].
  • *In einer randomisierten Studie mit mechanisch beatmeten Patienten, die ein Delir (89 % hypoaktives Delir; 11 % hyperaktives Delir) entwickelten, erhielten die Patienten eine intravenöse Behandlung mit Haloperidol, Ziprasidon oder ein Placebo. Weder für den primären Endpunkt (Anzahl der Tage, die die Patienten während der 2-wöchigen Beobachtungsphase ohne Delirium oder Koma waren) noch für den sekundären Endpunkt (Überlebensrate nach 30 und 60 Tagen/Zeit bis zur Beendigung der mechanischen Beatmung bzw. Zeit bis zur Entlassung aus Intensivstation und Krankenhaus) ließen sich signifikante Unterschiede feststellen [2].
  • Die Delirinzidenz älterer Patienten nach kardialer Bypass-Chirurgie (CABG) ließ sich in einer randomisierten placebokontrollierten Studie durch Hinzunahme von postoperativ Paracetamol i.v. – über eine Reduktion von Opioiden – signifikant senken (10 % vs. 28 %) [3].

Literatur

  1. van den Boogaard M et al.: Effect of Haloperidol on Survival Among Critically Ill Adults With a High Risk of Delirium The REDUCE Randomized Clinical Trial. JAMA. 2018;319(7):680-690. doi:10.1001/jama.2018.0160
  2. Girard TD et al.: Haloperidol and Ziprasidone for Treatment of Delirium in Critical Illness. N Engl J Med October 22, 2018 doi: 10.1056/NEJMoa1808217
  3. Subramaniam B et al.: Effect of Intravenous Acetaminophen vs Placebo Combined With Propofol or Dexmedetomidine on Postoperative Delirium Among Older Patients Following Cardiac Surgery: The DEXACET Randomized Clinical Trial. JAMA 2019;321:686-696; https://doi.org/10.1001/jama.2019.0234

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Delir und Verwirrtheitszustände inklusive Alkoholentzugsdelir. (AWMF-Registernummer: 030-006), Dezember 2020 Langfassung
  2. S3-Leitlinie: Screening, Diagnostik und Behandlung alkoholbezogener Störungen. (AWMF-Registernummer: 076-001), Januar 2021 Kurzfassung Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin (DAS-Leitlinie). (AWMF-Registernummer: 001 - 012), März 2021 Langfassung

     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag