Männer vs. Frauen – warum der Gewichtsverlust unterschiedlich verläuft
Beim Abnehmen zeigen sich zwischen Männern und Frauen häufig deutliche Unterschiede im Tempo und Verlauf der Gewichtsreduktion. Männer verlieren insbesondere zu Beginn oft schneller an Gewicht, während Frauen meist einen langsameren und weniger gleichmäßigen Verlauf erleben. Diese Unterschiede sind physiologisch erklärbar und beruhen auf geschlechtsspezifischen Unterschieden in Körperzusammensetzung, Hormonhaushalt und Energieregulation.
Körperzusammensetzung: Muskelmasse als metabolischer Vorteil
Ein wesentlicher Einflussfaktor auf den Gewichtsverlust ist die Körperzusammensetzung.
- Männer verfügen im Durchschnitt über mehr fettfreie Masse, vor allem Skelettmuskelmasse.
- Muskelgewebe erhöht den Grundumsatz (Basalumsatz; Energieverbrauch des Körpers in Ruhe).
- Frauen haben physiologisch einen höheren Körperfettanteil, insbesondere subkutanes Fett (Fettgewebe unter der Haut), das als langfristiger Energiespeicher dient.
Ernährungsphysiologische Konsequenz:
Bei gleichem Kaloriendefizit verbrauchen Männer häufig mehr Energie pro Tag, was einen schnelleren initialen Gewichtsverlust begünstigt.
Hormonelle Unterschiede im Fett- und Energiestoffwechsel
Der Hormonstatus beeinflusst maßgeblich die Fettverteilung und den Fettabbau.
- Testosteron (männliches Sexualhormon) fördert Muskelaufbau und Lipolyse (Abbau von Fettgewebe).
- Östrogene (weibliche Sexualhormone) unterstützen die bevorzugte Fettspeicherung im Hüft- und Oberschenkelbereich.
Hinzu kommen bei Frauen zyklusabhängige hormonelle Schwankungen, die unter anderem beeinflussen können:
- Wasserretention (vermehrte Wassereinlagerung),
- Appetitregulation,
- Insulinsensitivität (Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Insulin).
Diese Faktoren können kurzfristige Gewichtsschwankungen verursachen, ohne dass sich die Fettmasse tatsächlich verändert.
Appetitregulation und metabolische Anpassung
Auch die hormonelle Steuerung von Hunger und Sättigung unterscheidet sich geschlechtsspezifisch.
- Frauen weisen im Mittel höhere Leptinspiegel auf. Leptin ist ein im Fettgewebe gebildetes Sättigungshormon.
- Gleichzeitig tritt bei Frauen häufiger eine relative Leptinresistenz auf, bei der die appetithemmende Wirkung abgeschwächt ist.
- Männer reagieren auf Kalorienreduktion oft mit einer stärkeren Mobilisierung von Fettreserven.
Der weibliche Stoffwechsel ist evolutionär stärker auf Energiesicherung ausgelegt. Bei längerem Kaloriendefizit kann es daher häufiger zu einer metabolischen Adaptation kommen, also zu einer Absenkung des Energieverbrauchs als Schutzmechanismus.
Praktische Bedeutung für den Abnehmerfolg
Ein langsamerer Gewichtsverlust bei Frauen ist nicht als Misserfolg zu bewerten. Häufig geht er mit einem besseren Erhalt der fettfreien Masse und einer stabileren langfristigen Gewichtsentwicklung einher. Für die Beurteilung des Abnehmerfolgs sollten daher neben dem Körpergewicht auch Körperzusammensetzung, hormonelle Einflüsse und Lebensstilfaktoren berücksichtigt werden.
Fazit
Unterschiede im Gewichtsverlust zwischen Männern und Frauen sind hormonell und stoffwechselphysiologisch begründet. Männer profitieren häufig von einem höheren Grundumsatz und einer stärkeren initialen Fettmobilisation, während Frauen stärker auf Energiesicherung programmiert sind. Ein geschlechtssensibles Verständnis dieser Mechanismen unterstützt eine realistische Einschätzung des Abnehmverlaufs und eine langfristig gesunde Gewichtsreduktion.
Literatur
- Karastergiou K, Smith SR, Greenberg AS, Fried SK. Sex differences in human adipose tissues - the biology of pear shape. Biol Sex Differ. 2012 May 31;3(1):13. doi: 10.1186/2042-6410-3-13
- Lovejoy JC, Sainsbury A; Stock Conference 2008 Working Group. Sex differences in obesity and the regulation of energy homeostasis. Obes Rev. 2009 Mar;10(2):154-67. doi: 10.1111/j.1467-789X.2008.00529
- Mauvais-Jarvis F. Sex differences in metabolic homeostasis, diabetes, and obesity. Biol Sex Differ. 2015 Sep 3;6:14. doi: 10.1186/s13293-015-0033-y
- Wells JC. Sexual dimorphism of body composition. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab. 2007 Sep;21(3):415-30. doi: 10.1016/j.beem.2007.04.007