Vaginalsonographie bei akuten Unterbauchschmerzen
Die Vaginalsonographie (transvaginale Sonographie, Ultraschalluntersuchung durch die Scheide) stellt ein zentrales Verfahren der gynäkologischen Akutdiagnostik dar. Insbesondere bei akut auftretenden Unterbauchschmerzen ermöglicht sie eine rasche, nicht-invasive (nicht eingreifende) und hochauflösende Beurteilung der inneren weiblichen Genitalorgane. Ziel ist die frühzeitige Differenzierung zwischen funktionellen Ursachen und potenziell behandlungsbedürftigen Erkrankungen wie Adnexitis (Eileiter- oder Eierstockentzündung), rupturierten Ovarialzysten (geplatzten Eierstockzysten), ektopischer Schwangerschaft (außerhalb der Gebärmutter) oder Adnextorsion (Verdrehung von Eierstock/Eileiter).
Synonyme
- Transvaginale Sonographie
- Gynäkologischer Ultraschall per Vaginalsonographie
- Endovaginaler Ultraschall
Beurteilbare Strukturen
- Uterus (Gebärmutter): Form, Lage, Myometrium (Muskelschicht), Endometrium (Gebärmutterschleimhaut), freie Flüssigkeit im Douglas-Raum (Beckenraum hinter der Gebärmutter)
- Ovarien (Eierstöcke): Größe, Follikelmuster (Eibläschen), Zysten, echoreiche Strukturen (dichte Gewebeanteile)
- Adnexe (Eileiter und umgebendes Gewebe): Raumforderungen, Entzündungszeichen, Mobilität
- Douglas-Raum (tiefster Punkt der Bauchhöhle): freie Flüssigkeit, septierte Ergüsse (abgegrenzte Flüssigkeitsansammlungen)
- Tuben (Eileiter): Nachweis dilatierter (erweiterter) oder entzündlich veränderter Tubenanteile
- Gefäßstrukturen (Blutgefäße): mittels farbkodierter Dopplersonographie (Ultraschalltechnik zur Darstellung der Durchblutung) zur Beurteilung der Perfusion (Blutversorgung, z. B. bei Adnextorsion)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Akut einsetzende, unklare Unterbauchschmerzen
- Verdacht auf extrauterine (ektopische) Schwangerschaft (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter)
- Verdacht auf Adnextorsion (Verdrehung von Eierstock und/oder Eileiter)
- Verdacht auf rupturierte Ovarialzyste (geplatzte Eierstockzyste) oder Hämorrhagie (Blutung)
- Verdacht auf entzündliche Beckenerkrankung (PID – pelvic inflammatory disease, entzündliche Erkrankung der inneren Geschlechtsorgane)
- Ausschluss einer intraabdominellen Blutung (innere Blutung im Bauchraum) bei positiver Schwangerschaft
- Abklärung bei V. a. Ovarialtumor (Verdacht auf Eierstocktumor) mit akuter Komplikation
- Kontrolle nach operativen Eingriffen (z. B. Zystektomie – Entfernung einer Zyste, Adnexektomie – Entfernung von Eierstock und Eileiter) bei Schmerzsymptomatik
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Fehlende Einwilligung der Patientin
- Infektiöse Vaginalerkrankungen (z. B. akute Herpesinfektion) – relative Kontraindikation
- Virgo intacta (Jungfräulichkeit) – in diesen Fällen bevorzugt transabdominelle Sonographie (Ultraschall über die Bauchdecke)
Vor der Untersuchung
- Sorgfältige Anamnese (Befragung zur Krankengeschichte) inklusive Menstruationszyklus, Schwangerschaftstest und Schmerzcharakteristik
- Ausschluss einer bestehenden Schwangerschaft – ggf. Durchführung eines β-hCG-Tests (Schwangerschaftshormon)
- Entleerung der Harnblase zur Verbesserung der Bildqualität
- Aufklärung der Patientin über das Vorgehen, hygienische Maßnahmen und mögliche Befunde
Das Verfahren
Technik
- Verwendung hochfrequenter vaginaler Sonden (Ultraschallsonden mit 5-10 MHz)
- Untersuchung in Rückenlage mit Lithotomieposition (Beinhalterung wie beim Frauenarzt)
- Kombination aus B-Bild-Sonographie (klassischer Schwarz-Weiß-Ultraschall), ggf. ergänzt durch Farbdoppler (Ultraschall mit Durchblutungsmessung) zur Beurteilung der Vaskularisation (Durchblutung)
- Desinfektion der Sonde, Verwendung eines Sondenschutzes (Kondom oder sterile Hülle), Applikation von Ultraschallgel
Ablauf der Untersuchung
- Einführen der vaginalen Sonde in den oberen Vaginalabschnitt unter Sichtkontrolle
- Systematische Beurteilung von Uterus (Gebärmutter), Endometrium (Gebärmutterschleimhaut), Ovarien (Eierstöcke), Tuben (Eileiter) und Douglas-Raum (Beckenraum)
- Ggf. dynamische Untersuchung: Druckschmerz, Beweglichkeit der Adnexe (Eierstock/Eileiter), Nachweis von Druckdolenz (Schmerz auf Druck)
- Beurteilung freier Flüssigkeit im Douglas-Raum oder echoreicher/echogemischter Raumforderungen (z. B. Zysten mit festen Anteilen)
- Ggf. Anwendung der Farbdopplersonographie zur Perfusionsbeurteilung (Durchblutungskontrolle, z. B. bei Verdacht auf Torsion)
Mögliche Befunde
- Ektopische Schwangerschaft: keine intrauterine Schwangerschaft sichtbar, Nachweis von Masse neben dem Ovar, freie Flüssigkeit im Douglas-Raum
- Adnextorsion: vergrößertes, schlecht perfundiertes Ovar (schlecht durchbluteter Eierstock), reduzierte oder aufgehobene Blutflüsse in der Dopplersonographie
- Rupturierte Ovarialzyste: freie Flüssigkeit, kolloidhaltige Strukturen (zähflüssiger Inhalt), Echoarmut im Douglas-Raum
- Entzündliche Erkrankungen (PID, Adnexitis): verdickte Tuben, vermehrte Vaskularisation, freie Flüssigkeit, eingeschränkte Mobilität
- Ovarialtumoren: solitäre oder komplexe Raumforderungen mit septierten oder papillären Anteilen (z. B. verdächtige Tumorstrukturen)
- Funktionelle Zysten: dünnwandige, echoarme Zysten (z. B. Follikelzysten oder Corpus-luteum-Zysten, also normale hormonelle Zysten)
Nach der Untersuchung
- Besprechung der Befunde mit der Patientin
- Ggf. Veranlassung weiterführender Maßnahmen (z. B. β-hCG-Bestimmung, Computertomographie [CT], operative Abklärung)
- Bei unklaren Befunden kurzfristige Verlaufskontrolle empfohlen
- Dokumentation mit Bildsicherung und Befundbericht