Thrombosediagnostik und Labordiagnostik

Die labordiagnostische Untersuchung bei Verdacht auf Thrombose oder Thrombophilie ist ein zentrales Instrument zur Abklärung thromboembolischer Ereignisse. Sie ermöglicht den Nachweis hereditärer oder erworbener Gerinnungsstörungen mit erhöhter Thromboseneigung (Thrombophilie), sekundärer Gerinnungsaktivierung sowie seltenerer hämostaseologischer Defekte. Die Auswahl der Laborparameter richtet sich nach der klinischen Fragestellung und umfasst sowohl eine strukturierte Basisdiagnostik als auch gezielte Spezialuntersuchungen.

Die Basisdiagnostik zur Thromboseabklärung gliedert sich in folgende Hauptbereiche:

Globaltests der plasmatischen Gerinnung

Primäre Hämostase und Thrombozytenfunktion

Inhibitoren und natürliche Antikoagulanzien

Marker der Fibrinolyse und sekundären Gerinnungsaktivierung

Spezifische Thrombophiliediagnostik

Hinweis:
Die Thrombophiliediagnostik ist keine Screeninguntersuchung, sondern ausschließlich bei klarer klinischer Indikation durchzuführen – etwa bei rezidivierenden Thrombosen, jungem Erkrankungsalter, positiver Familienanamnese oder Schwangerschaftskomplikationen. Viele der Parameter unterliegen zudem einer Beeinflussung durch akute Thrombosen, Entzündungen oder Antikoagulation – eine korrekte zeitliche Planung der Labordiagnostik ist daher essenziell.

Thrombosediagnostik: Material, Normwerte, Indikationen und Interpretationen

Laborparameter Material Normwert Indikationen Interpretation
Quick-Wert (Prothrombinzeit, PTZ) Citratplasma 70-120 % V. a. Lebererkrankung, Vitamin-K-Mangel, Therapieüberwachung Erniedrigt bei Leberinsuffizienz, Vitamin-K-Mangel; erhöht bei Faktorüberdosierung
INR Citratplasma 0,85-1,15 Therapieüberwachung bei oraler Antikoagulation Erhöht bei Vitamin-K-Antagonisten; Zielbereich indikationsabhängig
aPTT Citratplasma 25-38 s V. a. Hämophilie, Heparintherapie Verlängert bei Faktor-Mangel (VIII, IX, XI), Lupus-Antikoagulans, Heparin
Thrombinzeit (TZ) Citratplasma 14-21 s V. a. Fibrinogenmangel, Heparinwirkung Verlängert bei Dysfibrinogenämie oder Heparinüberdosierung
Faktor-VIII  Citratplasma 50-150 % V. a. Hämophilie A, Thromboserisiko Erhöht bei akuten Entzündungen, erniedrigt bei Hämophilie A
Fibrinogen Citratplasma 200-400 mg/dl V. a. Verbrauchskoagulopathie, Lebererkrankung Erniedrigt bei Verbrauch, Leberzirrhose
Thrombozytenzahl EDTA-Blut 150.000-400.000/μl V. a. Thrombozytopenie oder -pathie Erniedrigt bei Knochenmarkinsuffizienz, erhöht bei Thrombozytose
Plättchenfunktionsanalyse (PFA-100) Citratblut Verfahrensabhängig V. a. ASS-Einnahme, Von-Willebrand-Syndrom Pathologisch bei Thrombozytenfunktionsstörung
Von-Willebrand-Faktor Citratplasma > 50 % V. a. Von-Willebrand-Syndrom Erniedrigt bei Typ 1–3 Von-Willebrand-Syndrom
Antithrombin III Citratplasma 80-120 % V. a. hereditäre oder erworbene Thrombophilie Erniedrigt bei Verbrauch, Leberinsuffizienz
Protein C Citratplasma 70-140 % Thromboseabklärung, Fehlgeburten Mangel erhöht Thromboserisiko (hereditär oder erworben)
Protein S Citratplasma 55-140 % Thrombophiliediagnostik Mangel bei Leberinsuffizienz oder erblich bedingt
D-Dimere Citratplasma < 0,5 µg/ml V. a. Thrombose, Lungenembolie Erhöht bei Thrombose, Entzündung, DIC
Faktor-V-Leiden-Mutation EDTA-Blut negativ Familiäre Thrombophilie Nachweis aktivierter Protein-C-Resistenz
Prothrombin-Mutation G20210A EDTA-Blut negativ Genetische Thrombophilie Mutation mit erhöhtem Thromboserisiko
Homocystein EDTA-Blut 5-10 μmol/l Hyperhomocysteinämie Erhöht bei Mangel an Folsäure, B12 und B6
Lupus-Antikoagulans (LA) Citratplasma negativ Antiphospholipid-Syndrom Verzögerte Gerinnung durch Autoantikörper
Cardiolipin-Antikörper (aCL) Serum < 20 GPL/MPL APS, Autoimmunabklärung Erhöht bei APS, Infektion, Autoimmunerkrankung
Beta-2-Glykoprotein-I-Antikörper Serum < 20 U/ml APS-Diagnostik Erhöht bei APS, persistierend bei Autoimmunität
Phospholipid-Antikörper (gesamt) Serum oder Plasma Methodenabhängig Antiphospholipid-Syndrom Oberbegriff für LA, aCL, Beta-2-GPI; alle prothrombotisch
Lipoprotein(a) Serum oder Plasma < 30 mg/dl Arterielle/venöse Thrombose, familiäre Hyperlipidämie Erhöhtes Risiko für Atherothrombose
PAI-1 Plasma Methodenabhängig Fibrinolysehemmung, metabolisches Syndrom Erhöht bei antifibrinolytischer Aktivität
JAK2-V617F-Mutation EDTA-Blut negativ Abdominelle Thrombosen, V. a. myeloproliferative Neoplasie Mutation weist auf klonale Hämatopoese hin
Dysfibrinogenämie Citratplasma funktionell > 70 % V. a. angeborene Fibrinogenstörung Funktion < Antigen → Hinweis auf Dysfibrinogenämie