Parenterale Ernährung

Die parenterale Ernährung (griech. para: neben; enteron: Darm; "unter Umgehung des Verdauungstraktes") ist eine medizinische Behandlung und bezeichnet eine Form der künstlichen Ernährung von Patienten,deren orale (Nahrungsaufnahme mit dem Mund) oder enterale (Nahrungsaufnahme über den Verdauungstrakt) Aufnahme von Makro- und Mikronährstoffen (Nährstoffe, Vitalstoffe) soweit gestört ist, dass sie nicht mehr bedarfsdeckend ist. Diese Patienten sind auf eine intravenöse Verabreichung von Nähr- und Vitalstoffen, Flüssigkeit und Elektrolyten zur Erhaltung ihres Ernährungszustandes bzw. ihrer Lebensqualität angewiesen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Der Verdauungstrakt nicht fähig ist Makro- und Mikronährstoffe (Nährstoffe, Vitalstoffe) aufzunehmen.
  • Eine enterale Ernährung (Aufnahme von Nahrung über den Verdauungstrakt) die Erkrankung verschlechtert, z. B. bei akuter Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung).
  • Gegen eine enterale Ernährung ein Ileus (Darmverschluss) oder schwere Diarrhöen (Durchfälle) sprechen.
  • Unstillbares Erbrechen eine enterale Ernährung behindert, z. B. im Rahmen einer Chemotherapie bei Tumorerkrankungen.
  • Es aufgrund einer Krebserkrankung zu einer Kachexie (Auszehrung des Organismuś; katabole Stoffwechselsituation) kommt.
    Achtung!
    Bei einer Kachexie sollte eine frühzeitige Ernährungstherapie beginnen, vor allem, um die Behandlung der Erkrankung zu fördern, da ein guter Ernährungszustand die Effekte einer Therapie (z. B. Chemo- oder Strahlentherapie) verbessern kann.
  • Eine enterale Ernährung den Makro- und Mikronährstoffbedarf (Nährstoffe, Vitalstoffe) nicht deckt, z. B. bei Kurzdarmsyndrom (Krankheitsbild, das durch die operative Entfernung von Teilen des Dünndarms entsteht) oder bei hypermetaboler Stoffwechsellage (verstärkter Stoffwechsel, z. B. bei starken Verbrennungen oder Mukoviszidose (zystische Fibrose); Stoffwechselkrankheit bei den körpereigenen Drüsen ein zähes Sekret produzieren, das zahlreiche Körperfunktionen beeinträchtigt).
  • Die parenterale Ernährung einen therapeutischen Effekt hat, z. B. bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen des Verdauungstraktes (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa).
  • Eine exakte Dosierung der Nährstoffgabe notwendig ist, z. B. bei Coma hepaticum (Leberzerfallskoma).

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Absolute Kontraindikationen

  • Instabile klinische Zustände: Dazu gehören Schockzustände, schwere Hypoxie (Sauerstoffmangel) oder Azidose (Übersäuerung), bei denen der Körper nicht in der Lage ist, die zugeführten Nährstoffe adäquat zu verarbeiten.
  • Schwere Allergien gegen Bestandteile der parenteralen Lösungen: Zum Beispiel bei bekannten Reaktionen auf bestimmte Aminosäuren, Elektrolyte oder Lipidemulsionen.

Relative Kontraindikationen

  • Leichte bis moderate Störungen der Leber- oder Nierenfunktion: Hier muss die parenterale Ernährung sorgfältig überwacht und angepasst werden.
  • Bestimmte metabolische Zustände: Wie Elektrolytungleichgewichte oder Flüssigkeitsüberladung, die erst korrigiert werden sollten.
  • Aktive Infektionen: Besonders bei zentralvenösen Kathetern, da diese ein Risiko für Infektionen darstellen.
  • Schwere Hyperglykämie: Unkontrollierter Diabetes mellitus kann durch die hohe Glukosezufuhr bei parenteraler Ernährung verschärft werden.

Das Verfahren

Ziel der parenteralen Ernährung ist die Erhaltung, Wiederherstellung und Stabilisierung der vitalen Funktionen des Organismuś und damit die Verbesserung der Lebensqualität. Außerdem steht die Prävention und Behandlung einer Malnutrition (Mangelernährung) im Vordergrund. Die parenterale Ernährung kann sowohl stationär als auch im häuslichen Bereich angewendet werden.

Bei den speziellen Infusionslösungen der parenteralen Ernährung handelt es sich um Gemische aus Wasser, Elektrolyten, Kohlenhydraten (meist Glucose), Aminosäuren, Fetten, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Das Verhältnis der Inhaltsstoffe muss dem individuellen Bedarf (Ernährungszustand, Krankheitszustand, Verbrauch von Nährstoffen/Vitalstoffen) angepasst werden. Zudem ist die Einwilligung des Patienten notwendig, da es sich eine um künstliche Ernährung handelt.

Folgende Infusionslösungen sind für eine parenterale Ernährung geeignet und lassen sich kombiniert oder getrennt verabreichen:

  • Aminosäure-Standardlösung
    Diese Lösungen enthalten essentielle (der Körper kann diese Aminosäuren nicht selbst herstellen) und nicht-essentielle Aminosäuren. Sie sind bei normaler oder bei postraumatischer Stoffwechsellage (z. B. nach einem Unfall) sinnvoll.
  • Aminosäure-Speziallösungen
    Hier handelt es sich um ein Gemisch für Patienten mit pathophysiologisch (krankheitsbedingt) verändertem Aminosäurestoffwechsel, z. B. bei Leber- oder Niereninsuffizienz (Leber- oder Nierenschwäche). 
  • Kohlenhydratlösungen
    Sie enthalten meistens Glucose oder sind aus unterschiedlichen Kohlenhydraten (Zuckern) zusammengesetzt. Diese Infusionslösungen gibt es teilweise auch in Kombination mit Elektrolyten.
  • Fettemulsionen
    Bei diesen Infusionslösungen handelt es sich um Energiequellen mit sehr hoher Energiedichte. Fettemulsionen können Aminosäure- oder Kohlenhydratlösungen beigemischt werden.
  • Vitamin- und Spurenelementpräparate
    Vitamine und Spurenelemente sind essentielle Nahrungsbestandteile (Vitalstoffe) und können über verschiedene Präparate in unterschiedlichen Konzentrationen verabreicht werden.

Mögliche Komplikationen

Metabolische Komplikationen

  • Hyperglykämie (Überzuckerung): Zu hoher Blutzuckerspiegel, oft eine Folge der hohen Glukosezufuhr.
  • Elektrolytstörungen: Ungleichgewichte von Elektrolyten wie Natrium, Kalium, Magnesium und Phosphat.
  • Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung): Erhöhte Blutfette durch Lipidemulsionen.
  • Leberfunktionsstörungen: Dazu gehören Fettleber, Cholestase und selten Leberversagen.

Mechanische Komplikationen

  • Probleme mit dem zentralvenösen Zugang: Dazu zählen Infektionen, Thrombosen, Katheterfehllage oder Luftembolie.
  • Katheterassoziierte Infektionen: Lokale Infektionen an der Einführungsstelle oder systemische Infektionen, einschließlich Sepsis.

Infektiöse Komplikationen

  • Sepsis (Blutvergiftung): Häufig resultierend aus Katheter-assoziierten Infektionen.

Ernährungsbedingte Komplikationen

  • Mangelernährung: Trotz parenteraler Ernährung können Defizite an bestimmten Vitaminen, Spurenelementen und anderen Nährstoffen auftreten.
  • Refeeding-Syndrom: Ein potenziell tödliches Syndrom, das bei der Wiederaufnahme der Ernährung nach einer Phase der Mangelernährung auftreten kann.

Gastrointestinale Komplikationen

  • Atrophie des Gastrointestinaltrakts/Magen-Darm-Trakt: Langfristige parenterale Ernährung ohne enterale Stimulation kann zu einer Atrophie des Darms führen.
  • Cholestase (Gallenstau) und Gallensteine: Veränderungen in der Gallenblase und Gallenwege Funktion aufgrund mangelnder Stimulation durch orale Nahrungsaufnahme.

Ihr Nutzen

Durch die parenterale Ernährung ist man in der Lage nicht nur stationär, sondern auch im häuslichen Bereich eine adäquate Ernährung zu gewährleisten, wenn dies notwendig ist. Das bedeutet für den Patienten vor allem eine Steigerung der Lebensqualität, da er soziale Kontakte weiterhin gut pflegen kann.

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iteratur

  1. Hartig W et al.: Ernährung- und Infusionstherapie: Standards für Klinik, Intensivstation und Ambulanz. Georg Thieme Verlag Stuttgart 2004
  2. Stein J, Jauch KW: Praxishandbuch klinische Ernährung und Infusionstherapie. Springer Verlag 2003
  3. Boos K: I.V.: Infusion, Transfusion, Parenterale Ernährung. Elsevier, Urban & Fischer Verlag München 2004
     
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