Stand-by Medikation
Eine notfallmäßige Selbstbehandlung (Eigenbehandlung im Notfall) sollte nur im Ausnahmefall durchgeführt werden – d. h. bei Fieber oder Malaria-verdächtigen Symptomen, wenn kein Arzt innerhalb von 24 Stunden erreichbar ist.
Auch nach einer notfallmäßigen Selbstbehandlung sollte so schnell wie möglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden, um die Diagnose (Krankheitserkennung) zu sichern und eine adäquate Therapie (Behandlung) fortzusetzen.
Allgemeine Hinweise
- Gegen das verordnete Medikament dürfen in dem Reisegebiet keine Resistenzen (Widerstandsfähigkeiten der Erreger) bestehen.
- Das verordnete Medikament darf nicht mit der Regelmedikation (Dauertherapie) interagieren (Wechselwirkungen vermeiden).
- Es dürfen keine Kontraindikationen (Gegenanzeigen) gegen den gewählten Wirkstoff bestehen.
- Die Einnahme erfolgt vorzugsweise abends während einer Mahlzeit, um Magen-Darm-Beschwerden zu reduzieren.
Wirkstoffe
| Wirkstoff | Dosierung | Besonderheiten |
|---|---|---|
| Artemether/Lumefantrin | 4 Tabletten (20/120 mg) zum Zeitpunkt 0, 8, 24, 36, 48 und 60 h | Vorsicht bei schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz (Nieren- bzw. Leberfunktionsstörung); Kombination mit fetthaltiger Mahlzeit erhöht Resorption (Aufnahme) |
| Atovaquon/Proguanil | 4 Tabletten (250/100 mg) an 3 aufeinanderfolgenden Tagen | Pädiatrische (für Kinder geeignete) Formulierung verfügbar; kontraindiziert (nicht erlaubt) bei schwerer Niereninsuffizienz; keine Daten bei schwerer Leberinsuffizienz |
| Chloroquin | 4 Tabletten (155 mg Base) initial nach 6 Stunden 2 Tabletten am 2.-3.(4.) Tag 2 Tabletten (bei 45-75 kg Körpergewicht)/Initial 10 mg/kg Körpergewicht, dann 5 mg/kg Körpergewicht |
Dosisanpassung bei Nieren- oder Leberinsuffizienz erforderlich; nur in Chloroquin-sensiblen Gebieten (empfindlichen Regionen) |
| Dihydroartemisinin/Piperaquin | 0,5 Tablette bei 7-13 kg Körpergewicht 1 Tablette (40/320 mg) bei 13-24 kg Körpergewicht 2 Tabletten bei 24-36 kg Körpergewicht 3 Tabletten bei 36-75 kg Körpergewicht 4 Tabletten bei 75-100 kg Körpergewicht – jeweils an 3 aufeinanderfolgenden Tagen |
In Europa nicht zugelassen, WHO-empfohlene Notfalloption bei Therapieversagen (Behandlungsversagen) anderer Substanzen |
| Doxycyclin (Off-Label-Use ab dem 9. Lebensjahr) | 1,5-2,0 mg/kg Körpergewicht/Tag (max. 100 mg/Tag) täglich 1-2 Tage vor Einreise während des Aufenthalts und 4 Wochen danach |
Alternative in Regionen mit Resistenzen (Widerstandsfähigkeiten) gegen Artemisinin-Derivate |
Pharmakologische Eigenschaften (Wirkungsweise) und Nebenwirkungen
- Artemether/Lumefantrin – wirken an der Nahrungsvakuole (Nährstoffspeicher) der Plasmodien (Malariaerreger)
- Indikationen: Therapie (Behandlung) der Malaria tropica (schwere Malariaform), notfallmäßige Selbstbehandlung
- Nebenwirkungen: Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Muskelschmerzen, Schlafstörungen, Herzklopfen, QT-Verlängerung (Veränderung im EKG)
- Atovaquon/Proguanil – blut- und gewebsschizontoid (wirken im Blut und Gewebe)
- Indikationen: Prophylaxe (Vorbeugung), Therapie und notfallmäßige Selbstbehandlung bei Plasmodium falciparum (Erreger der Malaria tropica)
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Verdauungsstörungen, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Schwindel, Depression, Herzklopfen; selten Anstieg von Leberenzymen (Transaminasen)
- Zulassung: auf 28 Tage Anwendung begrenzt
- Chloroquin – blutschizontoid (wirkt im Blutstadium der Parasiten)
- Indikationen: Prophylaxe und Therapie der Malaria tropica, Malaria tertiana (Rückfallmalaria), Malaria quartana (seltene Malariaform) sowie notfallmäßige Selbstbehandlung in Gebieten ohne Chloroquin-Resistenz; zusätzlich bei rheumatoider Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankung) und Lupus erythematodes (Bindegewebserkrankung)
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Durchfall, Schlaflosigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Anreicherung in Auge, Leber, Milz, Blutbildveränderungen, Hämolyse (Auflösung roter Blutkörperchen), Juckreiz
- Dihydroartemisinin/Piperaquin – artemisininbasiertes Kombinationspräparat (Wirkstoffkombination)
- Indikationen: Therapie der Malaria tropica, Malaria tertiana, notfallmäßige Selbstbehandlung
- Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, QT-Verlängerung
Resistenzen (Widerstandsfähigkeiten der Erreger)
- Artemisinin-Resistenz: Seit 2012 zunehmende Resistenzentwicklung in Südostasien (nördliches und westliches Kambodscha, südliches Laos, östliches und zentrales Myanmar, Teile Thailands und Vietnams).
- Atovaquon-Proguanil-Resistenz: Vereinzelt in Westafrika berichtet.
- Chloroquin-Resistenz: In fast allen tropischen Regionen vorhanden – Anwendung nur in bestätigten Sensibilitätszonen (z. B. Mittelamerika, Karibik, Naher Osten).
Hinweise zur praktischen Durchführung der Stand-by-Medikation (Notfallmedikation)
- Selbstbehandlung nur beginnen, wenn Fieber (> 38 °C) oder grippeähnliche Symptome nach Aufenthalt in einem Malariagebiet auftreten und keine ärztliche Hilfe innerhalb von 24 h verfügbar ist.
- Tabletten möglichst mit fetthaltiger Mahlzeit oder Milchprodukten einnehmen (verbesserte Aufnahme des Wirkstoffs).
- Therapie vollständig durchführen, auch wenn die Beschwerden vorzeitig nachlassen.
- Nach Rückkehr unbedingt ärztliche Vorstellung (Arztbesuch) zur Kontrolle und ggf. Blutuntersuchung auf Plasmodium-Antigene (Malariaerreger).
Literatur
- Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit (DTG). Empfehlungen zur Prophylaxe und Therapie der Malaria. 2025. https://www.dtg.org
- World Health Organization (WHO). WHO Guidelines for Malaria (Consolidated Guidelines). Geneva: WHO; 2025. Zugriff am 11. Nov. 2025. https://www.who.int/teams/global-malaria-programme/guidelines-for-malaria
- Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Malaria – Treatment (U.S. and Non-U.S.). Yellow Book 2024. Zugriff am 11. Nov. 2025. https://www.cdc.gov/malaria/diagnosis_treatment/treatment.html