Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) sowie fT3 (Trijodthyronin) und fT4 (Thyroxin) [bei verdächtiger Symptomatik (auffällige Beschwerden): Bestimmung des basalen TSH-Werts ausreichend; bei supprimiertem TSH-Wert sollten fT3 und fT4 immer nachbestimmt werden]
- TRH-TSH-Test
Schilddrüsenfunktionsdiagnostik
Primäre Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion durch Erkrankung der Schilddrüse) | Sekundäre Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion durch Erkrankung der Hirnanhangsdrüse)* | |
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TSH | ↓ | ↑ / normal |
fT3, fT4 | ↑ | ↑ |
*Häufigste Ursache einer sekundären Hyperthyreose ist ein Hypophysenadenom (gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse).
Latente Hyperthyreose (noch nicht manifeste Schilddrüsenüberfunktion) | Manifeste Hyperthyreose (voll ausgeprägte Schilddrüsenüberfunktion) | |
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TSH | ↓ | ↓ |
fT3, fT4 | (noch) im Normalbereich | ↑ |
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung
- TSI (Thyreoidea-stimulierende Antikörper) – zur Diagnostik von Autoimmunhyperthyreose (Morbus Basedow – Autoimmunerkrankung mit Schilddrüsenüberfunktion)
- TRAK (TSH-Rezeptor-Antikörper), TAK (Thyreoglobulin-Antikörper), Anti-TPO (Thyreoperoxidase-Antikörper) [Erhöhung der TRAK-Werte: hohe Wahrscheinlichkeit einer Immunhyperthyreose (Morbus Basedow – Autoimmunerkrankung mit Schilddrüsenüberfunktion)]
- Hinweis: Bei Schwangeren mit Hyperthyreose ist die TRAK-Bestimmung obligat (Gefahr der fetalen Hyperthyreose – Schilddrüsenüberfunktion beim Ungeborenen).
- TPO (Synonyme: Thyreoidale Peroxidase, MAK)
- leicht erhöht bei Struma (Schilddrüsenvergrößerung), funktioneller Autonomie (unabhängige Schilddrüsenhormonproduktion), anderen Autoimmunerkrankungen (fehlgesteuerte Abwehrreaktionen)
- deutlich erhöht bei Hashimoto-Thyreoiditis (Autoimmunentzündung der Schilddrüse) (> 90 %), primärem Myxödem (krankhafte Gewebsschwellung), Morbus Basedow (Autoimmunerkrankung mit Schilddrüsenüberfunktion) (70 %)
- Kombination von TRAK und MAK spricht für Morbus Basedow (Autoimmunerkrankung mit Schilddrüsenüberfunktion)
- Serum-Thyreoglobulin-Spiegel (Serum-Tg)
- Calcitonin – bei Verdacht auf Struma maligna (bösartige Schilddrüsenerkrankung)
- CRP (C-reaktives Protein) oder BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) [subakute Thyreoiditis (entzündliche Schilddrüsenerkrankung): stark erhöhte Entzündungswerte]
- Harnsäure
Tumorassoziierte Ursachen – spezifische Laborparameter
- Medulläres Schilddrüsenkarzinom (bösartiger Tumor der C-Zellen der Schilddrüse) – Calcitonin [↑], RET-Mutationstestung
- Schilddrüsenkarzinome (papillär, follikulär, anaplastisch – bösartige Tumoren der Schilddrüse) – Serum-Thyreoglobulin (Tumormarker nach Schilddrüsenentfernung)
- Hypophysenadenom (gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse) – TSH [↑/inappropriat normal], ggf. weitere Hypophysenparameter (ACTH, Prolaktin, Wachstumshormon)
- Schilddrüsenmetastasen (Absiedelungen anderer Tumoren, z. B. Brustkrebs, Nierenkrebs) – Serum-Thyreoglobulin, ergänzend Bildgebung
Schwangerschaftshyperthyreose
Physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft
- Infolge eines beschleunigten Schilddrüsenmetabolismus (erhöhter Stoffwechsel der Schilddrüse) kommt es häufig zu einem leichten, nichtpathologischen Anstieg von Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4).
- Die Konzentration des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) ist im 1. Trimenon (erstes Schwangerschaftsdrittel) aufgrund der thyreotropen Wirkung des humanen Choriongonadotropins (hCG – Schwangerschaftshormon) häufig supprimiert.
- Hintergrund: Die Alpha-Kette von hCG ist strukturell identisch mit der von luteinisierendem Hormon (LH – Eisprunghormon), follikelstimulierendem Hormon (FSH – Eizellreifungshormon) und TSH. Dadurch kann hCG an den TSH-Rezeptor binden und eine gesteigerte Synthese von T4 auslösen.
- Folge: physiologischerweise gesteigerte Synthese von T4 im 1. Trimenon (erstes Schwangerschaftsdrittel) mit Suppression des endogenen TSH-Spiegels.
- Normalisierung der Schilddrüsenfunktion erfolgt spätestens im 2. Trimenon (zweites Schwangerschaftsdrittel).
Pathologische Konstellationen in der Schwangerschaft
- fT3 + fT4 im oberen Normbereich bei supprimiertem TSH – latente Hyperthyreose (noch nicht ausgeprägte Schilddrüsenüberfunktion).
- fT3 + fT4 oberhalb des Referenzbereichs bei supprimiertem TSH – manifeste Hyperthyreose (voll ausgeprägte Schilddrüsenüberfunktion).
- Hyperthyreose tritt in der Schwangerschaft häufig in Assoziation mit einer Hyperemesis gravidarum (starke Schwangerschaftsübelkeit mit Erbrechen) auf.
Besonderheiten der Labordiagnostik
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Bei schwangeren Frauen mit Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) ist die Bestimmung von TSH-Rezeptor-Antikörpern (TRAK) obligat, da diese transplazentar auf den Feten übergehen können und das Risiko einer fetalen Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion beim Ungeborenen) bergen.
Labordiagnostik im Alter
Die Labordiagnostik im Alter liefert weniger klare Aussagen als im jüngeren Lebensalter:
- T4 → T3-Konversion ist im Alter vermindert
- Thyroxinbedarf ist im Alter erniedrigt
Dadurch liegt das Niveau der Normwerte von fT3 und fT4 im Alter niedriger, sodass bereits die Konstellation einer subklinischen (latenten) Hyperthyreose mit hochnormalen peripheren Hormonserumspiegeln im Individualfall eine manifest hyperthyreote Stoffwechselsituation bedeuten kann.
Labordiagnostik bei Verdacht auf ein thyreotoxisches Koma
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon), fT3 (freies Trijodthyronin), fT4 (freies Thyroxin)
- Typischer Befund einer Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion): supprimiertes TSH, fT4 [↑], fT3 [↑]
- Wichtig: das klinische Bild ist entscheidend (Fieber, kardiale Symptome wie Tachykardie (Herzrasen) oder Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung), zentralnervöse Symptome (Störungen des Nervensystems) bis Bewusstseinsstörung (Bewusstlosigkeit)).
- Cave: Überlappung mit NTIS (Non-Thyroidal-Illness-Syndrom, auch „Low-T3-Syndrom“) im Rahmen schwerer Erkrankungen → periphere Schilddrüsenhormone können im Normbereich liegen.
NTIS – typische Veränderungen
- zentrale Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion durch Anpassung der Hirnanhangsdrüse) – Low-TSH-Syndrom
- gestörte Bindung von Schilddrüsenhormonen an Plasmaproteine (Transporteiweiße im Blut)
- verminderte T3-Synthese (Trijodthyronin-Bildung) bei gleichzeitiger gesteigerter Konversion von T4 (Thyroxin) zu rT3 (reverses Trijodthyronin) und 3,5-T2 (3,5-Diiod-L-thyronin)
- Kleines Blutbild – Leukozytose (erhöhte weiße Blutkörperchen) oder Leukopenie (verminderte weiße Blutkörperchen)
- Glucose – Hyperglykämie (erhöhter Blutzucker)
- Calcium – Hypercalcämie (erhöhter Calciumspiegel im Blut)
- Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT, Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase (AP – Enzym der Leber und Knochen), Bilirubin (Gallenfarbstoff) [↑ Transaminasen und/oder Cholestaseparameter]
Labor-Screening beim Neugeborenen (Neugeborenen-Screening)
- T4 (Thyroxin) aus Fersenblut – primärer Screening-Parameter zum Ausschluss einer kongenitalen Hyperthyreose (angeborene Schilddrüsenüberfunktion) und insbesondere einer kongenitalen Hypothyreose (angeborene Schilddrüsenunterfunktion).
- TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) – ergänzende Überprüfung der Schilddrüsenfunktion, da bei der alleinigen Messung von T4 nicht alle Neugeborenen mit Hypothyreose (angeborene Schilddrüsenunterfunktion) sicher erkannt werden.
- TSH ≥ 7,4 μIU/ml (= mU/l) gilt als auffällig → weiterführende Diagnostik (Bestätigungstestung im Serum) und regelmäßige Überprüfung der Schilddrüsenfunktion im ersten Lebensjahr.
Differentialdiagnostische Abgrenzung
Diagnose | Typische Ursache | TSH | fT4/fT3 | Besonderheit |
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Kongenitale Hypothyreose (angeborene Schilddrüsenunterfunktion) | Schilddrüsendysgenesie (fehlende, verkleinerte oder fehlentwickelte Schilddrüse), Dyshormonogenese (Störung der Hormonbildung) | ↑ | ↓ | Häufigste endokrine Erkrankung im Neugeborenenalter; frühzeitige Hormonsubstitution erforderlich |
Kongenitale Hyperthyreose (angeborene Schilddrüsenüberfunktion) | Transplazentare Passage von TRAK (TSH-Rezeptor-Antikörpern) bei mütterlichem Morbus Basedow (Autoimmunerkrankung mit Schilddrüsenüberfunktion) | ↓ | ↑ | Sehr selten; Gefahr für intrauterine Wachstumsretardierung (Wachstumsverzögerung im Mutterleib), Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und fetale/neonatale Thyreotoxikose (Schilddrüsenüberfunktion beim Ungeborenen/Neugeborenen) |