Bakteriurie – Labordiagnostik
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Urinsediment – ggf. Leukozyturie (weiße Blutkörperchen im Urin); Leukozytenzylinder (weiße Blutkörperchen-Formationen) sind beweisend für eine Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung); nitritpositiver Urinstatus (als Hinweis auf Enterobacteriaceae – Bakteriengruppe im Darm und Harntrakt); Bakteriurie (Bakterien im Urin); ggf. Proteinurie (Eiweiß im Urin)
- Eine isolierte Hämaturie (Blut im Urin) bedarf einer nephrologischen Abklärung (Nierenfacharzt) und einer Verlaufskontrolle.
- Cave: Bei (sub)totaler Obstruktion (Harnabflussstörung) der ableitenden Harnwege ist evtl. keine Leukozyturie (weiße Blutkörperchen im Urin) nachweisbar.
- Urinkultur – Erregernachweis und Resistogramm (Austestung geeigneter Antibiotika) aus Mittelstrahlurin oder ggf. Katheterurin
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung
- Kleines Blutbild – Leukozyten (weiße Blutkörperchen)
- CRP (C-reaktives Protein)
- Serum-Kreatinin (Nierenfunktionswert)
Weitere Hinweise
- Bei gesunden, nicht schwangeren Frauen in der Prämenopause (Zeit zwischen erster Regel und Wechseljahren) sollte weder ein Screening auf eine asymptomatische Bakteriurie (Bakterien im Urin ohne Beschwerden) noch eine antibiotische Therapie erfolgen (S3-Leitlinie 043-044).
- Der validierte Fragebogen „Acute Cystitis Symptom Score“ (ACSS) steht in deutscher Sprache zur Verfügung. Mit diesem kann aufgrund klinischer Kriterien die Diagnose einer unkomplizierten Zystitis (Blasenentzündung) mit hoher Sicherheit gestellt werden. Zudem ermöglicht er eine Einschätzung des Schweregrads und eine Verlaufskontrolle [1].
- Bei Frauen mit rezidivierenden Harnwegsinfekten (wiederkehrenden Infektionen der Harnwege), bei denen die Leukozytenzahl (weiße Blutkörperchen) im Urin auf > 150 % des Ausgangswertes steigt, kann dies als Hinweis auf den Übergang einer asymptomatischen Bakteriurie (Bakterien im Urin ohne Beschwerden) in eine symptomatische Infektion gewertet werden [2].
Red Flags (Warnzeichen) bei Bakteriurie
- Fieber und Schüttelfrost – Hinweis auf eine systemische Infektion (Infektion des ganzen Körpers) oder Urosepsis (Blutvergiftung durch Harnwegsinfekt)
- Flankenschmerzen, Klopfschmerz über der Nierenloge (Nierenregion) – Verdacht auf Pyelonephritis (Nierenbeckenentzündung)
- Oligurie (verminderte Urinmenge) oder Anurie (fehlende Urinmenge) – Hinweis auf Obstruktion (Harnabflussstörung) der ableitenden Harnwege
- Schwangerschaft – jede Bakteriurie (Bakterien im Urin) ist behandlungsbedürftig
- Männer, Kinder, ältere Patienten oder immunsupprimierte Patienten (Menschen mit geschwächtem Immunsystem) – gelten grundsätzlich als Risikogruppe
- Schwere Begleitsymptome wie Hypotonie (niedriger Blutdruck), Tachykardie (schneller Puls) oder Verwirrtheit – mögliche Urosepsis (Blutvergiftung durch Harnwegsinfekt)
Literatur
- Alidjanov JF et al.: New self-reporting questionnaire to assess urinary tract infections and differential diagnosis: acute cystitis symptom score. Urol Int. 2014;92(2):230-6. doi: 10.1159/000356177. Epub 2014 Jan 23.
- Cai T et al.: Role of increasing leukocyturia for detecting the transition from asymptomatic bacteriuria to symptomatic infection in women with recurrent urinary tract infections: A new tool for improving antibiotic stewardship. Int J Urol 2018, online 15. Juli https://doi.org/10.1111/iju.13723
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. (AWMF-Registernummer: 043-044), 30. April, 2017 Kurzfassung Langfassung