Beckenschmerzen – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der akuten bzw. chronischen Beckenschmerzen dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie gynäkologische oder urologische Erkrankungen, die gehäuft auftreten (z. B. Endometriose, Myome, polyzystisches Ovarialsyndrom (PCO-Syndrom))?
  • Bestehen in Ihrer Familie gehäuft Tumorerkrankungen, insbesondere im Bereich des Beckens (z. B. Ovarial- oder Cervixkarzinom/Eierstock- oder Gebärmutterhalskrebs)?
  • Gibt es in Ihrer Familie Fehlbildungen im Urogenitaltrakt?
  • Liegt in Ihrer Familie eine Gerinnungsneigung oder Thromboseerkrankung vor (z. B. Faktor-V-Leiden-Mutation)?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Bestehen berufliche oder private körperliche Belastungen im Bereich Lendenwirbelsäule oder Becken?
    • Sind Sie in Ihrem Beruf chemischen oder infektiösen Stoffen ausgesetzt?
  • Bestehen psychosoziale Belastungen oder Stress (z. B. familiäre Spannungen, Leistungsdruck)?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Schmerzdauer und -verlauf:
    • Seit wann bestehen die Beckenschmerzen?
    • Waren die Schmerzen plötzlich da (z. B. Hinweis auf Extrauteringravidität (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter), Ovarialtorsion (Verdrehung des Eierstocks), Appendicitis (Blinddarmentzündung), inkarzerierte Hernie (eingeklemmter Bruch))* oder schleichend (z. B. Endometriose, Tumor)?
    • Treten die Schmerzen dauerhaft oder in Schüben auf (z. B. Endometriose)?
    • Haben sich die Schmerzen in Intensität oder Lokalisation verändert?
  • Schmerzlokalisation und -charakter:
    • Wo genau sind die Schmerzen lokalisiert (z. B. Unterbauch, Leistengegend, Flanken)? Strahlen sie aus (z. B. Rücken, Oberschenkel)?
    • Wie würden Sie die Schmerzen beschreiben (z. B. krampfartig, dumpf, stechend, ziehend)?
    • Besteht Schmerzabhängigkeit von Zyklus, Bewegung, Wasserlassen oder Stuhlgang?
    • Wie stark sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10?
      • 0-2: kein/kaum Schmerz
      • 3-4: bei Ablenkung ist der Schmerz nicht mehr im Mittelpunkt*
      • 5-6: Schmerz behindert Gehen, Ein- und Durchschlafen*
      • 7-8: Bedürfnis sich hinzulegen, Ablenkung nicht mehr möglich, gesamtes Denken kreist um den Schmerz*
      • 9-10: unaushaltbare, fürchterliche Schmerzen, der Patient "möchte schreien" oder schreit tatsächlich*
  • Bestehen Begleitsymptome:
    • Fieber, Schüttelfrost (z. B. bei Adnexitis, Appendicitis, Prostatitis (Prostataentzündung))?*
    • Übelkeit, Erbrechen (z. B. Extrauteringravidität, Ileus (Darmverschluss))?*
    • Blut im Urin oder vaginaler Ausfluss?*
    • Zyklusstörungen (z. B. Schmierblutungen)?
    • Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang?*
    • Änderung des Stuhlgangs (z. B. Diarrhoe (Durchfall), Obstipation (Verstopfung))?
  • Haben Sie Schlafprobleme? [Hinweis auf Schmerzstörung, Stress, Depression]
  • Zusatzfragen bei Frauen:
    • Wann war Ihre letzte Regelblutung?
    • Haben Sie Veränderungen der Regel bemerkt (länger, kürzer, schmerzhafter, Zwischenblutungen)?
    • Besteht aktuell eine Schwangerschaft oder Möglichkeit einer Schwangerschaft?
    • Gab es bereits eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (Extrauteringravidität)?*
    • Haben Sie ein Intrauterinpessar? Gab es Verschiebungen oder Beschwerden?
  • Zusatzfragen bei Männern:
    • Haben Sie Schmerzen beim Samenerguss oder Erektionen?* [Hinweis auf Prostatitis]
    • Haben Sie Beschwerden beim Wasserlassen oder Ausfluss aus der Harnröhre?*

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie Gewicht verloren oder zugenommen? [Hinweis auf Tumor, Malabsorption, Depression]
    • Geben Sie bitte uns Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
  • Wie ist Ihr Appetit? Bestehen Appetitlosigkeit oder vermehrtes Essen?
  • Ernähren Sie sich ausgewogen?
  • Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit? Besteht starker Durst (z. B. bei Diabetes)?

Eigenanamnese

  • Vorerkrankungen:
    • Endometriose?
    • Morbus Crohn, Reizdarm?
    • Zysten?
    • Hernien?
    • Beckenvenensyndrom?
    • Fibromyalgie?
    • Depression?
    • Chronische Schmerzen, z. B. Rückenschmerzen oder Lumbalgie?
    • Psychiatrische Diagnosen oder psychosomatische Beschwerden?
    • Hatten Sie schon einmal einen Beckenabszess, eine Prostatitis oder eine chronische Zystitis (Blasenentzündung)?
  • Operationen:
    • Frühere gynäkologische oder urologische Eingriffe (z. B. Zystenentfernung, Sectio (Kaiserschnitt), Appendektomie (Entfernung des Blinddarms))?
    • Operationen an Darm oder Wirbelsäule?
    • Komplikationen oder Verwachsungen nach Operationen?
  • Wurde eine Strahlentherapie im Beckenbereich durchgeführt (z. B. bei Cervixkarzinom (Gebärmutterhalskrebs), Prostatakarzinom (Prostatakrebs))?
  • Schwangerschaftsanamnese:
    • Wie viele Schwangerschaften gab es? Verluste, Frühgeburten, Komplikationen?
    • Geburten per Kaiserschnitt oder spotan?
    • Besteht aktuell Kinderwunsch?

Medikamentenanamnese

  • Welche Medikamente nehmen Sie regelmäßig ein (z. B. nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac), Hormonpräparate, Antidepressiva)?
  • Gab es Veränderungen in der Medikation vor Auftreten der Beschwerden?
  • Nehmen Sie Nahrungsergänzungsmittel, pflanzliche Präparate?
  • (s. a. unter "Abdominalschmerzen (Bauchschmerzen) durch Medikamente")

Hinweis: Das Führen eines Symptomtagebuchs kann sinnvoll sein.

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.