Medikamentöse Therapie
Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes mellitus)

Therapieziel

  • Eine Insulintherapie ist indiziert, wenn mithilfe von Ernährungstherapie, Bewegung und Anpassung des Lebensstils keine stabile Blutzuckereinstellung zu erreichen ist (siehe auch unter "Weitere Therapie").


Der Blutzucker sollte auf folgende Werte eingestellt werden:

Bestimmungszeitpunkt Blutzuckerwert (BZ, Glucose)
Nüchtern 65-95 mg/dl (3,6-5,3 mmol/l)
1h postprandial (nach dem Essen) < 140 mg/dl (< 7,8 mmol/l)
2h postprandial < 120 mg/dl (< 6,7 mmol/l)

Bei Nüchtern-Blutzuckerwerten > 110 mg/dl sollte eine sofortige Insulintherapie diskutiert werden.

Therapieempfehlungen

  • Insulintherapie im Sinne einer intensivierten Insulintherapie (siehe unten)
  • Siehe auch unten unter "Weitere Hinweise"

Hinweis! Die aktuelle Leitlinie zu GDM rät als Alternative zu Insulin zu Metformin. Ausführungen dazu werden hierzu nicht aufgenommen, da das Redaktionsteam dieses für eine gewagte Entscheidung hält, da Metformin plazentagängig ist und Follow-ups exponierter Kinder bis zum Erwachsenenalter fehlen.

Wirkstoffe (Hauptindikation)

Optimal ist eine intensivierte Insulintherapie (ICT) mit einer Insulintagesdosis von 0,3-0,5 I.E. Humaninsulin/kg KG (aktuelles Gewicht):

  • Konventionelle Insulintherapie (CT)
    • festgelegte Insulingaben (starres Schema) bei entsprechend festgelegter Abfolge und Größe der Mahlzeiten (feste Kohlenhydratportionen)
    • Gabe von Insulinmischung (meist 1/3 Normalinsulin, 2/3 Intermediärinsulin)
    • 2 x tgl. (morgens, abends) ≈ 2/3 der Gesamtmenge, 30 Min. vor Frühstück,≈ 1/3, 30 Min. vor Abendessen
      • Morgens: Normalinsulin (Abdeckung des Frühstück), Intermediärinsulin (für Basisbedarf + Mittagessen)
      • Abends: Normalinsulin (Abdeckung des Abendessens), Intermediärinsulin (Basisbedarf)
    • keine Flexibilität
  • Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
    • Basis-Bolus-Prinzip; variables Spritzverhalten
    • Intensivierte Insulintherapie (ICT):
      • mind. 3 Insulininjektionen pro Tag
      • Substitution wie folgt:
        • basaler Insulinbedarf mit langwirkendem Basalinsulin/Verzögerungsinsulin (1 x /d)
        • prandialer (mahlzeitenbezogener) Insulinbedarf mit kurzwirksamen "Bolusinsulin"
      • Durchführung mit: Insulinspritze, Insulinpens oder Insulinpumpen
      • flexible Insulingaben je nach Situation.
  • Insulinpumpentherapie (PT)
    Zufuhr einer kontinuierlichen Menge an Altinsulin s.c. als Basalbedarf, Bolus Altinsulin zu den Mahlzeiten.

Ist eine gute Blutzuckereinstellung mit diesem Vorgehen nicht möglich, so sollte eine Umstellung auf Insulin aspart oder Insulin lispro erfolgen

Weitere Hinweise

  • Das Wachstum des fetalen Abdominalumfanges (Bauchumfang des Ungeborenen) soll bei der Entscheidung zur Insulintherapie mit berücksichtigt werden.
  • Metformin
    • Das Biguanid Metformin kann inzwischen verordnet werden (Glucophage®)/war zuvor nur im Off-Label-Use möglich.
    • Siehe Einsatz von Metformin vor und während der Schwangerschaft bei Frauen mit PCOS und Kinderwunsch [2].
    • Beachte: Metformin in der Schwangerschaft erhöht das Körpergewicht des Kindes:  in der Metformin-Gruppe waren gemäß einer Studie 26 Kinder (32 Prozent) im Alter von vier Jahren übergewichtig oder fettleibig gegenüber 14 Kindern (18 Prozent) in der Placebogruppe [3].
    • Additive Metformin-Therapie (Dosis bis 2 x 1.000 mg pro Tag; vs. Placebo) zusätzlich zu einer Standard-Insulintherapie (MiTy-Studie): bei der neonatalen Morbidität Erkrankungshäufigkeit von Neugeborenen) und Mortalität (Sterberate) zeigten sich keine Unterschiede zwischen Metformin- und Placebogruppe; neonatale Effekte waren: geringeres Geburtsgewicht, niedrigerer Anteil extrem adipöser Neugeborener und geringere Rate neonataler Adipositas [4].
    • Die Verwendung von Metformin plus Insulin zur Behandlung von bereits bestehendem Typ-2- oder Schwangerschaftsdiabetes, der früh in der Schwangerschaft diagnostiziert wurde, führte nicht zu einer Verringerung der zusammengesetzten neonatalen unerwünschten Ergebnisse. Der Effekt der Verringerung der Wahrscheinlichkeit eines für das Gestationsalter zu großen Kindes, der nach der Zugabe von Metformin zu Insulin beobachtet wurde, sollte weiter untersucht werden [5].

Frühgeburt (Induktion der fetalen Lungenreife, Tokolyse/Wehenhemmung): Betamethason zur Induktion der fetalen kindliche) Lungenreife (vor 34 + 0 SSW); Beachte:

    • Betamethason-Therapie führt zu einem Anstieg der Blutglucose (Blutzucker), die die Anpassung der Insulindosis individuell erforderlich macht: Insulintherapie erforderlich ab einem Blutglukosewert ≥ 200 mg/dl (11,1 mmol/l) oder hyperglykämischen Symptomen 
    • Tokolyse mit einem Oxytocin- oder Calciumantagonisten (kein Betasympatikomimetikum, da dieser den Anstieg des Blutglucose-Wertes verstärkt; gleiches gilt für die Bettruhe)

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für Schwangere sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, aktivierte Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Jod, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin)
  • Weitere Vitalstoffe (Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat), Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. S3-Leitlinie: Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. (AWMF-Registernummer: 057-008), Februar 2018 Langfassung
  2. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF): Einsatz von Metformin vor und während der Schwangerschaft bei Frauen mit PCOS und Kinderwunsch. DGGG-Stellungnahmensekretariat Juli 2015
  3. Hanem LGE et al.: Metformin use in PCOS pregnancies increases the risk of offspring overweight at 4 years of age; follow-up of two RCTs. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, jc.2017-02419, https://doi.org/10.1210/jc.2017-02419
  4. Feig DS et al.: Metformin in women with type 2 diabetes in pregnancy (MiTy): a multicentre, international, randomised, placebo-controlled trial. Lancet Diabetes & Endocronology October, 2020 doi:https://doi.org/10.1016/S2213-8587(20)30310-7
  5. Boggess KA Metformin Plus Insulin for Preexisting Diabetes or Gestational Diabetes in Early Pregnancy The MOMPOD Randomized Clinical Trial Author Affiliations JAMA. 2023;330(22):2182-2190. doi:10.1001/jama.2023.22949

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. (AWMF-Registernummer: 057-008), Februar 2018 Langfassung

     
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