Reizdarmsyndrom (Colon irritable) – Prävention

Zur Prävention des Colon irritabile (Reizdarmsyndrom) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Zu hohe Aufnahme von Mono- und Disacchariden (Einfach- und Zweifachzucker) [1] – Übermäßiger Konsum kann Blähungen und Verdauungsstörungen fördern [1]. – Eine ballaststoffarme Ernährung reduziert die Darmmotilität und die Diversität der Mikrobiota.
    • Zu geringe Aufnahme von Ballaststoffen [1]
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol [1] – Übermäßiger Konsum kann die Darmbarriere schädigen und entzündliche Prozesse verstärken
  • Psycho-soziale Situation
    • Akuter und chronischer Stress – Stress kann die Darm-Hirn-Achse beeinflussen und Symptome des Reizdarmsyndroms auslösen oder verstärken.
    • Psychische Belastung – Belastungen wie Angstzustände oder Depressionen können die Beschwerden verstärken.

Krankheitsbedingte Risikofaktoren, die durch Verhalten berücksichtigt werden können

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Nahrungsmittelallergie
  • Nahrungsmittelintoleranzen (50-70 % der Fälle versus Normalbevölkerung: 20-25 %):
    • Fructoseintoleranz (Fruchtzuckerunverträglichkeit)
    • Lactoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) wegen Lactasemangel
    • Sorbitintoleranz – Störung der Verwertung von Sorbit im Dünndarm
      Sorbit entsteht durch sogenannte "katalytische Hydrierung" aus Glucose. Es wird im Körper in Fructose umgewandelt.
      Sorbit wird als Zuckeraustauschstoff vor allem bei Diabetiker-Produkten und energiereduzierten Lebensmitteln (z. B. Kaugummis) verwendet. Sorbit (Sorbitol) hat die E-Nummer 420

Krankheitsbedingte Risikofaktoren, die durch Verhalten berücksichtigt werden können

  • Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

    • Nahrungsmittelallergien – Allergische Reaktionen auf bestimmte Nahrungsmittel können Symptome des Reizdarmsyndroms hervorrufen.
    • Nahrungsmittelintoleranzen – Intoleranzen betreffen 50-70 % der Patienten mit Reizdarmsyndrom, im Vergleich zu 20-25 % in der Normalbevölkerung:
      • Fructoseintoleranz – Unverträglichkeit gegenüber Fruchtzucker kann zu Blähungen und Durchfall führen.
      • Lactoseintoleranz – Ein Mangel an Lactase führt zu Verdauungsstörungen bei Milchzuckeraufnahme.
      • Sorbitintoleranz – Störung der Verwertung von Sorbit im Dünndarm, das als Zuckeraustauschstoff in Diabetiker-Produkten verwendet wird.
  • Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

    • Essstörungen – Essverhalten, das die Darmgesundheit beeinträchtigt, kann das Risiko für Reizdarmsyndrom erhöhen [1].
    • Posttraumatischer Stress – Menschen mit PTSD (posttraumatische Belastungsstörung) haben ein fünffach erhöhtes Risiko, ein Reizdarmsyndrom zu entwickeln [2].

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Ernährungsumstellung
    • Einführung einer ballaststoffreichen Ernährung mit löslichen Ballaststoffen, wie sie in Obst, Gemüse und Hafer vorkommen.
    • Reduktion fermentierbarer Zucker und Polyole (FODMAPs) zur Linderung von Blähungen und Durchfall.
  • Mikronährstoffe
    • Probiotika – Eine ausgewogene Darmflora gilt als schützender Faktor für die Entstehung des Reizdarmsyndroms. Studien zeigen: Bestimmte probiotische Stämme können die mikrobielle Diversität fördern, die Schleimhautbarriere stabilisieren und niedriggradige Entzündungsprozesse im Darm reduzieren. Evidente Stämme sind: Lactobacillus plantarum, L. acidophilus, L. rhamnosus, Bifidobacterium bifidum, B. animalis, B. lactis, B. infantis
    • Vitamin D – Niedrige 25(OH)D-Serumspiegel (< 20 ng/ml) sind mit erhöhter intestinaler Permeabilität und Entzündung assoziiert. Eine ausreichende Versorgung (> 30 ng/ml) kann vorbeugend für gastrointestinaler Störungen wirken.
    • Vitamin B2 (Riboflavin) – Beteiligung am oxidativen Stresshaushalt und Schutz intestinaler Epithelzellen; niedrige Riboflavinspiegel sind mit erhöhter Schleimhautvulnerabilität assoziiert.
    • Vitamin B6 (Pyridoxin) – Relevanter Cofaktor im Neurotransmitterstoffwechsel, insbesondere in der Regulation der Darm-Hirn-Achse. Suboptimale Spiegel (< 20 nmol/l) können die viszerale Schmerzverarbeitung negativ beeinflussen.
    • Calcium – Bei Personen mit Neigung zu weichem Stuhl oder instabiler Darmfunktion kann eine ausreichende Calciumzufuhr (≥ 800 mg/Tag) präventiv zur Normalisierung der Stuhlkonsistenz beitragen.
    • Magnesium – Unterstützt die neuromuskuläre Aktivität des Darms. Eine ausreichende Magnesiumzufuhr (300-400 mg/Tag) kann protektiv gegenüber funktionellen Störungen wie Obstipation wirken.
    • Zink – Unterstützt die Integrität der Darmschleimhaut und wirkt antioxidativ. Eine ausreichende Versorgung (≥ 8-10 mg/Tag) kann das Risiko einer erhöhten intestinalen Permeabilität senken.
    • Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA) – Entzündungshemmend und können die überempfindliche Reaktion des Darms auf Reize verringern; präventive Einnahme von ≥ 500 mg EPA + DHA /Tag.
    • Polyphenole (z. B. Curcumin) – Wirken antientzündlich, antioxidativ und darmberuhigend. Ihre präventive Wirkung bei Reizdarm ist noch begrenzt untersucht, sie gelten jedoch als unterstützend bei der Aufrechterhaltung der mukosalen Homöostase.
  • Stressmanagement
    • Regelmäßige Entspannungstechniken wie Meditation oder progressive Muskelentspannung können die Symptome reduzieren.
  • Verzicht auf Genussmittel
    • Einschränkung des Alkoholkonsums zur Förderung der Darmgesundheit.
  • Allergenmanagement und Intoleranzkontrolle
    • Identifikation und Vermeidung spezifischer Auslöser durch individuelle Ernährungspläne oder Tests auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention richtet sich an Patienten, die bereits erste Symptome des Reizdarmsyndroms aufweisen, um eine Verschlechterung zu vermeiden:

  • Früherkennung und Ernährungsanpassung

    • Eine frühzeitige Diagnose und die Umsetzung einer Low-FODMAP-Diät können die Beschwerden lindern und die Lebensqualität verbessern.

  • Psychosomatische Unterstützung
    • Psychotherapie oder kognitive Verhaltenstherapie zur Behandlung stressbedingter Symptome oder posttraumatischer Belastungen.
  • Mikronährstoffbasierte Therapieansätze
    • Probiotika (stammspezifisch) – Evident zur Verbesserung von Schmerz, Flatulenz und Stuhlkonsistenz bei manifester Symptomatik: Bifidobacterium infantis 35624 – signifikante Besserung globaler Beschwerden; Lactobacillus rhamnosus GG – stressmodulierend und stuhlregulierend
    • Vitamin D – Bei Spiegeln < 20 ng/ml indiziert; Ziel ist eine Anhebung auf ≥ 30 ng/ml zur Förderung der mukosalen Immunität und Barrierefunktion.
    • Vitamin B2 (Riboflavin) – Beteiligt an antioxidativen Schutzmechanismen der Darmschleimhaut; Dosierungen von 5-10 mg/Tag bei suboptimaler Versorgung oder oxidativem Stressprofil.
    • Vitamin B6 – Bei unzureichender Versorgung (< 20 nmol/l) als Unterstützung des Serotoninstoffwechsels sinnvoll, v. a. bei Reizdarmsyndrom mit Angst- oder Depressionskomponente; Dosierung bis 12 mg/Tag.
    • Calcium – Einsatz zur Stuhlfestigung; Tagesbedarf ≥ 800 mg, vorzugsweise über calciumreiche Lebensmittel oder Supplemente.
    • Magnesium (z. B. als Citrat) – Zur Anregung der Darmperistaltik bei obstipatorischer Symptomatik empfehlenswert (z. B. Magnesiumcitrat 300-400 mg/Tag).
    • Zink – Bei erhöhter Durchlässigkeit der Darmschleimhaut (intestinaler Permeabilität) indiziert zur Stabilisierung; empfohlene Tagesdosis: 10-25 mg.
    • Omega-3-Fettsäuren – Empfohlen bei Reizdarmsyndrom mit entzündlicher oder stressbedingter Komponente; Dosierung: 1-2 g/Tag EPA + DHA.
    • Curcumin (Polyphenole) – Schmerzlindernd und entzündungshemmend; empfohlen bei multifaktorieller Symptomatik in Dosen von 500-1000 mg/Tag.

Tertiärprävention

Bei der Tertiärprävention geht es darum, Komplikationen und chronische Beschwerden zu verhindern:

  • Langfristige Betreuung und Ernährungstherapie
    • Regelmäßige Anpassung der Ernährung und individuelle Ernährungsberatung zur Reduktion von Beschwerden.
  • Multidisziplinäre Therapie
    • Zusammenarbeit zwischen Gastroenterologen, Psychologen und Ernährungsberatern, um die Beschwerden ganzheitlich zu behandeln.
  • Mikronährstoffbasierte Langzeitstrategien
    • Probiotika – Dauerhafte Einnahme probiotischer Stämme reduziert Rückfallraten und stabilisiert die Darmflora: L. plantarum und B. lactis zeigen in Langzeitstudien (> 3 Monate) signifikante Verbesserung bei chronischem Reizdarmsyndrom.
    • Vitamin D – Langfristige Aufrechterhaltung eines Zielwerts von 30-50 ng/ml stabilisiert die Darmschleimhaut und reduziert das Risiko erneuter Beschwerdephasen.
    • Vitamin B2 (Riboflavin) – Besonders relevant bei chronischem Reizdarmsyndrom mit rezidivierenden Schleimhautirritationen; Dosierung von 5 mg/Tag, bevorzugt in Kombination mit weiteren antioxidativen Cofaktoren (z. B. Zink, Vitamin E, Selen).
    • Vitamin B6 – Langzeitgabe bei fortbestehender Stresssensitivität oder chronischer Schmerzempfindlichkeit im Darm sinnvoll; Dosierung bis 12 mg/Tag.
    • Magnesium – Dauerhafte Unterstützung der Darmbeweglichkeit; Zielserumspiegel ≥ 0,8 mmol/l.
    • Zink – Aufrechterhaltung gesunder Barrierefunktionen bei Reizdarm-Patienten mit erhöhter Neigung zu Schleimhautschäden; Dosierung von 10-25 mg/Tag bei chronischem Bedarf.
    • Omega-3-Fettsäuren – Langzeitgabe unterstützt die entzündungshemmende Balance bei rezidivierenden Schüben; 1-2 g/Tag EPA + DHA.
    • Polyphenole (Curcumin u. a.) – Langfristig einsetzbare pflanzliche Substanzen zur Entzündungshemmung und Linderung der Darmbeschwerden; bevorzugt als standardisierte Extrakte mit verbesserter Bioverfügbarkeit.
  • Mikrobiom-Management
    • Einsatz von Probiotika zur Stabilisierung der Darmflora und zur Verbesserung der Symptome.

Literatur

  1. Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FETeV): Reizdarmsyndrom (Colon irritabile) – Krankheitsbild und Ernährungstherapie. 14.02.2022

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie des Reizdarmsyndroms. (AWMF-Registernummer: 021-016), März 2021 Langfassung